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Nicht das „Sparbuch der Großmutter“

Wie zuvor Luxemburg hat nun auch Österreich die bevorstehende Abschaffung des Bankgeheimnisses von ausländischen Anlegern angekündigt. Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) sagte am Dienstag nach dem Ministerrat, man werde in der EU über einen automatischen Informationsaustausch reden.

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„Wir werden die Verhandlungen gemeinsam mit Luxemburg führen. Jawohl, wir verhandeln“, sagte der Kanzler. Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP) hob hervor, dass vollautomatischer Datenaustausch nicht bedeute, dass alle Sparguthaben in Österreich automatisch von allen Behörden abrufbar sein werden. Es gehe keinesfalls um die Kontodaten der heimischen Sparer in Österreich. Deren Privatsphäre sei geschützt. Das Bankgeheimnis bleibe für die Österreicher ein Grundrecht.

Auch für Faymann heißen die Verhandlungen mit den EU-Partnern nicht, dass man in Österreich deshalb das „Sparbuch der Großmutter“ oder des Durchschnittssparers angreift. Er verwies auf das Bankgeheimnis im Verfassungsrang. Faymann sagte, nach Rücksprache mit dem Verfassungsdienst und anderen Experten sei es möglich, hier scharf zu trennen. Bisher betreffe die EU-Zinsrichtlinie auch nur Konten von Ausländern.

„Haben nichts für Steuerbetrug“

Im Kampf gegen Schwarzgeld und Steuerflucht ist es für Faymann zu wenig, nur bei Verdacht auf Straftaten Kontoauskünfte zu erteilen. Dass Steuerflüchtlinge versuchten, über Konstruktionen ihrer Steuerpflicht zu entgehen, müsse abgestellt werden. Daran habe Österreich „alles Interesse der Welt“. Man habe kein Interesse, dass da etwas im Dunkeln liege. „Hier kann der Scheinwerfer nicht stark genug sein“, sagte Faymann. „Wir sind keine Steueroase. Wir haben nichts über für Steuerbetrug und wir sind für klare Verhältnisse.“

Um ihr Bankgeheimnis zu wahren, hoben Österreich und Luxemburg bisher nur Quellensteuer auf ausländische Kapitalerträge ein, eine automatische Information an die Heimatbehörden wurde bisher strikt abgelehnt. Am Wochenende hatte Luxemburg seinen Widerstand offiziell für beendet erklärt, nun bewegt sich Österreich, was die Kontodaten von Ausländern betrifft. Allerdings betonte die Regierungsspitze weiter, nicht an eine Änderung des Bankgeheimnisses zu denken.

Nicht nur Spareinlagen betroffen

Faymann präzisierte auf die Frage nach Einbeziehung etwa auch von Stiftungen, dass es bei den Verhandlungen über den Informationsaustausch von Kontendaten ausländischer Anleger nicht bloß um Spareinlagen gehe. Britische Trust-Konstruktionen, die niemandem zugeordnet werden könnten, gebe es in Österreich allerdings ohnehin nicht.

Als am Wochenende der Luxemburger Finanzministers Luc Frieden ankündigte, sein Land gebe den Widerstand gegen die automatische Weiterleitung von Bankdaten ins Ausland auf, hatte das laut Expertenangaben nur wenig mit den Medienenthüllungen über internationale Offshore-Geldanlagen zu tun, sondern eher mit „Zypern“ und dem Druck aus den USA. Auch die Regierung in Wien machte am Dienstag deutlich, wie wichtig vor dem Hintergrund des Drucks aus den USA auf Europa eine entsprechende Positionierung in Europa sei.

Fischer: Vorteile müssen überwiegen

Auch Bundespräsident Heinz Fischer signalisierte Verhandlungsbereitschaft. Man sei zu Gesprächen bereit, „wenn sich am internationalen Datenaustausch etwas in vernünftiger Weise verändern und verbessern lässt“, so Fischer am Dienstag nach einem Gespräch mit dem liechtensteinischen Staatsoberhaupt Hans-Adam II. vor Journalisten in Wien. Vernünftig heiße, „dass die Vorteile größer sind als die Nachteile, die man damit auslöst“, so Fischer.

