„Ich liebe alles Handwerkliche“
Das AMS vermittelt jenen Jugendlichen einen überbetrieblichen Lehrplatz, die in der Privatwirtschaft keine Lehrstelle finden oder die man gerne noch ein wenig unterstützen möchte, bevor sie wechseln. ORF.at porträtiert acht junge Menschen, die ihre Lehre bei Jugend am Werk machen.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Von einem repräsentativen Querschnitt kann man wohl nicht sprechen. Taucht man als Journalist samt Fotografin in einer Lehrwerkstätte auf und der Pressesprecher erklärt den Mädchen und Burschen, worum es geht, trennt sich die Spreu vom Weizen. Die einen blicken zu Boden und müssen plötzlich ganz dringend zurück zu ihrer Werkbank. Übrig bleiben jene, die stolz sind auf das, was sie schon erreicht haben.
ORF.at/Zita Köver
Mathias Nemeth, Tischler, zweites Lehrjahr, 19 Jahre alt; Mathias ist für sein Alter ungewöhnlich reflektiert und offen. Das Gymnasium habe er geschmissen, dann auch die erste Anstellung, und von der Idee zu arbeiten habe er überhaupt nicht viel gehalten. Das AMS stellte ihn schließlich vor die Wahl: Maler oder Tischler. Dann noch lieber Tischler - und siehe da, heute steht Mathias im Finale des Landeslehrlingswettbewerbs, macht nebenher die Berufsmatura und arbeitet voll Elan an seinem Ziel, selbst einmal Lehrlingsausbildner zu werden. Er schwärmt: „Wenn man einmal weiß, was aus einem Baum alles entstehen kann - das ist unvorstellbar.“ Er würde sich von der Gesellschaft wünschen, dass man jungen Menschen mehr zutraut und ihr Selbstvertrauen stärkt, anstatt sie herunterzumachen.
ORF.at/Zita Köver
Yvonne Kaider (links im Bild), Damenkleidermacherin, drittes Lehrjahr, 17 Jahre alt; Yvonne wollte eigentlich Dekorateurin von Auslagen in Modegeschäften werden. Weil es da keine Stelle gab, wurde sie vom AMS zu Jugend am Werk geschickt - schließlich hat Schneidern auch mit Mode zu tun. Sie liebt es, selbst Kleider zu machen, und ist mit der Wahl ihrer Lehre entsprechend zufrieden. Perfekt läuft natürlich nicht immer alles - manches klappt nicht, und Streit gibt es auch. Aber andererseits hat Yvonne hier zwei enge Freundinnen gefunden. Wie waren eigentlich die Noten in der Hauptschule? „Ist eh gegangen.“
ORF.at/Zita Köver
Fatih Gedikaslan, Kfz-Techniker, erstes Lehrjahr, 16 Jahre; Fatih war schon immer von Motoren begeistert. Bei Porsche und den Wiener Linien klappte es mit dem Aufnahmetest nicht. Zu einem Praktikum bei Jugend am Werk schickte ihn die Beratungsagentur Cmonapp (zu der er vom AMS vermittelt worden war). Fatih bewährte sich und arbeitet nun seit vier Monaten hier. Er durfte schon einen Motor reparieren, Reifen wuchten und eine Heckleuchte abmontieren. Fatihs Augen leuchten, wenn er sagt: „Ich liebe alles Handwerkliche.“ Er hofft, dass es vielleicht doch noch einmal etwas wird mit einem Job bei Porsche oder den Wiener Linien.
