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Promis, Präsidenten und ihre Konten

Hunderttausende vertrauliche Datensätze über Geldtransfers in Richtung Karibik bedeuten für den einen oder anderen Betroffenen wohl Erklärungsbedarf - und für die Steuerbehörden in Dutzenden Ländern einiges an Arbeit. Die Dokumente, die der Presse zugespielt und erst in Ansätzen veröffentlicht wurden, werfen bereits jetzt ein Licht darauf, wie Millionen steuerschonend „umgeparkt“ werden.

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Die Daten - insgesamt eine Menge von 260 Gigabyte, was der Speicherkapazität Dutzender DVDs entspricht - waren bereits vor rund einem Jahr über ein „Leck“ in Großbritannien an das Internationale Konsortium für investigative Journalisten (ICIJ) in Washington geflossen und wurden in monatelanger Arbeit analysiert. Dabei tauchten nicht nur viele prominente Namen auf, es zeigten sich auch gewisse Grundmuster der „Veranlagungspolitik“ über Briefkastenfirmen, Trusts in der Karibik und andere windige Konstruktionen.

„Regierungsbeamte, ihre Familien und Partner in Aserbaidschan, Russland, Kanada, Pakistan, den Philippinen, Thailand, Kanada, der Mongolei und anderen Ländern haben sich Scheinfirmen bedient“, so das ICIJ. „Die Megareichen verwenden komplexe Offshore-Konstruktionen“, hinter denen sie Luxusanwesen, Jachten und teure Kunstwerke versteckten, um in den Genuss „von Steuervorteilen und Anonymität“ zu kommen, „die es für Durchschnittsbürger nicht gibt.“

Auch Großbanken sollen mitspielen

Laut ICIJ spielen dabei auch „viele der weltweit führenden Banken“ mit, indem sie ihre Kunden bei der Konstruktion von Firmengeflechten auf den karibischen British Virgin Islands und anderen „Steuerverstecken“ berieten. Eine „hochbezahlte Industrie“ von Mittels- und Strohmännern helfe dabei, Identitäten zu verschleiern und Geld zu waschen. Außerdem dienten Steueroasen Betrügern, die nach „Ponzi-Schema“ (eine Art Schneeballsystem, Anm.) arbeiten, dazu, ihre kriminell erwirtschafteten Gewinne zu bunkern. So weit das System in Grundzügen.

Karibik statt Ägäis: Griechische Offshore-Firmen

Konkret nannten das ICIJ und Dutzende internationale Medien von der „Washington Post“ über den britischen „Guardian“ bis zur „Süddeutsche Zeitung“ („SZ“) und dem Norddeutschen Rundfunk (NDR) eine ganze Reihe prominenter Namen, darunter den des aserbaidschanischen Präsidenten Ilham Alijew und den der Tochter des früheren philippinischen Präsidenten Ferdinand Marcos, Maria Imelda Marcos Manotoc.

Ebenfalls unter den mutmaßlich Steuerflüchtigen: die Ehefrau des stellvertretenden russischen Ministerpräsidenten Igor Schuwalow, Olga Schuwalowa, der mittlerweile verstorbene deutsche Industriellenerbe und „Gentleman-Playboy“ Gunter Sachs, aber auch rund 100 Unternehmen aus dem Euro-Krisenland Griechenland, die ihr Geld von der Ägäis in Richtung Karibik auf die Jungferninseln verschoben hätten.

Nur vier von 107 Firmen mit Offshore-Konstruktionen, die in den vertraulichen Dokumenten aufscheinen, hätten die Steuerbehörden darüber in Kenntnis gesetzt, so das ICIJ. Entsprechend interessiert sei folglich das Finanzministerium in Athen, Einsicht in die gesamten Daten zu erhalten. Das Spektrum der griechischen Steuersünder sei bemerkenswert breit, es reiche von Schiffsmagnaten bis zu Mittelklassefamilien. Gemeinsam sei ihnen lediglich, dass sie lieber „unter dem Radar“ des Fiskus blieben.

Onassis-Jacht über Briefkasten gekauft?

Über zwei der griechischen Offshore-Firmen seien Kauf und Restaurierung der legendären „Christina O“, der riesigen, einst vom Reeder Aristoteles Onassis in Auftrag gegebenen Jacht, finanziert worden. Gäste auf dem Luxusschiff waren einst die US-Präsidentenfamilie Kennedy, Fürst Rainer III. von Monaco, Grace Kelly, Frank Sinatra und Marilyn Monroe. Bei anderen Briefkastenfirmen in der Karibik führten die Spuren zu „griechischen Topbeamten“. Während der letzten beiden Krisenjahre dürften noch weniger Griechen als zuvor ihre Einnahmen aus Offshore-Geschäften - so wie das laut nationalem Recht vorgeschrieben ist - deklariert haben. Die Steuereinnahmen daraus seien um 90 Prozent gesunken.

Ein anderes, mehr oder minder symptomatisches Beispiel, das das ICIJ am Donnerstag aufgriff, ist das der aserbaidschanischen Präsidentenfamilie Alijew. Sie halte Anteile „an zumindest vier“ Offshore-Firmen, wie sich anhand der geleakten Daten belegen lasse. Verbindungsmann sei ein Bauunternehmer namens Hassan Gozal, der unter Alijews Präsidentschaft Aufträge in Milliardenhöhe erhalten habe. Er sei der Geschäftsführer dreier im Jahr 2008 für die beiden Töchter Alijews auf den British Virgin Islands gegründeter Offshore-Firmen. Alijew und seine Ehefrau Meribhan sollen Eigentümer der Briefkastenfirma Rosamund International Ltd. sein - gegründet 2003 ebenfalls in der Karibik.

Präsident schleust Vermögen außer Landes

Warum die Alijews dieses Firmennetzwerk gegründet hätten, sei unklar. Auf der Hand liege damit allerdings, dass sie ihre Vermögensverhältnisse verschleiern wollten. Es sei möglich, dass sich Alijews Firmenbeteiligungen nicht mit nationalem Recht vertragen hätten, als er damals - 2003 - noch im Parlament saß.

Von der ältesten Tochter des früheren philippinischen Quasidiktators Marcos, Maria Imelda, gebe es wiederum Verbindungen zu zwei Offshore-Firmen, die sie den zuständigen Behörden nicht gemeldet habe, obwohl sie - als Politikerin - das unbedingt hätte tun müssen. Sie und ihre Familie waren laut den vertraulichen Dokumenten Nutznießer einer 2002 gegründeten Briefkastenfirma namens Sintra Trust.

In Deutschland bekam schließlich am Donnerstag die - wie der NDR schrieb - zeitlebens stets weiße Weste des 2011 verstorbenen „Gentleman-Playboy“ Sachs gehörig Flecken, da auch er sein Geld in die Karibik verschoben habe. Weitere werden folgen, da das ICIJ und Dutzende internationale Zeitungen in den nächsten Tagen weitere Details aus den streng geheimen Akten veröffentlichen wollen.

Die Datenmenge aus insgesamt zehn Steueroasen umfasse 260 Gigabyte, es handle sich um 2,5 Millionen Dokumente, und darin würden die Namen von rund 130.000 Personen aus mehr als 170 Ländern aufgelistet. Die Dokumente stammen laut dem Londoner „Guardian“ von zwei in Großbritannien ansässigen Firmen, die auf die Errichtung von Offshore-Gesellschaften spezialisiert und weltweit auf diesem Gebiet führend sind.

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