An der Situation österreichischer Sparer, die in Österreich ihr Geld anlegen, dürfe sich jedoch keinesfalls etwas ändern, forderte der Bundespräsident. Diese müssten „so wie bisher verlässlich und seriös behandelt und geschützt“ werden.

Fekter argumentiert mit Verfassung

Dem Vorstoß von Faymann stellte Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) am Dienstag Verfassungsbedenken entgegen. Das Bankgeheimnis sei im Verfassungsrang. Sie, Fekter, sei auf die Verfassung vereidigt. Es sei somit auch verfassungsrechtlich zu prüfen, ob nicht Diskriminierung vorliege, wenn bei der einen Gruppe gemeldet werde und bei der anderen nicht, sagte Fekter noch vor der Regierungssitzung. Als Beweis, dass Steuerflucht durch Österreich verfolgt werde, führte sie unter anderem die Steuerabkommen mit der Schweiz und Liechtenstein an.

Thema im EU-Parlament

Die jüngste Debatte über ein Ende des Bankgeheimnisses und im Gegenzug die Einführung des automatischen Informationsaustausches könnte nächste Woche im EU-Parlament in Straßburg auf der Tagesordnung stehen. Der Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten im Europaparlament, Hannes Swoboda, sagte am Dienstag in Brüssel, „wir müssen die Steueroasen beenden, Österreich muss handeln“. Laut einer jüngsten Studie seiner Fraktion gingen mehr als 1.000 Milliarden Euro jährlich durch Steuerflucht in Europa verloren. Aus diesem Grund „haben wir eine Debatte mit Kommission und Rat nächste Woche bei der Plenarsitzung des EU-Parlaments verlangt“, sagte Swoboda.

Er begrüßte einerseits die jüngste Haltungsänderung Luxemburgs und andererseits die Absicht Österreichs zu Verhandlungen in diesem Bereich. Die jüngsten Stellungnahmen von Faymann gingen in die richtige Richtung, „aber den Worten müssen nun konkrete Aktionen folgen“. Swoboda forderte Fekter auf, ihre „Unterstützung für Steuerflüchtlinge zurückzuziehen“. Der Widerstand Fekters „schützt nicht die kleinen Leute, wie sie dies behauptet, sondern schützt jene, die etwas zu verstecken haben“.

Grünen-Gewerkschaft für Abschaffung

Das Team Stronoch (TS) ist weiterhin für das Bankgeheimnis. Der TS-Gründer und Milliardär Frank Stronach sprach sich am Dienstag dagegen aus, dass jeder Zugang zu entsprechenden Daten erhält. Auch das BZÖ plädierte dafür, dass das Bankgeheimnis unangetastet bleibt. SPÖ und ÖVP opferten das österreichische Bankgeheimnis auf dem Brüsseler Altar. Es sei ein Wahnsinn, wie Kanzler und Vizekanzler auf Zuruf vor der EU in die Knie gingen, statt die österreichischen Interessen zu vertreten, so BZÖ-Chef Josef Bucher. Er befürchtet in der Aussendung, dass „schlussendlich alle Behörden auf die Daten von den österreichischen Sparern zugreifen können“.

Die Grünen-Gewerkschaftsfraktion will das Ende des Bankgeheimnisses dezidiert auch für Österreich. Erfreulich sei, dass im Kampf gegen Steuerbetrug, Schwarzgeldwäscherei und organisierte Kriminalität der internationale Druck auf Österreich zur Abschaffung des Bankgeheimnisses steige. „Die Abschaffung des Bankgeheimnisses darf allerdings nicht zuletzt aus Gründen der Steuergerechtigkeit nicht auf ausländische Anleger begrenzt bleiben,“ so Markus Koza, Bundessekretär der AUGE/UG - Alternative und Grüne GewerkschafterInnen/Unabhängige GewerkschafterInnen, in einer Aussendung.

Strache für Volksabstimmung

FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache sprach sich für eine Volksabstimmung in Sachen Bankgeheimnis aus. Es gehe nicht an, dass sich die Regierungsspitze anschicke, den „Eurokraten in Brüssel das nächste Geschenk zu machen“, so Strache am Dienstag in einer Aussendung. Eine so weitreichende Entscheidung bedürfe einer Entscheidung der Wähler, so Strache. Er warnte allerdings erneut davor, das Bankgeheimnis „zu opfern“.

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