ORF.at/Zita Köver
Okhan Yarar, Kfz-Techniker, drittes Lehrjahr, 20 Jahre alt; wenn Okhan über seinen Job spricht, strahlt er konzentrierte Ernsthaftigkeit aus. Die Lehre sei spannend, von Anfang an würden auch komplexe Inhalte wie das Reparieren von Scheiben- und Hydraulikbremsen vermittelt - im Gegensatz zur freien Wirtschaft, wo man zunächst einmal nur die Werkstatt zusammenkehre. Die Ausbildung findet er gut, auch dass man den Kundenkontakt lernt: „Man sagt nicht: ‚Da haben’s.‘ Man lernt höflich mit Menschen umzugehen.“ Seinem Lehrbetrieb würde er bessere und umfassendere Ausrüstung wünschen. Er ist sich sicher: „Wenn du die Zeit hier ausnützt, hast du es später draußen nicht schwer.“
ORF.at/Zita Köver
Anita Bauer, Tischlerin, erstes Lehrjahr, 16 Jahre alt; Anita hat ein Jahr lang nach der Hauptschule Arbeit gesucht, dann wurde sie vom AMS zu Jugend am Werk geschickt, wo ein Schulabschluss nicht zwingend notwendig ist. Eigentlich wollte sie Einzelhändlerin werden, aber ein Praktikum hat sie vom Tischlerberuf überzeugt. Am meisten freut sie sich über ihren ersten selbst gemachten Hocker, der sogar hält, wenn man draufsitzt. „Alles“, sagt sie, sei schön daran, mit Holz zu arbeiten. Mit den vielen Burschen versteht sie sich „manchmal“ gut - aber „nicht mit allen“. Immerhin, ein zweites Mädchen gibt es in ihrer Gruppe. Ob ihre Eltern mit der Berufswahl zufrieden sind? Anita lächelt: „Passt eh.“
ORF.at/Zita Köver
Petar Pavlovic, Metallbearbeitungstechniker, zweites Lehrjahr, 18 Jahre alt; Petar saß am Ende im Gymnasium nur noch die Zeit ab - wenn er überhaupt dort war. In seine Lehre ist er „hineingestolpert“, vom AMS geschickt, und trotzdem sehr zufrieden: „Von Anfang an durfte ich alles machen: fräsen, drehen, schweißen.“ Er schätzt das konzentrierte Lernen in der überbetrieblichen Lehre. Jetzt will Petar nebenher doch noch die Matura machen. Später möchte er bei einem Unternehmen arbeiten, das auf Weiterbildung Wert legt. Zwei davon habe er schon ins Auge gefasst: Otto Bock (Health-Care-Produkte) und Zizala Lichtsysteme.
ORF.at/Zita Köver
Cornelia Jonas, Damenkleidermacherin, viertes Lehrjahr, 20 Jahre alt; Cornelia ist ehrgeizig. Sie will nach ihrer Lehre auch noch die Zusatzausbildung zur Herrenkleidermacherin absolvieren. Die Lehrlingssprecherin mag es, wenn sie zeigen kann, was sie draufhat - bei Berufswettbewerben und Tests. Besonders wichtig ist ihr Teamfähigkeit. In einem Praktikum hat sie bereits erlebt, wie es ist, wenn eine Chefin andauernd nur meckert: nicht angenehm. Stolz ist Cornelia, wenn sie Kolleginnen helfen kann - und auf ihren Rock, ihre Blusen und ihre Kleider, allesamt selbst gemacht.
ORF.at/Zita Köver
Saliha Dogan, Damenkleidermacherin, zweites Lehrjahr, 17 Jahre alt; Salihas Cousine hat schon im selben Lehrbetrieb Schneiderin gelernt und ihr erzählt, dass man dort ordentlich was lernt und für sich selbst schöne Kleider nähen kann. Einen Rock und eine Bluse gibt es schon, die könne man auch anziehen, sagt Saliha. Ob sie auch damit ausgeht? So weit sei es noch nicht, lacht sie. Die Lehre macht ihr Spaß, auch wenn sie „manchmal fad“ ist. Ihre Eltern sind zufrieden mit ihrer Berufswahl, erzählt Saliha.
Zita Koever (Fotos) und Simon Hadler (Text), ORF.at
Links: