Kühl gerechnet
Sheryl Sandberg, die rechte Hand von Firmenchef Marc Zuckerberg beim Sozialen Netzwerk Facebook, hat sich einen Bärendienst erwiesen: Statt über ihr neues Buch „Lean In“ (etwa: Häng’ Dich rein) berichten Medien praktisch nur über ein Detail aus der Facebook-Welt, das sie im Zuge der PR für das Buch ausplauderte: dass das Herz der Facebook-Zentrale auf nur 15 Grad Celsius temperiert ist.
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Die frostigen Temperaturen in Zuckerbergs eigenem Büro und auch in Konferenzräumen der Facebook-Zentrale sind als Maßnahme zur Produktivitätssteigerung gedacht. Vor allem soll die Kälte das „Cybergammeln“ hintanhalten - also, dass Mitarbeiter Arbeitszeit mit Facebook, Twitter und anderen Ablenkungen verbringen. Ein wildes Pro und Kontra war die Folge: Die „Financial Times“ („FT“) etwa war indirekt voller Anerkennung für die Schaffung der „bösartig unbequemen“ Arbeitsumgebung.
Konzentration, kurze Meetings, Karrierevorteile
Die niedrigen Temperaturen seien zwar kein netter Zug, so „FT“-Kolumnistin Lucy Kellaway - aber effizient: Kälte helfe bei der Konzentration, und man arbeite härter, allein um sich vom eigenen Frieren abzulenken. Auch lange Meetings würden abgekürzt, führt sie ins Treffen. Überdies sei das unterkühlte Büro ein Vorteil bei Verhandlungen mit Firmenfremden: Die wüssten meist nicht, was sie erwartet, und seien deshalb - ohne die bei Facebook allgegenwärtigen Kapuzenpullis - zu leicht bekleidet und so vor lauter Frieren leichte Opfer.

Corbis/San Francisco Chronicle/Liz Hafalia
Sheryl Sandberg
Kellaway sieht in der Maßnahme zudem einen perfiden Trick, um Frauen auf der Karriereleiter auszubremsen, da diese unter kalten Temperaturen eher litten. Auch die BBC widmete sich dem Thema und führte dabei an, dass Zuckerbergs Taktik in den meisten Ländern überhaupt verboten wäre: In Großbritannien müssen Büros auf mindestens 16 Grad geheizt werden. In Österreich erlaubt das Arbeitsinspektorat bei Büroarbeit ein Spektrum von 19 bis 25 Grad, bei „hoher körperlicher Belastung“ dürfen die Räume aber auch nur zwölf Grad haben.
Gute Leistung erst bei 25 Grad?
Der britische „Guardian“ verdammte Zuckerbergs Ideen zur Mitarbeitermanipulation - zu denen auch jederzeit gratis verfügbare Snacks gehören, damit die Mitarbeiter nicht essen gehen „müssen“ - in Grund und Boden und führte akademische Gegenbeweise an: Eine sieben Jahre alte Studie der Cornell-Universität besagt aufgrund umfangreicher Studien in der Firmenzentrale einer US-Versicherung, dass die ideale Arbeitstemperatur in Büros bei 25 Grad liege.
Erst bei 25 Grad „Betriebstemperatur“ liege die mit tatsächlicher Arbeit verbrachte Zeit im Büro bei 100 Prozent, so die Studie. Ebenso sei die Häufigkeit von Fehlern bei dieser Temperatur am geringsten. In der Cornell-Studie wurde sogar der betriebswirtschaftliche Mehrwert ausgewiesen: Die höheren Heizkosten werden demnach durch die höhere Leistung der Mitarbeiter mehr als wettgemacht - konkret um zwei Dollar (1,60 Euro) pro Stunde und Mitarbeiter. Eine finnische Studie zum selben Thema siedelte die ideale Temperatur in Büros bei 22 Grad an.
Unhinterfragtes Sitzen
Ohnehin scheint Silicon Valley aber bereits einen Schritt weiter - nämlich überhaupt hinaus aus den Büros. Eine persönliche Marotte von Apple-Gründer Steve Jobs (1955 bis 2011) scheint demnach immer mehr Nachahmer zu finden, darunter auch Zuckerberg. Dabei werden vor allem Meetings zu Spaziergängen umfunktioniert. „Sitzen ist so weit verbreitet, dass wir es nicht mehr hinterfragen“, zitierte etwa das Magazin „Wired“ zuletzt aus einem Vortrag auf der letzten TED-Trendkonferenz im Februar. Sitzen sei „das neue Rauchen“.
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