MeinOE will mehr direkte Demokratie
Am Montag hat die Eintragungsfrist für zwei Volksbegehren begonnen, enden wird sie am darauffolgenden Montag: Die Initiative MeinOE wirbt unter dem Motto „Demokratie jetzt!“ um Unterstützungserklärungen, das Volksbegehren gegen Kirchenprivilegien macht gegen ungerechtfertigte Vorteile für die Kirchen bzw. anerkannten Religionsgemeinschaften mobil, wie es die Proponenten formulieren.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Besonders die zumeist schlicht als „Kirchenvolksbegehren“ titulierte Initiative schlug im Vorfeld einige Wellen. Eine Gegeninitiative, zu der sich alle in Österreich gesetzlich anerkannten Religionsgemeinschaften zusammengeschlossen haben, warnte unter anderem vor einem „aggressiven Atheismus“ und verwies auf das „bewährte System“ des Konkordats, das das Verhältnis von Staat und römisch-katholischer Kirche vertraglich regelt.
Den Initiatoren des Volksbegehrens sind dagegen die aus ihrer Sicht nach wie vor bestehenden Privilegien der - nicht nur christlichen - Kirchen, Subventionen und eine mangelhafte Trennung von Staat und Kirche ein Dorn im Auge. Außerdem fordern sie ein Gesetz zur Aufklärung kirchlicher Missbrauchsfälle.
„Bevorzugte“ Privatschulen, Kirchensteuer
In der Begründung des Volksbegehrens werden „ungerechtfertigte Vorteile“ kritisiert, die der Staat der Kirche einräume: eine Bevorzugung konfessioneller Privatschulen, die (teilweise) Grundsteuerbefreiung kirchlicher Besitztümer und die Absetzbarkeit der Kirchensteuer. Kein gutes Haar lassen die Organisatoren außerdem am Konkordat, das der römisch-katholischen Kirche eine privilegierte Stellung einräume.
Die Initiatoren waren mit ihrem Anliegen erstmals im Februar 2011 an die Öffentlichkeit gegangen, im Dezember 2012 waren die für die Einreichung beim Innenministerium notwendigen Unterschriften (8.032) gesammelt. Zu den unterstützenden Initiativen zählen etwa die Plattform Betroffener kirchlicher Gewalt, Unterstützung aus der Politik ist eher dünn gesät.
„Kardinalschlitten“ auf Tour
Prominente Unterstützer sind der Laizismusaktivist Niko Alm, „Science Buster“ und Physiker Heinz Oberhummer und der Gynäkologe Christian Fiala, Leiter eines auf Abtreibung spezialisierten Ambulatoriums in Wien. Auch ein Personenkomitee hat sich gebildet, dem unter anderen die grüne Nationalratsabgeordnete Daniela Musiol, der Autor Thomas Glavinic, die Kabarettisten Günther Paal, Leo Lukas und Joesi Prokopetz und der Musiker Heli Deinboek angehören.
Im „Intensivwahlkampf“ ab Mitte März war ein „Kardinalschlitten“ in Österreich unterwegs, der auf die angebliche Vertuschung von Missbrauchsfällen innerhalb der Kirche aufmerksam machen sollte. Das „mobile Mahnmal“ wurde allerdings am vergangenen Wochenende beschädigt. Die Initiatoren des Volksbegehrens vermuteten einen gezielten Vandalenakt bzw. „radikale Täter“ hinter der Aktion. Am Donnerstag meldeten sie, das „Maskottchen“ sei mittlerweile wieder „verarztet“.
Kritik aus Kirche und Reformbewegungen
Kritik an dem Volksbegehren kam nicht nur von der Plattform Pro Religion, sondern zuletzt auch von den katholischen Reformbewegungen Wir sind Kirche und der Laieninitiative. Beide rieten von einer Teilnahme ab und bezeichneten die Initiative als einen „Versuch, die katholische Kirche, aber auch andere Religionsgemeinschaften aus der Öffentlichkeit zu verdrängen“ - mehr dazu in religion.ORF.at.
Beim Ergebnis haben sich die Initiatoren die Latte nicht besonders hoch gelegt. Man wolle die 100.000 Unterstützer mobilisieren, die für eine parlamentarische Behandlung notwendig sind, hieß es zuletzt gegenüber der APA. Von den bisher 35 Volksbegehren der Zweiten Republik ist das nur bei zwei nicht gelungen. Auch danach will man nicht lockerlassen, etwa mit Verfassungsklagen gegen diverse vermutete Ungleichbehandlungen.
