Politikverbot für Ex-Präsidenten
Der frühere pakistanische Staatspräsident Pervez Musharraf (69) befindet sich weiter in Hausarrest. Vor knapp fünf Jahren kam er mit seinem Rücktritt einem Amtsenthebungsverfahren zuvor und setzte sich ins Exil ab. Musharraf war erst im März in seine Heimat zurückgekehrt, um mit seiner Partei All Pakistan Muslim League (APML) bei der Parlamentswahl anzutreten.
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Musharrafs Kandidatur wurde ihm von mehreren Gerichten untersagt. Zuletzt verfügte ein Gericht in Peschawar ein lebenslanges Politikverbot für den Ex-Präsidenten. Zur Begründung verwies ein Gericht etwa auf die Verhängung des Ausnahmezustands im Jahr 2007, die verfassungswidrig gewesen sei.
Ein pakistanischer Atatürk?
Musharraf hatte sein umstrittenes Vorgehen gegen Regierungsgegner und Richter mit dem Wohl des Landes verteidigt, das er aus dem Würgegriff der Islamisten befreien wollte. Er sah sich als eine Art Mustafa Kemal Atatürk, der in der Zwischenkriegszeit die Türkei modernisiert hatte. Experten bezweifeln jedoch, dass Musharraf das Format des legendären türkischen Staatsgründers hat.
Geboren wurde Musharraf im August 1943 in Britisch-Indien als zweiter von drei Söhnen einer muslimischen Familie. Nach der Unabhängigkeit 1947 zog seine Familie in den neu geschaffenen Staat Pakistan. Musharraf lebte danach sieben Jahre in der Türkei, weil sein Vater nach Ankara versetzt worden war. 1956 zog die Familie nach Karachi, wo Musharraf christliche Schulen besuchte. Schon während seiner Schulzeit in Karachi stand fest, dass er Soldat werden sollte.
Steile Armeekarriere
Trotz Schwierigkeiten mit der Disziplin an der pakistanischen Militärakademie legte er eine steile Karriere hin. „Ich wurde bekannt als guter Anführer“, schrieb Musharraf in seiner im Jahr 2007 erschienenen Autobiografie. „Ich bin stolz darauf zu sagen, dass ich von jedem unter meinem Kommando immer geliebt wurde.“ Der begeisterte Sportler kämpfte 1965 im Krieg gegen Indien und wurde dabei ausgezeichnet. Später diente Musharraf sieben Jahre in einer Sondereinheit.
Die Militärlaufbahn führte ihn ganz nach oben: 1998 wurde Musharraf Armeechef. Damals sah sich der konservative Premier Nawaz Sharif ständig mit Korruptionsvorwürfen konfrontiert. Viele Menschen hätten ihn damals gebeten, die Macht zu übernehmen, so Musharraf. Im Oktober 1999 war es so weit. Musharraf nennt seinen Putsch einen „Gegen-Coup“. Tatsächlich war es Sharif, der damals zumindest den ersten Schritt tat.
Widerwilliger US-Verbündeter
Sharif hatte damals seinen Generalstabschef in dessen Abwesenheit des Amtes enthoben. Einem Linienflugzeug mit dem ahnungslosen General an Bord ließ der Premier die Landeerlaubnis verweigern. Die Piloten wurden angewiesen, Pakistans Luftraum zu verlassen. Die Armee schritt ein, Sharif wurde ins Exil gezwungen. Musharraf setzte die Verfassung außer Kraft und übernahm die Macht.
In einem Plebiszit, bei dem es 2002 nach einem späteren Eingeständnis Musharrafs Unregelmäßigkeiten gab, ließ er sich für fünf Jahre als Präsident bestätigen. Wenige Monate zuvor hatten die Terroranschläge in den USA vom 11. September 2001 die Welt erschüttert. Nach Drohungen Washingtons entschloss sich Musharraf, den Taliban in Afghanistan die Unterstützung zu entziehen und sich an die Seite der USA im Kampf gegen den Terrorismus zu stellen.
Hassobjekt der Islamisten
Aus Sicht der mächtigen Islamisten im Land wurde Musharraf durch die Allianz mit den USA zum Verräter - und zur Marionette Washingtons. Die Extremisten beließen es nicht bei verbalen Attacken. Im Dezember 2003 wurde der Vater zweier erwachsener Kinder gleich zweimal in nur elf Tagen Ziel von Anschlägen. Dass er alle Angriffe auf sein Leben unbeschadet überstanden habe, gehöre eigentlich in das „Guinness Buch der Rekorde“, meinte Musharraf.
Doch der General machte sich nicht nur die Islamisten zum Feind. Als er im März 2007 den Obersten Richter Iftikhar Chaudhry suspendierte, kam es zu Massenprotesten. Musharraf stand die Machtprobe nicht durch. Das Oberste Gericht zwang ihn im Juli 2007, Chaudhry wieder einzusetzen. Dann ging es Schlag auf Schlag. Im Oktober 2007 kehrte die frühere Regierungschefin und Oppositionsführerin Benazir Bhutto umjubelt aus dem Exil zurück, doch fiel sie bereits am 27. Dezember einem Bombenanschlag zum Opfer.
Nur ein paar Getreue stehen noch zu Musharraf
Viele Pakistanis machten Musharraf für den Anschlag gegen Bhutto verantwortlich. Die Parlamentswahl im Februar 2008 wurde zu einer Generalabrechnung mit ihm. Bhuttos siegreiche Volkspartei (PPP) strebte ein Amtsenthebungsverfahren gegen Musharraf an, dessen erfolgreichem Abschluss er im August 2008 durch Rücktritt zuvorkam. Die folgenden Jahre verbrachte er zwischen London und Dubai pendelnd.
Da sein Nachfolger als Staatspräsident, Bhuttos Witwer Asif Ali Zardari, sein politisches Kapital mittlerweile zu großen Teilen verspielt hat, witterte Musharraf seine Chance auf ein Comeback bei der Parlamentswahl. Doch anders als Bhutto wurde er bei seiner Rückkehr aus dem Exil im März nur von wenigen hundert Anhängern auf dem Flughafen empfangen. Sein Comebackversuch stand somit von allem Anfang an unter keinem guten Stern.
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