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„Ein sehr freier Mensch“

Auf den 266. Papst wartet vom ersten Tag nach seiner Wahl an ein voller Terminkalender. Der Donnerstag begann für Franziskus mit einem einigermaßen improvisierten Ausflug zur römischen Papst-Basilika Santa Maria Maggiore. Hoffnungen von Schaulustigen, Touristen und Gläubigen, dabei einen Blick auf den neuen Papst werfen zu können, enttäuschte Franziskus allerdings.

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Der neue Papst verließ die Kirche durch einen Seitenausgang, um Journalisten zu meiden. Beim Verlassen der Kirche grüßte er einige Schüler, die ihm aus den Fenstern einer Schule vis-a-vis der Basilika winkten. Franziskus hatte die Basilika per Auto erreicht - entgegen seiner früheren Gewohnheit, öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen. Offenbar waren dafür Sicherheitsbedenken verantwortlich - das gesamte Stadtviertel auf dem Hügel Esquilino wurde abgeriegelt.

Wohnadresse Suite 201

Kurz nach dem Eintreffen des Papstes zum halbstündigen Gebet mussten andere Personen aus Sicherheitsgründen die Kirche verlassen. Da ihnen der Grund nicht mitgeteilt wurde, kam es zu einigen Protesten. Unter des Papstes Begleitern war auch Georg Gänswein, der dem päpstlichen Haushalt vorsteht. Er ist zugleich weiterhin Privatsekretär des vorherigen Papstes Benedikt XVI. In der Kirche sprach der Papst mit Beichtvätern. „Die Seelen der Gläubigen brauchen Eure Barmherzigkeit“, wurde er in italienischen Medien zitiert.

Kirche muss Gott im Blick behalten

Am Nachmittag kam Franziskus in der Sixtinischen Kapelle mit den 114 wahlberechtigten Kardinälen zusammen, die dort mit ihm an dem Konklave teilgenommen hatten. Der Gottesdienst „Per la Chiesa“ („Für die Kirche“) beendet offiziell das Konklave.

Franziskus warnte dabei die katholische Kirche davor, Gott aus dem Blick zu verlieren. Ohne die Verkündigung Jesu „werden wir eine mitleidige regierungsunabhängige Organisation“, sagte das Oberhaupt der katholischen Kirche am Donnerstagabend in seiner ersten Messe als Papst. „Wenn wir ohne das Kreuz voranschreiten, aufbauen und bekennen, dann sind wir keine Jünger des Herrn.“ In all dem gehe es um Bewegung, sagte Franziskus in seiner wenige Minuten langen und frei gehaltenen Ansprache. Diese Dinge seien aber nicht immer einfach, weil es immer auch Rückwärtsbewegungen gebe.

Papst Franziskus legt Blumen auf den Altar in der römischen Papst-Basilika Santa Maria Maggiore in Rom

APA/AP/L'Osservatore Romano

Der Papst beim morgendlichen Gebet in Santa Maria Maggiore

Schon in der Früh hatte Franziskus eine Messe zelebriert. Die Nacht davor hatte er in der Suite 201 im Gästehaus Santa Marta verbracht. Dort wird er wohnen, bis die päpstlichen Gemächer adaptiert sind. Sonderwünsche sind dabei kaum zu erwarten. Franziskus gilt als äußerst unkompliziert. Kardinal Christoph Schönborn schilderte etwa, dass der Papst nach der Wahl auf die Fahrt im eigenen Auto verzichtet und mit allen anderen Kardinälen einen Bus bestiegen habe. Beim gemeinsamen Abendessen soll er zu den Kardinälen scherzhaft gemeint haben: „Gott möge Euch vergeben, was Ihr getan habt!“

Gleich an seinem ersten Arbeitstag schrieb Franziskus am Donnerstag einen Brief an die jüdische Gemeinde in Rom. „Ich hoffe sehr, zum Fortschritt in den Beziehungen zwischen Juden und Katholiken beitragen zu können“, heißt es in dem auf der Website der jüdischen Gemeinde veröffentlichten Schreiben. Es müsse eine neue Atmosphäre der Kooperation geschaffen werden.

