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Papst predigt „einfache“ Werte

Papst Franziskus hat vor Hunderttausenden Pilgern und Touristen sein Amt als Oberhaupt der katholischen Kirche offiziell angetreten. Einem feierlichen Ritus folgend erhielt der neue Papst am Dienstag auf dem Petersplatz den traditionellen Fischerring und das Pallium, eine Art Schal. Damit hat das Pontifikat des 266. Papstes offiziell begonnen.

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Den vergoldeten Silberring überreichte Kardinalsdekan Angelo Sodano dem neuen Papst, den Wollschal bekam er von dem Protodiakon Jean-Louis Tauran umgelegt. Das Pallium hatte bereits Franziskus’ zurückgetretener Vorgänger Benedikt XVI. getragen. Stellvertretend für alle Kardinäle gelobten sechs Purpurträger anschließend Franziskus feierlich ihren Gehorsam. Rund 300.000 Menschen waren auf dem Petersplatz in Rom und in den umliegenden Straßen versammelt.

Delegationen aus 132 Ländern

Unter den Gläubigen befanden sich viele Pilger und Touristen aus Lateinamerika, die Fähnchen Argentiniens, der Heimat des neuen Papstes, und des Vatikans schwenkten. Vor der Messe jubelte die Menschenmenge dem neuen Mann auf dem Stuhl Petri zu, als er sie bei sonnigem Wetter aus einem offenen Auto heraus auf dem Petersplatz begrüßte. Ein Meer von Fahnen aus aller Welt und Spruchbändern war auf dem Platz vor dem Petersdom zu sehen.

Bundespräsident Heinz Fischer spricht mit dem Papst

ORF

Bundespräsident Fischer und seine Frau Margit mit Papst Franziskus

Dutzende Staatspräsidenten, Regierungschefs, hochrangige Vertreter von Königshäusern und anderer Kirchen aus insgesamt 132 Ländern waren zu der Messe nach Rom gereist. Österreich war unter anderen durch Bundespräsident Heinz Fischer, Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) und Außenminister Michael Spindelegger (ÖVP) vertreten. Franziskus war sechs Tage zuvor zum Nachfolger von Benedikt XVI. gewählt worden, der aus Altersgründen zurückgetreten war.

Umarmung mit Symbolwert

Bei dem Gottesdienst zu seiner Amtseinführung umarmte Franziskus beim Austausch der Friedensgeste demonstrativ den Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios I. Zum ersten Mal seit dem Großen Schisma von 1054 - der Kirchenspaltung in römischen Katholizismus und orthodoxes Christentum - nahm ein Ökumenischer Patriarch an der Amtseinführung eines Papstes teil. Die Umarmung zwischen dem Papst und Bartholomaios gilt als wichtiges Zeichen für die Einheit der Christen.

Verweis auf Ratzingers Namenstag

Franziskus trug das gleiche einfache weiße Messgewand, das er bereits bei dem Gottesdienst in der Sixtinischen Kapelle nach der Papst-Wahl getragen hatte. Die Gläubigen auf dem Petersplatz zeigten sich vor allem von der Volksnähe des neuen Papstes begeistert, der vor Beginn der Messe wiederholte Male seinen Wagen anhalten ließ, um Menschen zu segnen. Ungeplanterweise stieg Franziskus - unter den sorgenvollen Blicken der Sicherheitsleute - aus dem Auto aus und umarmte einen körperlich Behinderten, der sich hinter den Absperrungen befand.

Papst Franziskus bekommt seinen Ring angesteckt

Reuters/Stefano Rellandini

Franziskus bekommt den Fischerring angesteckt

In seiner ersten öffentlichen Predigt als Papst unterstrich Franziskus ebenso „einfache“ Werte. Dabei hob er das Beispiel des heiligen Josef hervor, dem das kirchliche Hochfest am 19. März gewidmet ist. Der heilige Josef sei ein Beispiel für einen Menschen, der für seine Familie und für die Schöpfung Verantwortung übernimmt. Franziskus betonte, dass die Amtseinführung mit dem Namenstag seines Vorgängers Josef Ratzinger zusammenfalle, dem er für dessen Dienst zugunsten der Weltkirche dankte.

„Keine Angst vor Güte und Zärtlichkeit“

Franziskus appellierte an die Gläubigen, dem Beispiel des heiligen Josef zu folgen und die Geschenke Gottes zu behüten. Er appellierte an Menschen, die in Politik, Wirtschaft und im sozialen Bereich Spitzenpositionen besetzen, die Umwelt zu schützen. Man dürfe nicht zulassen, dass „Zeichen der Zerstörung und des Todes“ die Welt bedrohen. Um die Welt zu schützen, müsse der Mensch jedoch auch sein Herz reinigen: „Hass, Hochmut und Neid beschmutzen das Leben.“

Zugleich mahnte der Papst, man dürfe „keine Angst vor Güte und Zärtlichkeit“ haben. Zärtlichkeit sei ein Zeichen der Stärke. Auch der Papst müsse sich bei der Ausübung seines Amtes immer mehr den „bescheidenen und konkreten Dienst des heiligen Josef“ als Beispiel nehmen und „mit Liebe und Zärtlichkeit die gesamte Menschheit annehmen, besonders die Ärmsten, die Schwächsten, die Geringsten“. „Nur wer mit Liebe dient, kann beschützen“, sagte der Papst.

Dichtes Programm für den Rest der Woche

Benedikt XVI. verfolgte aus der päpstlichen Sommerresidenz in Castel Gandolfo den Gottesdienst zur Amtseinführung seines Nachfolgers. Auf dem Petersplatz reagierten die Pilger schließlich mit begeistertem Applaus auf den abschließenden Segen des neuen Papstes. Nach der Messe traf Franziskus die Vertreter der ausländischen Delegationen, die an der Messe teilgenommen hatten. 31 Staatsoberhäupter waren bei der Feier anwesend, darunter sechs gekrönte Häupter.

Dem Papst steht im Laufe dieser Woche noch ein intensives Programm bevor. Am Mittwoch begrüßt Franziskus Vertreter anderer christlicher Kirchen, die zu seiner Amtseinführung angereist sind. Am Freitag steht die erste Audienz des neuen Papstes für das beim Heiligen Stuhl akkreditierte Diplomatische Corps bevor. Am Samstag ist ein Treffen mit dem emeritierten Benedikt XVI. in Castel Gandolfo geplant. Am Sonntag findet um 9.30 Uhr auf dem Petersplatz die Palmsonntag-Messe statt. Danach folgt um 12.00 Uhr das Angelusgebet.

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