„Nicht Folge europäischer Sturheit“
Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat sich dem von der Zahlungsunfähigkeit bedrohten Zypern gegenüber unnachgiebig gezeigt. „Die Länder der Euro-Zone wollen den Zyprioten helfen, aber die Regeln müssen respektiert werden“, sagte Schäuble der „Welt am Sonntag“.
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Er wolle Zypern zwar in der Euro-Zone halten. „Ich bin aber auch dafür bekannt, dass ich mich nicht erpressen lasse“, machte der Minister klar. „Ich weiß um meine Verantwortung für die Stabilität des Euro. Wenn wir jetzt falsche Entscheidungen treffen, tun wir dem Euro einen Bärendienst.“
Schäuble äußerte sich vor einer Krisensitzung der Euro-Gruppe zu Zypern am Sonntagabend in Brüssel. Er wies darauf hin, dass die Zeit knapp sei. Die Europäische Zentralbank (EZB) könne ihre Nothilfe für zypriotische Banken nur noch bis Montag garantieren. „Zypern wird einen schweren Weg gehen - so oder so“, sagte Schäuble voraus. „Aber das ist nicht die Folge europäischer Sturheit, sondern eines Geschäftsmodells, das nicht mehr funktioniert.“ Der zypriotische Staatspräsident Nikos Anastasiades flog bereits Sonntagfrüh nach Brüssel, um mit der Kommission und Vertretern der Euro-Gruppe zu verhandeln.
Kein Spielraum bei Rahmenbedingungen
Dass das zypriotische Parlament das zunächst ausgehandelte europäische Rettungspaket am Dienstag abgelehnt hatte, bedauerte Schäuble. Diese Entscheidung sei „sicherlich nicht zum Besten“ des Landes. Das neue Konzept der zypriotischen Regierung wollte er noch nicht abschließend bewerten.
„Wir wollen möglichst vermeiden, dass Zypern in die Insolvenz rutscht“, doch an den Rahmenbedingungen für ein Hilfsprogramm ändere sich nichts, sagte Schäuble. „Dreh- und Angelpunkt“ eines Rettungspakets müssten die Schuldentragfähigkeit und die Verringerung der Risiken sein, die für den Staat aus dem überdimensionierten Bankensektor resultierten. Sobald die Euro-Gruppe alle Kriterien erfüllt sehe, „würden wir den Antrag stellen, dass der Bundestag diesem Weg zustimmt“, sagte der CDU-Politiker.
Noch keine Einigung
Entgegen inoffiziellen Angaben aus dem Kreis der zypriotischen Verhandler am Vorabend gibt es bisher keine Einigung mit der Troika aus EU, EZB und Internationalem Währungsfonds (IWF). „Die Gespräche befinden sich in einer heiklen Phase. Die Situation ist sehr schwierig“, hieß es vonseiten Zyperns.
Zypern läuft aber zusehends die Zeit davon. Sollte es Sonntagabend in Brüssel keine Einigung geben, will die EZB kein Geld mehr nach Zypern schicken. Dann würde die Wirtschaft binnen Stunden zusammenbrechen. „Drama mit ungewissem Ende“, titelte die zypriotische Zeitung „Kathimerini“. Zypern hofft auf Nothilfen der internationalen Geldgeber in Höhe von zehn Milliarden Euro.
Komplikationen bei Gesprächen mit Troika
Das Tauziehen um die Rettung des Euro-Landes dauerte den ganzen Samstag an: In den Gesprächen mit der Troika gab es immer wieder Komplikationen. Zypern muss für das Rettungspaket einen Eigenanteil von 5,8 Milliarden Euro aufbringen. Im Mittelpunkt der Troika-Gespräche stand die Zwangsabgabe auf Geldeinlagen bei der Cyprus Bank, dem größten zypriotischen Geldinstitut. Dort sollen russische Oligarchen Milliarden geparkt haben. Zur geplanten Höhe der Abgabe machten in Nikosia immer wieder neue Gerüchte die Runde.
Die Zeitung „Kathimerini“ berichtete, die Abgabe auf Einlagen bei der Cyprus Bank werde zwischen 18 und 22 Prozent betragen. Für alle anderen Banken könnte eine Zwangsabgabe in Höhe von vier Prozent auf Guthaben über 100.000 Euro kommen. Schuld an den Schwierigkeiten bei den Gesprächen mit der Troika trage der IWF, berichteten die zypriotische Nachrichtenagentur CNA und das öffentlich-rechtliche Radio (RIK) unter Berufung auf Regierungskreise am Samstagabend. Die IWF-Vertreterin stelle „immer wieder neue Forderungen“, hieß es. Die Regierung wollte sich am Sonntag nicht dazu äußern.
Teil des Sparpakets vom Parlament gebilligt
Das Parlament in Nikosia hatte in der Nacht zum Samstag bereits einen Teil des Sparpakets verabschiedet. So wurden Einschränkungen im Kapitalverkehr gebilligt, um ein Abfließen der Gelder ins Ausland zu verhindern. Außerdem wurde die Bildung eines Solidarfonds zur Rekapitalisierung der Geldhäuser beschlossen. Zudem soll die zweitgrößte Bank, die Popular Bank, in eine gesunde und eine „Bad Bank“ gespalten werden.
Am Dienstag sollen die seit Samstag vor einer Woche geschlossenen Banken wieder öffnen. Derzeit gibt es auf der Insel Bargeld nur aus dem Bankautomaten.
Asmussen verteidigt Zwangsabgabe
Jörg Asmussen, Mitglied im Direktorium der EZB, verteidigte unterdessen eine Beteiligung der Sparer an der Rettung der zypriotischen Banken. In einem Gastbeitrag für die Wochenendausgabe der Zeitung „taz“ schreibt Asmussen, Privatisierungen alleine würden nicht ausreichen. Deshalb sei eine „einmalige Sonderabgabe auf Einlagen“ nötig. Aber die EZB sei mehr als offen für eine Lösung, die Kleinsparer nicht belaste.
Der frühere Chefvolkswirt der EZB, Jürgen Stark, kritisierte unterdessen das Ultimatum der EZB an Zypern. So könnten politische Institutionen vorgehen, nicht aber eine „unabhängige Zentralbank“, sagte Stark der Zeitung „Die Welt“ (Samstag-Ausgabe). „Die EZB macht sich dadurch politisch sehr angreifbar.“ Eine Notenbank dürfe sich nie in die Lage bringen, dass sie für den Kollaps eines Finanzwesens verantwortlich sei, führte der Ex-Chefvolkswirt aus.
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