Schönborn glaubt an „Überraschungen“

Schönborn verwies am Tag nach der Wahl auch auf das Auftreten von Franziskus: Bewusst habe er bei seinem ersten Auftritt vor den Gläubigen auf sämtliche päpstliche Insignien verzichtet. Auch dass er sich zu allererst als Bischof von Rom vorgestellt habe, ist demnach als Zeichen für eine Begegnung mit den Gläubigen auf Augenhöhe zu sehen. Überhaupt sei Franziskus „ein sehr freier Mensch“ und werde „sicher noch manche Überraschungen bereithalten“.

Den nächsten großen Auftritt in der Öffentlichkeit wird Franziskus allerdings erst am Sonntag bei seinem ersten Angelusgebet auf dem Petersplatz absolvieren. Davor dominieren vor allem innerkirchliche Termine seinen Kalender. Am Donnerstagnachmittag steht eine Messe mit allen Kardinälen in der Sixtinischen Kapelle auf dem Programm. Ein anfangs offenbar ebenfalls für Donnerstag geplantes Treffen mit seinem Vorgänger Benedikt in dessen Residenz Castel Gandolfo soll laut Angaben von Donnerstag zu einem späteren Zeitpunkt stattfinden.

Franziskus „reist nicht gerne“

Am Samstag steht ein Treffen mit Journalisten auf dem Programm. Am Dienstag schließlich wird Franziskus mit einem feierlichen Gottesdienst offiziell in sein Amt eingeführt. Dabei wird er die Insignien der päpstlichen Macht erhalten, unter anderem das Pallium (eine Art Stola) und den Fischerring. Bei der Messe werden Delegationen aus der ganzen Welt und viele Staats- und Regierungschef anwesend sein. Am Tag danach wird statt der an sich geplanten ersten Generalaudienz ein Treffen mit Vertretern anderer Kirchen und Religionen vorgesehen.

Unmittelbar darauf beginnen die Osterfeierlichkeiten, die am Ostersonntag in der großen Messe auf dem Petersplatz und dem Segen „Urbi et orbi“ gipfeln. Die erste große Auslandsreise des neuen Papstes könnte ihn im Juli zum Weltjugendtag nach Rio de Janeiro in Brasilien führen. Wie jedoch Franziskus’ Vertrauter, Buenos Aires’ Weihbischof Eduardo Garcia, sagte, „reist Bergoglio nicht gerne“. Zwar seien Mission und Evangelisierung dem neuen Papst Anliegen, trotzdem werde er wohl kein „Papst, der reist“.

Koffer geholt, Zimmer bezahlt

In Rio werden dem Papst jedenfalls seine Portugiesischkenntnisse zugutekommen. Abgesehen davon spricht Franziskus fünf weitere Sprachen - neben seiner spanischen Muttersprache fließend Italienisch, Englisch, Französisch und Deutsch, wie der vatikanische Pressesprecher Pater Federico Lombardi am Donnerstag sagte. Außerdem berichtete er, Franziskus habe nach dem Gebet in Santa Maria Maggiore aus dem vatikanischen Gästehaus sein Gepäck abgeholt und sein Zimmer bezahlt, „um ein gutes Beispiel zu geben“.

Fußballfan und Tangotänzer

Als Eigenheit des neuen Papstes kann - angesichts seiner argentinischen Herkunft wenig verwunderlich - sein Faible für Fußball angeführt werden. Franziskus ist Vereinsmitglied Nr. 88.235 des argentinischen Erstligisten San Lorenzo de Almagro. Das Team und die Fans des von einem Salesianer gegründeten Vereins werden „santos“ (Heilige) genannt. Franziskus ist seit seiner Kindheit Fan von San Lorenzo. Sein Vater spielte Basketball im Verein, der in Boedo nicht weit von dem Familienhaus im Stadtteil Flores seinen Sitz hatte.

Aktiv widmete sich Bergoglio früher außerdem dem Basketballsport und in Maßen heute noch dem Schwimmsport, obwohl er seit dem 21. Lebensjahr immer wieder unter schweren Krankheiten litt, wegen derer ihm auch ein Teil der Lunge entfernt werden musste. Als Argentinier wird er zudem als leidenschaftlicher Tango-Tänzer beschrieben, jedoch „mit einer starken Neigung zur Milonga“. Dafür - ebenso wie zum Kochen, das er als Bischof noch regelmäßig selbst machte - wird ihm nun jedoch wohl wenig Zeit bleiben.

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