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Konservative gelten als geschwächt

Die römische Kurie geht als klare Verliererin aus der Papst-Wahl hervor. Die konservative Front der Kurienkardinäle, die Schlüsselpositionen im Vatikan kontrollieren, geht mit der Wahl des ersten lateinamerikanischen Papstes in der Geschichte der Kirche deutlich geschwächt aus dem Konklave hervor. Davon gehen Experten aus.

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Reformer gegen Kurie, Italiener gegen Nicht-Europäer: Laut Vatikan-Insidern ist das Konklave für die Wahl des Nachfolgers Benedikts XVI. zu einem heiklen Match geworden, aus dem die progressiv orientierten Kardinäle als klare Sieger hervorgegangen sind. „Das Konklave rebelliert gegen die Kurie: Die römische Partei hat verloren“, kommentierte die Tageszeitung „La Repubblica“ die historische Wahl des Argentiniers Jorge Mario Bergoglio zum Nachfolger Petri.

Scola als großer Verlierer

„Wer als Papst ins Konklave geht, kommt als Kardinal wieder heraus“, lautet ein altes römisches Sprichwort. Damit ist gemeint, dass der Kandidat mit den höchsten Chancen meist nicht gewählt wird. Das trifft besonders auf die Favoriten des Konklaves zu, die überraschend von einem Außenseiter besiegt wurden.

Vatikan-Insider hatten fest mit der Wahl des Mailänder Erzbischofs Angelo Scola gerechnet, nachdem seit 35 Jahren kein Italiener mehr zum Nachfolger Petri gewählt worden war. Der 71-jährige Scola war Gerüchten zufolge mit der Zusage von etwa 40 Stimmen ins Konklave gezogen. Wegen der Opposition mehrerer italienischer Purpurträger konnte der gebürtige Lombarde jedoch nicht das Quorum von 77 Stimmen erreichen, die für die Papst-Wahl erforderlich waren.

Zwar galt Scola als Kritiker der Kurie, trotzdem wurde er offensichtlich nicht als unabhängig genug von Rom betrachtet, um sich die Zweidrittelmehrheit zu sichern. Als alternativer Kandidat galt der Brasilianer Odilo Scherer. Doch der Eindruck ist, dass Scherer schon bei den ersten Wahlgängen an Boden verloren hatte, da ihn nicht alle brasilianischen Kardinäle unterstützen wollten.

Schönborn als Papst-Macher?

Der Argentinier Bergoglio, der in den vergangenen Wochen selten als möglicher Anwärter auf den Stuhl Petri genannt worden war, setzte sich überraschend auch gegen Schwergewichte wie den Bostoner Erzbischof Sean O’Malley, den New Yorker Kardinal Timothy Dolan und den Kanadier Marc Ouellet durch, die immer wieder in den Medien als Kandidaten mit beträchtlichen Erfolgsaussichten genannt worden waren.

Eine Rolle bei der Wahl Bergoglios könnte der Wiener Erzbischof Christoph Schönborn gespielt haben, den italienische Medien gern als Papst-Macher beschrieben haben. Vor Beginn des Konklaves hatte Schönborn behauptet, dass der neue Pontifex ein „Mann des Evangeliums“ und eine Person mit ausgesprochener Spiritualität sein müsse. „Wir wählen schließlich das Oberhaupt der katholischen Kirche, nicht den Vorstand einer Bank“, hatte Schönborn am Sonntag vor Journalisten betont.

Diese Eigenschaften entsprechen der bescheidenen Persönlichkeit Bergoglios bestens. „Die Weltkirche braucht frischen Wind, und letztlich haben auch die großen Befürworter von Scolas Kandidatur, darunter Schönborn und der Pariser Erzbischof Andre Vingt-Trois, beschlossen, auf Bergoglio zu setzen“, meinte der Vatikan-Insider Paolo Rodari.

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