Die römisch-katholische Kirche startete angesichts des Volksbegehrens eine Informationsoffensive für die Gläubigen. In der Werbebroschüre „Was bringt Kirche?“ wurde auf durch Subventionen ermöglichte karitative Projekte verwiesen, an die im Konkordat geregelten christlichen Feiertage erinnert und die Eigenständigkeit von Staat und Kirche in Österreich hervorgehoben - mehr dazu in religion.ORF.at.
Weniger Wind um Demokratievolksbegehren
Vergleichsweise weniger Wind machte im Vorfeld das Volksbegehren „Demokratie jetzt!“ der Initiative MeinOE, für das die Initiatoren Ende der Woche nochmals zur Teilnahme aufriefen. „Wir haben getan, was wir konnten“, jetzt seien die Bürger dran, appellierte der Mitinitiator und ehemalige grüne EU-Abgeordnete Johannes Voggenhuber bei einer Pressekonferenz am Freitag.
Egal, wie das Volksbegehren ausgehe, man werde sich weiter engagieren, kündigte der frühere ÖVP-Vizekanzler Erhard Busek an. Voggenhuber kritisierte das von den Regierungsparteien vorgelegte Demokratiepaket als „heiße Luft“. Eine Kandidatur bei der Nationalratswahl strebt die Initiative nicht an, man werde sich aber „in den Wahlkampf einmischen“, stellte Voggenhuber in Aussicht.
„Persönlichkeiten vor Parteilisten“
Die Plattform fordert generell mehr direkte Demokratie und Änderungen im Wahlrecht sowie eine Stärkung der Grund- und Freiheitsrechte. Ein Hauptanliegen des Volksbegehrens lautet „Persönlichkeiten vor Parteilisten“. Dabei soll die Hälfte der Abgeordneten zum Nationalrat und zu den Landtagen direkt gewählt werden und die andere Hälfte über Listen, auf die Männer und Frauen nach dem Reißverschlusssystem aufzunehmen sind.
Außerdem steht auch eine Aufwertung von Volksbegehren auf der Wunschliste. Für alle Volksbegehren ab 300.000 Unterstützern soll es zwingend Volksabstimmungen geben (sofern die Forderungen des Begehrs vom Parlament nicht erfüllt werden). Ein weiterer Punkt ist eine Stärkung der Grund- und Freiheitsrechte, hier tritt die Plattform gegen einen „Überwachungsstaat“ an und fordert eine Übernahme der „Europäischen Charta der Grundrechte“ in das österreichische Recht.
Transparente Parteispenden und weisungsfreie Justiz
Das Parlament soll nach dem Wunsch der Initiative gestärkt werden: Sie richtet sich hier gegen „Regierungsgesetzgebung“ und gegen Klubzwang. Alle Ausschüsse sollten öffentlich sein. Außerdem soll es ein Hearing für designierte Mitglieder der Regierung im Parlament geben, die einzelnen Ministerkandidaten sollen auch per Mehrheit im Parlament abgelehnt werden können. Auch eine Stärkung der parlamentarischen Minderheitenrechte steht im Forderungskatalog.
Verstärkte Bemühungen fordert das Volksbegehren auch im Kampf gegen Korruption, außerdem wird eine stärkere Unabhängigkeit der Justiz als Ziel genannt (etwa durch einen weisungsfreien Generalanwalt als oberste Anklagebehörde, der vom Parlament ernannt wird und ihm verantwortlich ist) sowie ein Ausbau der Unabhängigkeit der Medien. Beim Thema Parteienfinanzierung setzt die Initiative auf völlige Transparenz: Parteien, deren Unterorganisationen sowie parteinahe Unternehmen sollen alle Einnahmen und Ausgaben offenlegen. Spenden über 100 Euro sollen namentlich kenntlich gemacht werden.
Neben Busek und Voggenhuber stehen auch weitere prominente Namen hinter der Initiative, etwa der frühere Agrarkommissar Franz Fischler (ÖVP), Ex-Verteidigungsminister Friedhelm Frischenschlager (FPÖ, später LIF) und LIF-Gründerin Heide Schmidt. Auch seitens der SPÖ gibt es Unterstützer, etwa die ehemalige SPÖ-Staatssekretärin Christa Kranzl und den früheren Salzburger SPÖ-Chef Wolfgang Radlegger. Offizielle Unterstützung durch Parteien gibt es - wie beim Kirchenvolksbegehren - nicht. Ein Ziel in Zahlen nannte die Initiative nicht, nur so viel: „Wir wollen mobilisieren und nicht im Papierkorb landen“, hieß es.
Links: