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Unbeliebt wie nie

Frankreich steckt in der Krise. Trotz schlechter Wirtschaftszahlen und Reformbedarfs versucht Präsident Francois Hollande Ruhe zu bewahren. Kritikern reicht das nicht. Schon jetzt ist er unbeliebt wie nie.

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Er herrscht in einem Land der schlechten Wirtschaftszahlen. Kaum eine Woche vergeht, in der Hollande im Elyseepalast nicht mit neuen Schreckenszahlen konfrontiert wird.

Gut zehn Monate nach Amtsantritt steckt der Staatschef im Umfragetief. Mehr als die Hälfte seiner Landleute halten Hollande für einen „schlechten Präsidenten“. Bei nicht einmal mehr jedem dritten Franzosen ist der Präsident noch beliebt. In manchen Erhebungen liegt er damit sogar noch hinter der Chefin der rechtsextremen Front National, Marine Le Pen.

Null Wachstum

Die Zahlen scheinen für sich zu sprechen: Die kränkelnde Volkswirtschaft stagnierte 2012 mit null Prozent Wachstum. Die Zahl der Arbeitslosen steigt unaufhörlich und liegt nur noch knapp unter dem Rekord von 1997, als 3,195 Millionen Menschen einen Job suchten. Lange sträubte sich Hollande vor der öffentlichen Einsicht, dass die Dreiprozentmarke beim gesamtstaatlichen Defizit nicht zu halten ist. Aktuelle Prognose: 3,7 Prozent.

Hollande setzt auf Zeit. Der Präsident wird nicht müde, auf die fünf Jahre währende Amtszeit zu verweisen. Seine Politik soll langfristig wirken. Erst am Ende will er am Ergebnis gemessen werden.

Plakative Schritte

Gegen die wachsende Unruhe in den eigenen Reihen setzt Hollande plakative Schritte. Die Ehe auch für homosexuelle Paare inklusive Adoptionsrecht ziehen die Sozialisten auch gegen den erbitterten Widerstand der versammelten Rechten durch. Mit Ovationen feierten die Sozialisten die Verabschiedung des Gesetzes in der Nationalversammlung. Auch ein Plan, der die Schließung profitabler Fabriken verbietet und Konzerne stattdessen zum Verkauf zwingen soll, gilt in Frankreich als Geschenk Hollandes an die Linke.

Noch sind die Demonstrationen von Linken und Gewerkschaftern überschaubar. Aber Frankreichs Arbeitnehmer sind bekannt dafür, Protest und Unmut blitzartig auch in offene Gewalt auf Straßen und in Unternehmen umschlagen zu lassen.

Deprimierender Blick nach Deutschland

Der Blick über die Grenze ist für viele Franzosen deprimierend. In Deutschland etwa liegt die Arbeitslosenquote nach EU-Zahlen mit 5,3 Prozent nur halb so hoch wie in Frankreich (10,6). Auf europäischer Ebene wird die zweitgrößte Volkswirtschaft des Euro-Raums inzwischen mehr oder weniger offen als Sorgenkind behandelt.

International setzt Hollande dem ein robustes Krisenmanagement entgegen. Zwar hat die Regierung den Kampfeinsatz in Afghanistan - wie im Wahlkampf versprochen - rasch beendet. Doch zum Krieg in Mali ließ sich die ehemalige Kolonialmacht nicht lange bitten. Erfolge dort werden in Paris umgehend kommuniziert.

Auch in Syrien unterstützte Frankreich schon früh die dort kämpfende Opposition - bis hin zur aktuellen Forderung nach Waffenlieferungen. Doch selbst der Stolz der kriegsführenden Nation steht auf dem Prüfstand: Mit Blick auf anstehende Kürzungen im Etat auch der Armee fürchten Verteidigungspolitiker bereits das Ende für manchen Einsatz.