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„Schock für die Weltordnung“

Die fünf Schwellenländer Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika (BRICS) wollen gemeinsam die führenden Wirtschaftsnationen werden. Auf ihrem Gipfel am Dienstag und Mittwoch legen sie ihre Pläne, etwa für eine Entwicklungsbank als Konkurrenz zu Weltbank, auf den Tisch. Ziel ist es, den eigenen Einfluss zu stärken und jenen der USA und Europas zu schmälern.

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Es ist eine offenkundige Kampfansage an die Wirtschaftsmächte Europa und USA. „Die BRICS sind ein Schock für die gegenwärtige Weltordnung. Aber der Schock besitzt positive Energie. Das ist gut für die Welt“, schrieb die chinesische Zeitung „Guangming Ribao“.

Seit Gründung an Einfluss gewonnen

Gegründet wurde die Staatengruppe im Jahr 2009 – ursprünglich ohne Südafrika - als BRIC. Namensgeber und „Erfinder“ war Goldman-Sachs-Banker Jim O’Neill. Seitdem haben sich die aufstrebenden Schwellenländer zu einer einflussreichen Gruppe entwickelt. Die fünf Länder werden zu immer bedeutenderen Spielern auf der internationalen Bühne.

Brasiliens Präsident Dilma Rousseff, Russlands Präsident Dmitri Medwedew, Indiens Premierminister Manmohan Singh, Chinas Präsident Hu Jintao und Südafrikas Präsident Jacob Zuma im Jahr 2012

Reuters/B Mathur

Beim BRICS-Gipfel 2012 stand v. a. eine eigene Entwicklungsbank auf dem Plan

Diesen Einfluss wollen die fünf Staaten nun verstärkt nutzen. Mit der Gründung einer BRICS-Entwicklungsbank als Gegenstück zu dominierenden Institutionen Weltbank und Internationaler Währungsfonds (IWF) sollen innovative Entwicklungs- und Infrastrukturprojekte finanziert werden. Es gehe außerdem um eine Transformation der „alternden internationalen Finanzarchitektur“, sagte der Abgesandte des russischen Präsidenten Wladimir Putin, Michail Mergelow, im südafrikanischen Pretoria. Weitere Pläne betreffen ein Sekretariat mit ständigem Sitz, eine Bank und einen Antikrisenfonds.

Streitthemen innerhalb der Organisation

Trotz ehrgeiziger Vorhaben sind sich die Staatsmänner und Delegierten auch der bevorstehenden Schwierigkeiten bei der Umsetzung ihrer Ziele bewusst. So sind die BRICS in ihrer politischen und wirtschaftlichen Struktur so unterschiedlich wie bei ihren Interessen.

Es gibt einige heikle Differenzen. Diese betreffen etwa die Erweiterung des UNO-Sicherheitsrats, den Grenzkonflikt zwischen Indien und China und den Wettbewerb um Land und Rohstoffe in Afrika. Ein weiterer Zankapfel ist der Standort der geplanten Entwicklungsbank. Mit Moskau, Schanghai und Kapstadt beanspruchen gleich drei Länder den Sitz der Finanzinstitution.

Studie ortet Reformbedarf

In einer Mitte März veröffentlichten Studie der Bertelsmann-Stiftung hieß es: „In jedem der Staaten besteht ein enormer Bedarf an Reformen in den politischen Schlüsselbereichen.“ Die BRICS-Staaten seien zwar dabei, „die politische und ökonomische Landkarte des 21. Jahrhunderts zu verändern“. Allerdings bedrohten Korruption, große soziale und regionale Gegensätze sowie ökologische Probleme eine positive Weiterentwicklung der Staaten.

Handlungsbedarf bestehe in den fünf BRICS-Staaten beim Ausbau des Bildungs- und Gesundheitswesens, so die Verfasser der Studie. Besonders große Probleme habe der Gipfelgastgeber Südafrika, der mit erheblichen Strukturproblemen fertig werden müsse.

Unerfüllte Erfolgsprognosen

Neben den inneren Konflikten sind sich auch Experten über den Entwicklungsstand der BRICS-Staaten uneinig. Trotz Wirtschaftswachstums, verstärkter Auslandsinvestitionen und Exporte blieb so manche Erfolgsprognose unerfüllt, etwa, dass die Wirtschaftsleistungen der fünf Partner jene der USA und der EU übertreffen würden.

Einzige Ausnahme ist China, das in den vergangenen Jahren ökonomisch enorm zugelegt hat. Die USA dürften sich vor allem über die Diplomatieoffensive Chinas Sorgen machen, da die Volksrepublik so weiter an Einfluss auf dem rohstoffreichen Kontinent Afrika gewinnt. Nach den USA ist China die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt und bemüht sich seit Jahren massiv um Zugang zu afrikanischen Bodenschätzen wie Öl und Kupfer.

Südafrika bleibt zurück

Südafrika hingegen, das sich als „Tor zu Afrika“ definiert, wies in der letzten Zeit das geringste Wirtschaftswachstum auf. Nach Meinung O’Neills wäre der Bund mit Indonesien, Mexiko oder der Türkei als fünftes Partnerland besser beraten gewesen als mit Südafrika. So hat laut Experten Südafrikas Wunsch, den ganzen Kontinent in die BRICS-Vereinigung aufzunehmen, kaum Chancen.

Dennoch nimmt der politische Einfluss der BRICS-Staaten international stetig zu. So appellierte der syrische Präsident Baschar al-Assad an die BRICS, sich für eine Konfliktlösung in Syrien starkzumachen. Auch Ägypten zeigt sich interessiert. Der ägyptische Präsident Mohammed Mursi äußerte den Wunsch, sein Land aufzunehmen. Eine Idee für einen neuen Namen der Organisation hatte er auch schon, die dann etwa E-BRICS (E für Egypt) heißen könnte.

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