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„Politikverdrossenheit“ in neuem Licht

Eine Studie im Auftrag des deutschen Kinderhilfswerks (DKHW) legt nahe, dass das Wahlalter drastisch herabgesetzt werden sollte. Demnach sollten Jugendliche schon ab 14 Jahren wählen dürfen, da später oft genug der Bruch mit der Politik erfolge - woran sich die Politik durchaus mitschuldig fühlen darf, wie die Mitte März veröffentlichten Ergebnisse der Untersuchung belegen.

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Laut der Studie ist die oft beschworene Politikverdrossenheit von Jugendlichen vor allem eine Folge von Frustration: Zwei von drei Jugendlichen sehen ihre Interessen demnach von der deutschen Bundesregierung nicht genügend vertreten. Auf kommunaler Ebene haben nur 15 Prozent den Eindruck, dass sich Politiker für die Meinung junger Leute interessieren.

Bringschuld von Politikern?

Demnach möchte sich jeder zweite Befragte überhaupt nicht politisch engagieren, nur neun Prozent der Kinder und Jugendlichen würden in einer Partei mitmachen. Befragt wurden 830 Buben und Mädchen zwischen zehn und 17 Jahren. „Die Ergebnisse geben Anlass zur Unruhe“, kommentierte Kinderhilfswerk-Präsident Thomas Krüger die Ergebnisse der Studie. Viele Kinder hätten „zugemacht“ und ließen politische Kommunikation nicht mehr an sich heran.

Die meisten kannten nicht einmal den Namen des Bürgermeisters in ihrem Ort. „Die Politik muss auf allen Ebenen alles daransetzen, das Vertrauen der Kinder und Jugendlichen wiederherzustellen“, forderte Krüger. Das Gefühl, dass die Bundespolitik sie im Stich lasse, sei bei den Schülern aber immer noch weniger stark ausgeprägt als bei vielen Erwachsenen. Bei einer ähnlichen Frage im Fairnessbarometer hätten fast drei Viertel der Erwachsenen die Regierung als unfair bezeichnet.

Bruch erst in der Pubertät

Dabei steigt der Wille zu politischem Engagement laut der Umfrage bei Kindern bis zum 15. Lebensjahr stetig. Danach - in der zentralen Phase der Pubertät - sei ein deutlicher Bruch zu verzeichnen, sagte Krüger. Das sei ein Grund, über das Wahlalter in Deutschland nachzudenken. „Man sollte die ersten Wahlerfahrungen nicht erst dann ansetzen, wenn der Bruch bereits vollzogen ist.“ Ziel müsse es sein, Jugendliche dann wählen zu lassen, wenn sie politisch am meisten interessiert seien - eben ab 14.

Wichtigste politische Informationsquelle ist für Kinder und Jugendliche die Schule, die bis zum „Bruch“ auch beim Bilden von Werturteilen helfe und das Interesse schüre. Auffällig sei hier, dass sich Hauptschüler besser informiert fühlten als Realschüler und Gymnasiasten, sagte Krüger. Mit ihren Eltern dagegen redet mehr als die Hälfte der Befragten nur selten oder nie über Politik und aktuelle Ereignisse in der Welt. Auch im Freundeskreis ist Politik nur bei einem Drittel der Befragten Thema.

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