Inferiore Informationspolitik
Auf Ungarns Autobahnen entspannt sich das Schneechaos langsam - in der Nacht auf Samstag konnten die letzten betroffenen Autofahrer in Sicherheit gebracht werden. Doch noch immer sind viele Straßen unpassierbar. Insgesamt waren Samstagfrüh in ganz Ungarn noch 130 Straßen gesperrt - 20 Ortschaften waren von der Außenwelt abgeschnitten. Nun wird Kritik am Krisenmanagement immer lauter.
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Während sich auch die letzten der über 24 Stunden festsitzenden Autofahrer auf den Heimweg machen konnten, wird in ungarischen Medien und Internetplattformen scharfe Kritik an den Behörden und insbesondere an Innenminister Sandor Pinter geäußert.
Die Behörden hätten viel zu spät gehandelt und die Menschen mehr als 24 Stunden lang ihrem Schicksal überlassen, so der Tenor. Auch habe man die Autofahrer nicht vor einer Sperre der Autobahn gewarnt, sondern sie stattdessen „blind“ in das Chaos fahren lassen, hieß es. Überhaupt sei mit der Sperre viel zu lange zugewartet worden.
Strecke Wien - Budapest blockiert
Bereits den dritten Tag in Folge war am Samstag die von Wien nach Budapest führende Autobahn M1 blockiert. Polizei, Armee und Katastrophenschutz hatten die bis zu 24 Stunden in ihren Fahrzeugen eingeschlossenen Menschen in der Nacht zum Samstag in Sicherheit gebracht - auch unter wesentlicher Hilfe österreichischer Einsatz- und Hilfskräfte.
Der Einsatz des Österreichischen Roten Kreuzes wurde um etwa 2.00 Uhr beendet. Insgesamt waren 138 Mitarbeiter und 51 Fahrzeuge im Einsatz", teilte das Rote Kreuz in der einer Presseaussendung mit. „Es wurden mehr als 800 Personen mit Nahrungsmitteln, Tee und Decken versorgt. 17-mal mussten wir medizinische Hilfe leisten.“ Die anderen Hauptverkehrsstraßen im Westen und Südwesten Ungarns, die seit Donnerstag nach Schneefällen, Schneeverwehungen und Unfällen blockiert waren, wurden inzwischen geräumt.

Reuters/Laszlo Balogh
Völliger Stillstand auf der Autobahn 20 Kilometer vor Budapest
Die Opposition hatte vor dem Einsatz der Panzer die Regierung wegen deren Untätigkeit scharf kritisiert, denn Meteorologen hätten Schnee und Sturm lange zuvor angekündigt. Auch das feiertagsbedingte erhöhte Verkehrsaufkommen sei zu erwarten gewesen, hieß es vielfach.
Panikstimmung auf der M1
Auf der M1 hatte förmlich Panikstimmung geherrscht, berichteten Medien. Viele Betroffene kritisierten die Untätigkeit der Behörden und bezeichneten das ungarische Heer als „Operettenarmee“, die nicht einmal Schneeopfer retten könne. Unter den eingeschlossenen Menschen befanden sich unter anderen Schwangere und Kleinkinder. Viele der Pkws waren in den Skiurlaub nach Österreich unterwegs. Doch drei Meter hohe Schneewände, Unfälle, Staus hätten das verhindert, schreibt das Onlineportal der Zeitung „Nepszabadsag“.
Bereits von Donnerstag auf Freitag saßen in Ungarn Tausende Menschen in ihren Fahrzeugen fest. 8.000 weitere waren in Notunterkünften untergebracht worden. Auch hier verlief die Informationspolitik nach Angaben der Betroffenen schleppend, vielfach sei nicht über die Möglichkeit, in Notunterkünfte zu übersiedeln, informiert worden. Bei wetterbedingten Massenkarambolagen wurden drei Menschen getötet und Dutzende weitere verletzt.

APA/EPA/Viktor Koppan
Dutzende Autos krachten am Donnerstag in Szabadbattyan ineinander, ein Mensch starb
ASFINAG stellte Schneeräumfahrzeuge
Hilfe für die eingeschneiten Autofahrer kam auch aus Österreich: Die ASFINAG unterstützte die Einsatzkräfte mit mehreren Schneeräumfahrzeugen. Darüber hinaus wurde mittels spezieller Räumfahrzeuge der Weg für einen Hilfskonvoi des Roten Kreuzes frei gemacht. „In so einer Situation ist es für uns selbstverständlich, rasch und unkompliziert zu helfen“, sagten die ASFINAG-Vorstände Alois Schedl und Klaus Schierhackl.
Schneeverwehungen, Unfälle und quer stehende Lkws brachten auch in Richtung Zagreb (M7) den Verkehr zum Erliegen. Ein weiteres Problem lag im Umstand, dass viele Betroffene aufgrund der langen Wartedauer in der Eiseskälte keinen Sprit mehr hatten. Der ÖAMTC nahm laufend Anrufe besorgter Angehöriger entgegen. Auf der M7 rutschten bei Nagykanizsa bereits am Donnerstagvormittag 41 Fahrzeuge ineinander. Wenige Stunden später wurden auf derselben Autobahn 77 Kilometer vor Budapest 47 Fahrzeuge in einen Massenunfall verwickelt. Ein Mensch kam dabei ums Leben, 40 weitere wurden verletzt.
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