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Mit Papiertüchern gegen die Ölpest

Wie groß ist der tatsächliche Schaden der Ölkatastrophe im Umland der kleinen US-Stadt Mayflower im Bundesstaat Arkansas? Die Frage ist nicht einfach zu beantworten, da der verantwortliche Ölkonzern ExxonMobil offenbar alles tut, um eine umfassende Aufklärung zu verhindern.

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Am 29. März bildete sich in der 65 Jahre alten „Pegasus“-Pipeline im Erdboden unter Mayflower ein Riss. Teerschlamm ergoss sich daraufhin über die Stadt und die umliegenden Wälder, 22 Häuser mussten evakuiert werden. Exxon handelte zögerlich - erst nach zwölf Stunden wurde die Pipeline abgedreht, die Rohöl von Pakota in Illinois nach Texas bringt. Informationen zu dem Unfall sickerten nur langsam durch.

Letztendlich bezifferte das Unternehmen die ausgetretene Menge mit 556.000 bis 794.000 Litern. Wie die „Süddeutsche Zeitung“ („SZ“) berichtet, schätzt die staatliche US-Behörde für Umweltschutz, Environmental Protection Agency (EPA), jedoch, dass mehr als eine Million Liter Öl ausgetreten sind.

Sanierungsarbeiten bei der Ölpest

Reuters/Jacob Slaton

Exxon übernimmt Behördenaufgaben

Zutritt zu dem betroffenen Gelände wird nicht erlaubt. Mehreren Journalisten wurden bei dem Versuch Haftstrafen angedroht. Lisa Song, die für das Nachrichtenportal Inside Climate News berichtet, versuchte mit Verantwortlichen der Umweltagentur EPA und des Verkehrsministeriums zu sprechen - ihr drohte laut „SZ“ ein Exxon-Sprecher mit Verhaftung für unerlaubtes Betreten des Katastrophengeländes. Ähnlich erging es einem Reporter des National Public Radio. Zwar liegt nach offiziellen Angaben die Koordination an Ort und Stelle bei der EPA, tatsächlich scheint jedoch Exxon in der Kleinstadt die Aufgaben staatlicher Behörden zu übernehmen.

Karte von Arkansas

APA/ORF.at

Die Ölpest in Mayflower

Laut Song führt die Telefonnummer zur Kommandozentrale in Mayflower zu einer Telefonzentrale von Exxon in Texas, auch Presseaussendungen zum Ablauf der Aufräumarbeiten mit den Logos von Exxon, Faulkner County und der Stadt Mayflower werden von dem Ölgiganten ausgesendet.

Zuverdienst für Polizisten

Doch das ist nicht alles: Wie die Onlinenachrichtenseite TheCabin berichtet, bezahlt Exxon lokale Polizisten dafür, in ihrer Freizeit als Sicherheitskräfte auf dem Gelände zu arbeiten - in ihren Dienstuniformen. Die Sheriffs’ Association kann darin nichts Verwerfliches sehen - es gebe lediglich eine Regel, die es Polizisten verbiete, in ihrer Dienstzeit einen andern Job zu machen.

Gebiet auch in der Luft abgeriegelt

Hinzu kommt eine rätselhafte Flugverbotszone, die seit 1. April über dem betroffenen Gebiet gilt. Kein Flugzeug darf im Umkreis von fünf Meilen bis auf Weiteres niedriger als 305 Meter fliegen. Exxon streitet freilich ab, mit der Verbotszone unliebsame Berichterstattung verhindern zu wollen, die Fäden laufen aber auch hier im Hintergrund bei Exxon zusammen, wie die „Arkansas Democratic Gazette“ berichtet. Demnach ist laut der US-Bundesluftfahrtbehörde (FAA) der Luftverkehr nur unter Aufsicht eines gewissen Tom Surhoff möglich. Surhoff ist laut einem LinkedIn-Profil Berater für Luftverkehr bei Exxon, so die „SZ“.

Sanierungsarbeiten bei der Ölpest

Reuters/Jacob Slaton

Was die Öffentlichkeit nicht sehen soll

Die spärlichen Bilder, die nach außen dringen, zeigen Aufräum- und Säuberungsarbeiten in den Wäldern. Es gibt aber auch einige Umweltaktivisten, die den Drohungen von Exxon zum Trotz auf das Gelände vordringen. In ihren Twitter-Accounts veröffentlichen sie Bilder und Videos aus dem „Exxon-Teerschlamm-Polizeistaat“, wie etwa die Aktivistengruppe JNL-RadikalMedia den Ort mittlerweile bezeichnet. Zu sehen sind weitläufige Öllachen, rostige Pipelineteile und ölverschmutzte Enten. In einem Video auf YouTube ist zu sehen, wie eine riesige Öllache mit Papiertüchern abgedeckt wurde. Die Aktivistin Alyssa Martinez twitterte ein Bild ihrer ölverschmierten Hand mit gestrecktem Mittelfinger. Der Text darunter: „This is for Exxon“.

Exxon selbst versucht hingegen, anstatt mit offensiver Informationspolitik die Wogen mit großzügigen Spenden zu glätten: 15.000 Dollar spendete das Unternehmen an die städtische Volksschule, wie etwa TheCabin berichtete. Der Preis dafür: Lehrer und Eltern dürfen nach eigenen Angaben nicht mit Journalisten sprechen.

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