Themenüberblick

Sofort mit Putin telefoniert

Nach dem Scheitern des Rettungspakets im zypriotischen Parlament sucht die politische Führung in Nikosia fieberhaft nach einem Ausweg aus der drohenden Staatspleite. Nun ruhen die Hoffnungen auf Russland. Wie das Büro von Präsident Nikos Anastasiades mitteilte, telefonierte der Präsident nur wenige Minuten nach der gescheiterten Abstimmung mit seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Das Gespräch habe etwa 30 Minuten gedauert und die Finanzbeziehungen beider Staaten betroffen. Der öffentlich-rechtliche Fernsehsender RIK berichtete, beide hätten sich auf ein Treffen geeinigt. Ein Termin wurde aber nicht genannt. Russische Unternehmen haben aus Steuergründen Milliardensummen nach Zypern transferiert.

"Geschlossen"-Schild hängt am Eingang einer Bank

Reuters/Yorgos Karahalis

Die Lage in Zypern ist festgefahren

Banken sollen bis Dienstag geschlossen bleiben

Die Banken werden voraussichtlich bis Dienstag geschlossen bleiben. Zudem soll es für unbestimmte Zeit Einschränkungen für Überweisungen ins Ausland geben, wie die Nachrichtenagentur dpa aus Kreisen der Regierung und der Zentralbank Zyperns erfuhr. Geplant ist, dass die Banken auch am Donnerstag und Freitag geschlossen bleiben. Sie sind bereits seit fünf Tagen zu. Am kommenden Montag ist Feiertag auf Zypern. Bis dahin hoffen die Behörden eine Lösung zum Thema des Finanzproblems Zyperns gefunden zu haben. Auch nach der Öffnung werde es jedoch eine Sperre für Überweisungen ins Ausland geben. Ein entsprechendes Gesetz wurde am Mittwoch ausgearbeitet, hieß es aus Kreisen der Zentralbank.

Baldiger Abschluss mit Moskau erhofft

Auf der verzweifelten Suche nach Geldquellen war der zypriotische Finanzminister Michalis Sarris bereits am Dienstag nach Moskau geflogen. Er hoffe, dass noch am Mittwoch eine Vereinbarung über einen Kredit aus Russland getroffen werden könnte, so Sarris am Mittwoch in Moskau. „Wir hoffen auf ein gutes Ergebnis, aber wir können nichts vorhersagen“, sagte Sarris vor Gesprächen mit seinem russischen Amtskollegen Anton Siluanow.

Bei der entscheidenden Abstimmung im Parlament wurde von den Abgeordneter die geplante und hoch umstrittene Zwangsabgabe auf Bankguthaben abgelehnt. Sie ist aber Voraussetzung für das am Wochenende geschnürte internationale Hilfspaket der Euro-Partner. Das Geld in der zypriotischen Staatskasse reicht nach früheren Regierungsangaben indes noch bis Mai.

Russland fühlt sich übervorteilt

Putin hatte die Zwangsabgabe scharf kritisiert. Russland fühle sich von der EU übergangen, sagte Siluanow. Für Moskau kommt das einem Vertrauensbruch gleich. Schließlich hält Russland unbeirrt an der europäischen Gemeinschaftswährung fest. 40 Prozent seiner Reserven legt das Land in Euro an. Putin sprach dem Euro wiederholt sein Vertrauen aus. „Jetzt aber regeln die Europäer ihre Probleme faktisch auf Kosten russischer Aktiva“, schrieb die Moskauer Tageszeitung „Nesawissimaja Gaseta“.

Der Streit ist kein gutes Vorzeichen für das geplante Treffen der EU-Kommission mit dem russischen Regierungschef Dimitri Medwedew Ende dieser Woche in der russischen Hauptstadt. Geradezu beleidigt, dass die EU Russland nicht um Unterstützung bei der Krisenlösung bittet, stellt Moskau seine Hilfe für Zypern infrage. Dazu gehört die Verlängerung eines Kredits über 2,5 Mrd. Euro zu günstigen Zinsen. Angesichts der neuen Lage müsse Russland seine Schritte überdenken, warnte EU-Botschafter Wladimir Tschischow.

