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800 Jahre niederländische Geschichte

Das weltberühmte Amsterdamer Rijksmuseum präsentiert sich nach einer zehnjährigen Renovierung in neuer Pracht. Museumsdirektor Wim Pijbes sagte bei einem Rundgang für Journalisten, das Museum schlage nach der rund 375 Millionen Euro teuren Renovierung eine „neue Seite in seiner Geschichte“ auf.

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Das Museum zeigt in 80 Sälen 8.000 Exponate aus 800 Jahren niederländischer Geschichte - vom Mittelalter bis Mondrian. Zu seinen Schätzen gehören die Gemälde aus dem sogenannten Goldenen Zeitalter der Niederlande, das im Wesentlichen das 17. Jahrhundert umfasst: Rembrandt van Rijn, Jan Vermeer, Frans Hals, Jan Steen und andere.

Selbsporträt von Vincent van Gogh

Rijksmuseum

Zu den bekanntesten Gemälden im Rijksmuseum zählt auch Vincent Van Goghs Selbstporträt

Das neue Konzept unterscheidet sich deutlich vom alten, erklärte Sammlungsdirektor Taco Dibbits. „Wir haben mehr als eine Million Objekte, die wir früher nach Materialien und Techniken geordnet gezeigt haben. Es gab eine Galerie für Glas, Porzellan und eine für Gemälde,“ so Dibbits.

Korrespondierende Kunstwerke

Im umgebauten Museum werden die Besucher nun einer chronologischen Abfolge von Kunstwerken folgen können, die die Geschichte der Niederlande vom Mittelalter bis zur Gegenwart nachzeichnen. So hängen jetzt Bilder von Rembrandt neben Möbelstücken, die sein Freund Herman Doomer fertigte, dazwischen ein Porträt des Dichters Constantijn Huygens, der sich über seinen Zeitgenossen Rembrandt äußerte.

Das spanische Architekturbüro Cruz y Ortiz hat hat für den Umbau das klare Design des ursprünglichen Museumsarchitekten Pierre Cuypers aufgegriffen und den hohen, geräumigen Galerien vom Ende des 19. Jahrhunderts ihren ursprünglichen Glanz verliehen. Zwischen den beiden Flügeln des Museums wurde ein Atrium errichtet, das künftig als Eingangshalle mit Restaurant und Museumsshop dienen soll und das Pijbes als Äquivalent zur Turbinenhalle der Londoner Tate Modern beschreibt - ein „öffentlicher Raum, an dem Performances, Partys und neue Ausstellungen“ ihren Platz finden werden.

Weniger Platz haben nun freilich die Radfahrer - für sie war früher der freie Platz zwischen Ost- und Westflügel der direkteste Weg vom Stadtzentrum ins angrenzende Wohnviertel. Während anderswo Wünsche der Radlobby wenig Gehör finden, war der Aufschrei der Radler in den Niederlanden recht effektiv. Sie erreichten immerhin die komplette Umplanung des Bauvorhabens und die Realisierung einer aufwendigen Lösung: Der neue Gebäudeteil wurde untertunnelt, und die Fahrradfahrer können künftig durch eine Unterführung radeln.

Gemälde "Dienstmagd mit Milchkrug" von Jan Vermeer

Rijksmuseum

Auch Vermeers Gemälde sollen im neuen Lichtkonzept besser zur Geltung kommen

Modernstes LED-Lichtkonzept

Der französische Innenarchitekt Jean-Michel Wilmotte hat für das Innere des Gebäudes ein ebenfalls von Cuypers’ Palette inspiriertes Farbschema gewählt und die Inneneinrichtung für die Galerie konzipiert und eingerichtet, einschließlich der Vitrinen, Sockel, und Möbel. Einzigartig in der Museumswelt ist auch das neue Lichtkonzept, das Wilmotte in Zusammenarbeit mit der niederländischen Firma Philips erarbeitet hat. Ausschließlich durch LEDs beleuchtet sollen die Gemälde geschützt werden, weil LEDs weder die Hitze noch die UV-Strahlen herkömmlicher Leuchtmittel abgeben.

Auch der Farbwahrnehmung ist das neue LED-Licht im Rijksmuseum dienlich. So würden die kühleren Farben der Gemälde deutlich klarer zur Geltung kommen als zuvor, beschreibt Philips-Lichtdesigner Rogier van der Heide gegenüber der BBC die Wirkung. „Wir sehen so die volle Schönheit des Farbspektrums.“

„Nachtwache“ am angestammten Platz

Fast alles ist also neu im Amsterdamer Rijksmuseum. Einzig das wohl bekannteste Werk des Museums, Rembrandts „Die Nachtwache“ wird sich an ihrem ursprünglichen Standort finden - das Gemälde hänge jetzt allerdings etwas höher als vorher, so Direktor Pijbes. Das 4,54 Meter breite und 3,79 Meter hohe Gemälde wiegt 170 Kilogramm und ist von unschätzbarem Wert. Extra für Rembrandts Meisterwerk aus dem Jahr 1642 hatten Techniker einen speziellen, 300 Kilogramm schweren Stahlrahmen mit Isolationsschicht gebaut. Sensoren registrierten Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Stöße.

Hunderte Amsterdamer staunten, als das kostbare Stück Ende März an einem Kran in der Luft baumelte. Dann wurde es auf einen Karren geladen, gut 200 Meter über die Straße zum Museum gerollt und dort durch einen breiten Schlitz in der Mauer wieder in den Ausstellungssaal gezogen. Ab dem 13. April ist es wieder im Rijksmuseum zu sehen - erwartet wird ein Besucheraufkommen von bis zu zwei Millionen Kunstinteressierten jährlich.

Arbeiter transportieren das verpackte Gemälde "Die Nachtwache" von Rembrandt von Rijn in das Amsterdamer Reichsmuseum

APA/EPA/Martijn Beekman

Mit der Übersiedlung der „Nachtwache“ sorgte das Rijksmuseum für Aufsehen

Königin Beatrix wird das Rijksmuseum am 13. April feierlich wiedereröffnen. An diesem Tag wird der Eintritt in das bis Mitternacht geöffnete Museum frei sein. Für die Monarchin wird es der letzte größere Auftritt in der Öffentlichkeit sein. Am 30. April dankt sie zugunsten ihres Sohnes Willem-Alexander ab.

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