Eine Minderheit im Nordwesten
Nicht nur in den besseren Vierteln der iranischen Städte leben Minderheiten. Die Ortschaft Arbat liegt im Nordwesten des Landes. Hier wird nicht Persisch gesprochen, sondern Türkisch. Etwa 15 Millionen Iraner gehören zur Minderheit der Aseris.
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Heute kommt der Chef ins Dorf. Der Mann, der allen hier Arbeit gibt. Auch Herr Madschidi ist Aseri und von Beruf Teppichhändler. Er bringt Wolle und Farben. Die fertigen Teppiche, die er später abholen kommt, werden in der Provinzhauptstadt Täbris oder in Teheran verkauft.
Von der Krise, die der jüdische Teppichhändler Schahran uns geschildert hat, bekommen diese Arbeiter nichts mit. Weil der Export zum Stillstand gekommen ist, produzieren sie jetzt eben billigere Ware für inländische Kunden. Bis jetzt ging es mit den Teppichen nicht so gut, aber es werde besser, schildert ein Arbeiter. Jetzt verkaufe man um 40 Prozent mehr. Es werde viel mehr verkauft und viel teurer, allerdings nur noch in Dorfqualität.

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Verbesserungen seit der Revolution
Vor der Islamischen Revolution hatten Dörfer wie dieses keinen Strom. Schritt für Schritt wurde das Leben hier besser, besonders unter Präsident Mahmud Ahmadinedschad. Seine Regierung gibt armen Iranern eine monatliche Zuwendung: etwas Bargeld statt der bisher üblichen indirekten Subventionen, die man nicht sehen konnte. Die internationalen Sanktionen scheinen für diese Menschen kein Problem zu sein. Im Gegenteil: Sie würden jetzt mehr Geld bekommen, sagen sie.
Die Präsidentenwahl im Juni wird hier entschieden werden, im konservativen Hinterland. So wie Isfahan war auch Täbris einmal Hauptstadt der Perser. Auch hier wird überwiegend Türkisch gesprochen. Doch weil Aseris schiitische Muslime sind, genießen sie alle Vorrechte. Sogar der oberste Führer Ajatollah Ali Chamenei ist Aseri. Der Basar von Täbris ist einer der ältesten im gesamten Nahen Osten und gilt sogar als Weltkulturerbe.

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Weltkulturerbe Basar von Täbris
Wenig Zufriedenheit
Jahrhundertelang waren Basarhändler eng mit den Mullahs verbunden, vielleicht auch, weil die Geistlichen damals noch auf die Spenden der Kleinhändler angewiesen waren. Bei der Revolution gegen den Schah spielte der Basar von Täbris eine wichtige Rolle. Mittlerweile gehört den Mullahs der ganze Staat. Zufriedenheit mit der Regierung kann man hier kaum hören. Aber das soll auf dem Basar noch nie anders gewesen sein. Von Umbruchsstimmung wie in den 70er Jahren ist jedenfalls keine Rede. Vor ein paar Jahren gab es Ansätze einer aserischen Unabhängigkeitsbewegung - doch die waren schnell wieder erstickt.
Eher versucht man aus der Situation für sich das Beste herauszuschlagen. Sind die guten Teppiche im Westen nicht mehr gefragt, verkauft man eben die billigeren an die eigene Bevölkerung. Denn ohne Teppiche können Iraner nicht leben. Schon wenn man die Kinder verheiraten will, muss man ihnen einen schenken.
Auch Herr Madschidi hat sich an die neue Situation angepasst. Er verlegt sich jetzt auf Muster, die den Massengeschmack treffen. Vielleicht würde er eine andere Branche wählen, wenn er heute jung wäre, sagt er. Ob es nach der Präsidentenwahl für ihn etwas besser werde? „Wenn Gott will“, sagt er, eine Formulierung, die Juden und Christen ebenso gebrauchen wie Muslime. Auf dem Basar kursieren viele Gerüchte darüber, wer die nächsten Kandidaten sein werden. Doch von den wirklichen Entscheidungen ist man hier weit entfernt.
Christian Schüller, ORF, aus dem Iran