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Einigung mehrerer Fraktionen

Der argentinische Kardinal Jorge Mario Bergoglio soll laut Medienberichten mit einer breiten Mehrheit von mehr als 90 Stimmen zum Papst gewählt worden sein. Nach Angaben der italienischen Tageszeitung „Corriere della Sera“ bildete sich im Konklave eine breite Front von Kardinälen, die die Wahl Bergoglios zum ersten lateinamerikanischen Papst in der Geschichte der Kirche ermöglicht habe.

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Bergoglios Wahl sei einer Einigung zwischen dem vatikanischen Staatssekretär Tarcisio Bertone, dem Kardinaldekan Angelo Sodano, der aus Altersgründen nicht am Konklave teilnehmen konnte, und dem Block US-amerikanischer Kardinäle unter der Leitung des New Yorker Erzbischofs Timothy Dolan zu verdanken, schrieb die Zeitung am Freitag. Diese Absprache habe die Wahl des Favoriten Angelo Scola verhindert.

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APA/AP/CTV

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Scola ging mit 40 Zusagen hinein

Der 71-jährige Mailänder Erzbischof Scola war laut Vatikan-Insidern mit der Zusage von etwa 40 Stimmen ins Konklave gegangen. Wegen der Opposition mehrerer italienischer Purpurträger konnte der gebürtige Lombarde laut „Corriere della Sera“ jedoch nicht das Quorum von 77 Stimmen erreichen, das für die Papst-Wahl erforderlich war. Zwar galt Scola als Kritiker der Kurie, trotzdem sei er offensichtlich nicht als unabhängig genug von Rom gesehen worden, um sich die Zweidrittelmehrheit zu sichern.

„Rebellion gegen Kurie“

Laut Vatikan-Insidern wurde das Konklave für die Wahl des Nachfolgers Benedikts XVI. zu einem heiklen Match, aus dem die progressiv orientierten Kardinäle als klare Sieger hervorgegangen seien. „Das Konklave rebelliert gegen die Kurie: Die römische Partei hat verloren“, kommentierte die Tageszeitung „La Repubblica“ die historische Wahl Bergoglios zum Nachfolger Petri.

Der Argentinier Bergoglio, der in den vergangenen Wochen selten in den Medien als möglicher Anwärter auf den Stuhl Petri genannt worden war, setzte sich überraschend auch gegen „Schwergewichte“ wie den Bostoner Erzbischof Sean O’Malley, Dolan und den Kanadier Marc Ouellet durch, die in den Medien immer wieder als Kandidaten mit beträchtlichen Erfolgsaussichten genannt worden waren. „Ich bin überrascht, dass sich die Kardinäle so rasch auf Bergoglios Kandidatur geeinigt haben“, kommentierte der irische Papst-Wähler Sean Brady.

Schönborn ging von Scola ab

Eine Rolle bei der Wahl Bergoglios könnte der Wiener Erzbischof Christoph Schönborn gespielt haben, den italienische Medien gern als Papst-Macher beschrieben haben. Vor Beginn des Konklaves hatte Schönborn behauptet, dass der neue Pontifex ein „Mann des Evangeliums“ und eine Person mit ausgesprochener Spiritualität sein müsse. „Wir wählen schließlich das Oberhaupt der katholischen Kirche, nicht den Vorstand einer Bank“, hatte Schönborn am Sonntag vor Journalisten betont.

Diese Eigenschaften entsprechen der bescheidenen Persönlichkeit Bergoglios bestens. „Die Weltkirche braucht frischen Wind, und letztlich haben auch die großen Befürworter von Scolas Kandidatur, darunter Schönborn und der Pariser Erzbischof Andre Vingt-Trois, beschlossen, auf Bergoglio zu setzen“, meinte der Vatikan-Insider Paolo Rodari.

„Von Anfang an starker Papabile“

Laut Schönborn ging Bergoglio allerdings von Anfang an als starker Kandidat ins Konklave für die Wahl eines Nachfolgers von Benedikt XVI. „Journalisten waren nicht eingestellt auf Bergoglios Namen. Ich kann dazu nur sagen, dass Bergoglio nicht beim fünften Wahlgang zum Papst gewählt worden wäre, wenn er nicht von Anfang an ein starker Papabile gewesen wäre“, sagte der Wiener Erzbischof am Donnerstag in Rom.

Die Wahl Bergoglios zum neuen Pontifex wurde von amerikanischen Papst-Wählern mit Enthusiasmus begrüßt. „Die Wahl eines südamerikanischen Papstes ist ein Meilenstein für unsere Kirche“, so Dolan. Der Präsident der brasilianischen Bischofskonferenz, Raymundo Damasceno, gab zu verstehen, dass Scola der große Verlierer dieser Papst-Wahl sei. „Scola hat nicht die notwendigen Stimmen erhalten. Die südamerikanischen Kardinäle schätzen Bergoglios Wert. Die Unterstützung vieler von ihnen hat sich auf ihn gerichtet“, so Damasceno.

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