Milliarden in Zypern geparkt

Außer den Inselbewohnern selbst trifft die geplante Zwangsabgabe vor allem russische Firmen und Oligarchen, die in Zypern dank niedriger Unternehmenssteuern ihr Vermögen horten. Je nach Schätzung stammen bis zu 35 Mrd. Euro auf zypriotischen Konten aus Russland - und fließen von dort oft geradewegs wieder in die Heimat. Laut der Wirtschaftszeitung „Wedomosti“ stammen 40 Prozent der ausländischen Direktinvestitionen in Russland aus Zypern.

Die russische Regierung wittert wegen der Zwangsabgabe auf zypriotische Sparguthaben eine gute Geschäftsgelegenheit für heimische Banken. Russische Institute sollten die Gelegenheit nutzen und um neue Kunden und neue Einlagen kämpfen, empfahl der stellvertretende Ministerpräsident Igor Schuwalow. Russische Stellen dementierten allerdings Spekulationen, der Kreml könnte mehr Geld anbieten.

Faymann: Nichts ausschließen

Die zypriotische Kirche bietet dem Staat zur Überwindung der Krise ihr gesamtes Geld an. „Die Kirche und die Klöster werden für die Rettung des Landes alles zur Verfügung stellen“, sagte Erzbischof Chrysostomos nach einem Treffen mit Anastasiades am Mittwoch.

Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) will bezüglich der Lage in Zypern erst einmal die Entscheidung der dortigen Regierung bzw. des Parlaments abwarten. Er hoffe, dass das Land eine Möglichkeit findet, weiterhin im Euro-Raum zu bleiben - „ich kann aber für Zypern nichts ausschließen“, sagte er am Mittwoch nach dem Ministerrat. Der Kanzler hofft zudem auf eine Regelung, die „europaweit dem einzelnen Sparer wieder Sicherheit gibt“.

Fekter: Keine Gefahr für Euro-Zone

Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) sieht durch die Situation in Zypern keine Gefahr für die Euro-Zone. „Wir werden den Zyprioten helfen, aber nur unter den Bedingungen, unter denen das einen Sinn macht“, sagte sie am Mittwoch vor dem Ministerrat. Zuerst müsse man die Vorschläge der dortigen Regierung abwarten, betonten am Mittwoch vor dem Ministerrat gleich mehrere Regierungsmitglieder.

Eine Pleite Zyperns wäre „ein schreckliches Szenario“, so Fekter. „Derzeit ist Stillstand bei den Banken, es ist alles geschlossen, auch der Internethandel.“ Das werde so lange der Fall sein, „bis eine Entscheidung am Tisch ist“. Auf die Frage, wie groß die Gefahr für den gesamten Währungsraum sei, antwortete Fekter: „Gar nicht, die Euro-Zone ist stabil.“ Dem österreichischen Steuerzahler sei aber nicht zu erklären, „warum wir die Einlagen der russischen Oligarchen oder die britischen Gelder sichern sollen“.

Weitere Zusagen wackeln

Wenn das zypriotische Parlament den Beitrag des Landes zum Rettungspaket weiter ablehnt - wie am Dienstagabend in der Abstimmung geschehen -, dann sind auch die Zusagen von EU und IWF hinfällig. Damit würden die Verhandlungen zur Rettung Zyperns wieder bei null anfangen, sagte der Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB), Ewald Nowotny, am Dienstagabend in der ZIB2. Jetzt noch rechtzeitig eine Lösung zu finden sei aber „eine Herausforderung“.

Die Euro-Länder würden aber keinesfalls Zypern den Ausstieg aus der Währungsunion nahelegen, versicherte Nowotny. Das kleine Zypern, auf das nur 0,2 Prozent der Wirtschaftsleistung der EU entfällt, pleitegehen zu lassen wäre „ein Experiment, das wir an sich lieber nicht machen wollen“, auch wenn es im Vorfeld eine Diskussion gegeben habe, ob Zypern überhaupt systemrelevant ist.

Der Vorsitzende der Euro-Gruppe, Jeroen Dijsselbloem, bedauerte, dass das zypriotische Parlament das Rettungspaket für das Land abgelehnt hat. Die Entscheidung sei „enttäuschend“, sagte der niederländische Finanzminister am Dienstagabend im niederländischen Fernsehen. Die Euro-Gruppe halte jedoch an ihrem Angebot und den Bedingungen fest, sagte er.

Links: