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Sonnenwind als Gefahr

Die Gründer der niederländischen Organisation Mars One haben eine Vision: Sie wollen eine menschliche Siedlung auf dem Mars errichten. Laut eigenen Angaben hat das Unternehmen bereits Tausende Bewerbungen potenzieller Siedler erhalten. Die erste Auswahlrunde für das Projekt soll in Kürze starten.

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Mars One hat bereits genaue Vorstellungen darüber, welche Eigenschaften die ersten Marssiedler erfüllen sollten, für deren weite Reise man sich das Jahr 2023 zum Ziel gesetzt hat: Belastbarkeit und Kreativität gehören genauso zum Anforderungsprofil wie Anpassungs- und Teamfähigkeit.

Auch kamerascheu sollten aussichtsreiche Bewerber offenkundig nicht sein. Denn der gesamte Auswahlprozess soll in einer Art Castingshow im Fernsehen gezeigt werden - genauso wie die potenzielle Landung auf dem Mars und alles, was danach noch kommen könnte. Das wichtigste Bewerbungskriterium ist aber weitaus kompromissloser: Teilnehmer der ersten Marsexpedition müssen bereit sein, nie wieder vom Roten Planeten zurückzukehren.

Körperliches und psychologisches Training

Der britischen BBC erläuterte Unternehmenschef Bas Lansdorp, warum: Hauptverantwortlich dafür, dass die Reise nur in eine Richtung gehen kann, ist laut Lansdorp die geringere Schwerkraft auf dem Mars. Nach einem Aufenthalt auf dem Mars könne ein Mensch sich nie mehr auf das weit stärkere Gravitationsfeld auf der Erde einstellen. Schon auf der Reise zum Mars, für die etwa sieben bis acht Monate veranschlagt werden müssten, würden die Astronauten Muskel- und Knochenmasse verlieren. Deshalb ist für die ausgewählten Kandidaten ein intensives körperliches und psychologisches Vorbereitungstraining vorgesehen.

Zum Aufbau der Marskolonie soll bestehende Technologie eingesetzt werden: Energie könnte laut Lansdorp aus Solarzellen gewonnen werden, Wasser soll aus mitgebrachter Erde gewonnen und zudem recycelt werden. Im Laufe der Besiedelung ist geplant, dass die Marspioniere ihre Nahrung selbst anbauen. Auch für Nachschub ist laut Mars One gesorgt, denn alle zwei Jahre sollen neue Erdenbürger in die Kolonie einziehen.

Expertenskepsis bei der Umsetzbarkeit

Die entscheidende Frage, die sich noch vor dem tatsächlichen Beginn des Projekts stellt, ist aber: Ist es für Menschen tatsächlich möglich, zum Mars zu reisen und sogar dort zu leben? Die Weltraumforscherin Veronica Bray von der Universität Arizona gibt sich gegenüber BBC skeptisch: „Ich habe keine Zweifel, dass es physikalisch möglich ist, einen Menschen zum Mars zu befördern. Ob er dort auch für einen längeren Zeitraum überleben kann, ist eine andere Frage.“

Ein große Bedrohung für menschliches Leben auf dem Mars könnte vor allem der Sonnenwind sein. Denn der Rote Planet liegt genau in der „Schusslinie“ dieser mit hoher Energie geladenen Teilchen, die die Sonne abgibt. Auf der Erde schützt uns ein starkes Magnetfeld vor Solarwind. Der Mars hingegen verfügt schon seit vier Milliarden Jahren nicht mehr über ein solches Schutzschild. Laut Bray könnte das den Planeten für den Menschen auf Dauer unbewohnbar machen.

Kosten von sechs Mrd. Dollar

Doch auch abgesehen von den Widrigkeiten auf der Marsoberfläche ist das Projekt mit zahlreichen Herausforderungen konfrontiert. Nicht zuletzt wird die Frage der Finanzierung zu klären sein. Der NASA-Astronaut Stan Love bezweifelt, dass es einfach sein wird, die rund sechs Milliarden Dollar (knapp fünf Mrd. Euro), die allein die Entsendung der ersten sechs Astronauten kosten würde, aufzutreiben.

Abgesehen von den offenen finanziellen Fragen begrüßt Love aber die Bemühungen privater Unternehmer in der Raumfahrt. Derartige Initiativen könnten die Aufmerksamkeit für Weltraummissionen erhöhen und idealerweise auch helfen, Technologien für eine Landung auf dem Mars zu entwickeln.

Auch der Astrophysiker Chris Lintott von der Universität Oxford hält die Marsmission für technologisch machbar, sieht die Ausfinanzierung aber als heiklen Punkt: „Es braucht sowohl den politischen Willen als auch die finanziellen Möglichkeiten, um eine Marslandung tatsächlich möglich zu machen. Beides gemeinsam hat bisher noch niemand bewerkstelligt.“

„Das Größte, was die Menschheit je gemacht hat“

Initiator Lansdorp glaubt trotz der Expertenzweifel an die Realisierung seines Projekts. Der Drang, die Welt und auch alles darüber hinaus zu entdecken, liege in der menschlichen Natur. Die entsprechenden Einnahmen sieht er durch die Castingshows und Fernsehübertragungen gedeckt: „Das wird das Größte sein, was die Menschheit jemals gemacht hat. Die Leute werden uns auch in 15 Jahren noch dabei zusehen.“ Ob die Marsmission letztlich erfolgreich sein wird oder nicht: Für entsprechendes Medienecho dürfte zumindest durch das Reality-TV-Format gesorgt sein.

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