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Börsengang soll 244 Mio. Euro bringen

Dass in schwarzen Karton gebundene Notizbücher in Zeiten von Tablets noch Verkaufsschlager sind, ist auf den ersten Blick verwunderlich. Doch die Gewinne der italienischen Luxusmarke Moleskine, die ihre Produkte noch dazu zum Vielfachen herkömmlicher Notizbücher handelt, lassen keinen anderen Schluss zu. Aber der anstehende Börsengang steht unter dem Schlaglicht der fast vollständig nach China ausgelagerten Produktion.

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Dabei gilt in erster Linie nicht die ausgelagerte Fertigung in den fernen Osten als bemerkenswert, sondern der dadurch erzielte Gewinn. Laut „Economist“ wendete Moleskine insgesamt nur 14,5 Millionen Euro für die Herstellung seiner Papierprodukte auf - Material- und Personalkosten eingerechnet -, die Einnahmen innerhalb des gleichen Zeitraums betrugen jedoch satte 56,6 Millionen Euro.

Der Unterschied zwischen Produktionskosten und Erträgen beläuft sich demzufolge auf über 42 Millionen Euro, die Handelsspanne wird mit 25 Millionen Euro angegeben. Diese Gewinnspanne lässt andere Unternehmen - vor allem branchenintern - vor Neid erblassen. Gleichzeitig drängt sich der Verdacht auf, dass sowohl beim als hochwertig verkauften Material als auch bei den Arbeitern der chinesischen Zulieferer ordentlich auf die Kostenbremse gedrückt wird.

Risiken bei Aktienkäufen

Doch ein neuerlicher Geldregen könnte bevorstehen: So nahm Moleskine nach der Ausgabe von Aktien laut Insidern etwa 244 Millionen Euro ein, der Börsenhandel startet am Dienstag in Mailand. Die 106 Millionen angebotenen Aktien konnten zwischen 2,20 und 2,40 Euro gezeichnet werden - der Ausgabepreis liegt bei 2,30 Euro, wie Moleskine am Donnerstag mitteilte. Das Angebot an Aktien sei um das 3,6-Fache überzeichnet, hieß es. Damit wird der Hersteller der berühmten Notizhefte insgesamt mit knapp 500 Millionen Euro bewertet.

Doch das Wertpapierprospekt, das Moleskine auf nicht weniger als 547 Seiten darstellt, listet auf 35 Seiten auf, wieso der Kauf einer Aktie ein Risiko birgt. Als wichtigster Punkt wird die Konzentration auf den Produktionsstandort China genannt, jedoch werden Unsicherheiten auch angesichts von Produktkosten, Wechselkursunsicherheit und hinsichtlich möglicher Veränderungen im Kundengeschmack ausgemacht.

Verkaufszahlen nach oben geschossen

Doch mit dem Verkauf von einfachen Notizbüchern kam bis dato kein Unternehmen an den italienischen Anbieter heran. Selbst die vielen Konkurrenzunternehmen, die ähnliche Produkte um ein Drittel des Preises verkaufen, können von derartigen Verkaufszahlen nur träumen. Moleskine verkaufte im vergangenen Jahr weit mehr als 14 Millionen Notizbücher in mehr als 90 Ländern - elektronischer sowie billigerer Konkurrenz auf Papier zum Trotz. Beflügelt durch florierende Verkäufe in Asien und den USA steigerte Moleskine den Umsatz im vergangenen Jahr um 17 Prozent auf 78 Millionen Euro. Seit 2009 stieg der Nettoumsatz um 60 Prozent.

Hemingway und Picasso als Marketingtriebfedern

Rund um die Notizbücher werkt eine gut durchdachte Marketingmaschinerie - ein grundlegender Faktor für den Erfolg des Unternehmens. Schließlich wirbt Moleskine in Anlehnung an französische Skizzenbücher aus dem 19. Jahrhundert damit, dass Ernest Hemingway und Pablo Picasso ähnliche Notizbücher nutzten. Dabei erfolgt das mit viel Geschick, sodass in den Köpfen der Konsumenten vielmehr die Information hängen bleibt, wonach Hemingway und Co. für ihr Schaffen Moleskine-Notizbücher genutzt hätten, was das Unternehmen freilich nicht behauptet. Die Botschaft ist dabei dennoch klar: Moleskine steht für Kreativität, Tradition und Weltläufigkeit.

Das Leitmotiv dabei: „Es ist kein bloßes Notizbuch. Das ist ein Buch, das erst geschrieben werden will.“ Aus dieser Idee ist ein Unternehmen geworden, das mittlerweile 130 Mitarbeiter beschäftigt. Dabei will der italienische Hersteller auch andere Produktsegmente nicht verschlafen. So wird auch eine App betrieben, zudem versucht man sich mittels der Herstellung sogenannter „Smart Cover“ für das iPad als Ausrüster für die digitale Konkurrenz zu etablieren.

Seit 2011 werden auch andere Produkte, die mit Schreiben, Reisen und Lesen verbunden sind, produziert - wie etwa Taschen, Lesebrillen, Stifte, Bleistifte und kleine mobile Leselampen für Bücher. Nichtsdestotrotz: 90 Prozent der Verkäufe werfen Papierprodukte ab.

Vierte italienische Luxusmarke an der Börse

Das Unternehmen ist bereits die vierte italienische Luxusmarke, die seit Juni 2011 an die Börse geht. Trotz großer Kursschwankungen an den Märkten feierten bereits Salvatore Ferragamo, Brunello Cucinelli und Prada erfolgreiche Einstände an der Börse.

94 Millionen Moleskine-Aktien stammen von den Eigentümern, den Private-Equity-Häusern Syntegra Capital und Index Ventures sowie von Gründer und Management der Firma. 50,17 Prozent der Anteile kommen auf den Markt. Falls die betreuenden Banken Goldman Sachs, UBS und Mediobanca auch noch die Mehrzuteilungsoption (Greenshoe) platzieren, befinden sich danach 55,18 Prozent im Streubesitz.

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