Erste Wahl seit Parlamentswahl
In Italien hat nach der Parlamentswahl im Februar nun in der norditalienischen Region Friaul-Julisch Venetien eine erste „Testwahl“ stattgefunden. Die Regionalwahl führte nicht nur zu einem überraschenden Machtwechsel, sondern offenbarte auch eine für Italien wohl beispiellose Politikverdrossenheit.
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Als Indikator dafür gilt die auf ein neues Rekordtief gesunkene Wahlbeteiligung. Waren es bei der letzten Wahl des Regionalparlaments im Jahr 2008 noch 72,33 Prozent der Wahlberechtigten, die ihre Stimme abgaben, sank der Wert bei der am Sonntag und Montag abgehaltenen Wahl nun um mehr als 20 Prozent auf 50,51 Prozent.
Berlusconis PdL als Wahlverlierer
Als knapper Wahlsieger ging nach einem Auszählungsmarathon schließlich mit der Partito Democratico (Demokratische Partei, PD) ausgerechnet jene Partei hervor, die zuletzt etwa bei der Präsidentschaftswahl in Rom ein mehr als chaotisches Bild hinterlassen hat.
1,1 Millionen Wahlberechtigte
1,1 Millionen wahlberechtigte Bürger waren am Sonntag und Montag aufgerufen, in Friaul-Julisch Venetien das regionale Parlament und seinen Präsidenten zu wählen. Außerdem mussten der Provinzrat von Udine und der Gemeinderat von 13 Kommunen erneuert werden.
Dem seit Dienstag offiziellen Ergebnis zufolge erreichte die Mitte-links-Spitzenkandidatin, Debora Serracchiani 39,39 Prozent der Stimmen. Abgewählt wurde damit der bisherige Regionalpräsident Renzo Tondo von Silvio Berlusconis Partei Popolo della Liberta (Volk der Freiheit, PdL) angeführtem Mitte-rechts-Bündnis, der auf 39 Prozent der Stimmen kam. Die PD wurde mit 26,82 Prozent auch stärkste Einzelpartei vor der PdL (20,03 Prozent).
Serrachiani zeigte sich überzeugt, dass ohne die jüngsten Ereignisse in Rom der Wahlsieg wohl weit deutlicher ausgefallen wäre. Angesichts der PD-internen Turbulenzen handle es sich demnach nicht nur um ein „außergewöhnlich gutes“ Wahlresultat. Serrachiani bezeichnete dieses laut „Repubblica“ schlichtweg als „Wunder“. Die 42-jährige EU-Parlamentarierin und Rechtsanwältin gilt als aufsteigender Stern in der PD, in der sie sich wegen ihrer Kampagne für mehr Transparenz und Eindämmung der Kosten der Politik einen Namen gemacht hat.
Fünf-Sterne-Kandidat „enttäuscht“
Ernüchtert zeigte sich im Gegensatz dazu Saverio Galluccio von der Protestbewegung Movimento 5 Stelle (Fünf-Sterne-Bewegung, M5S), die mit 13,75 Prozent nun immerhin drittstärkste Kraft im Friaul ist. Zum Vergleich: Bei der Parlamentswahl Ende Februar erreichte M5S im Friaul noch rund 27 Prozent. Galluccio gestand demnach auch ein, sich mehr erwartet zu haben und zeigte sich laut ANSA „enttäuscht“ - Regionalwahlen seien aber aus Sicht des Politikers nicht mit einer Parlamentswahl vergleichbar.
Beobachter zeigten sich über das Ergebnis der Regionalwahl italienischen Medienberichten zufolge durchaus überrascht. Jüngsten Umfragen zufolge galt Ex-Premier Berlusconi mit seiner PdL als großer Profiteur der zähen Regierungsverhandlungen und Turbulenzen rund um die Präsidentschaftswahl in Rom. Vom SWG-Institut wurde dem Mitte-rechts-Bündnis mit 32,4 Prozent der Wahlsieg bei einer Neuwahl des Parlaments prophezeit. Die Mitte-links-Koalition lag in der Umfrage bei 30 Prozent, Beppe Grillos Fünf-Sterne-Bewegung bei 24 Prozent. Ähnlich das Resultat einer Umfrage des Tecne-Instituts, wo dem Berlusconi-Bündnis mit 33,3 Prozent ebenfalls ein Wahlsieg vorausgesagt wurde.
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