Scharfe Kritik auch aus Österreich
Mit der Gleichsetzung von Zionismus und Faschismus anlässlich des Globalen Forums der Allianz der Zivilisationen in Wien hat der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan scharfe Kritik auf sich gezogen. Verurteilende Stimmen kamen aus Israel und den USA - auch die UNO distanzierte sich von den umstrittenen Äußerungen.
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Schauplatz für Erdogans Entgleisungen war die Wiener Hofburg, als er bereits Mittwochabend bei seiner Rede anlässlich einer UNO-Konferenz zur Förderung des Dialogs zwischen Religionen und Völkern über die Rolle der Religionen sprach.
Der Islam sei eine friedliche Religion, und die Interpretation des Krieges in Mali als „religiöser Gewalt“ sei falsch. Hass gegen Religionen sei zu ächten, führte er aus. „Darum sollten wir, ebenso wie Faschismus, Zionismus und Antisemitismus, auch Islamophobie als Verbrechen gegen die Menschlichkeit betrachten“, folgerte Erdogan und löste damit harsche Proteste und diplomatische Verstimmungen aus.
„Dachten, das gehört der Vergangenheit an“
Nach Durchsickern der Aussagen Erdogans folgte scharfe Kritik aus Israel: „Das ist eine dieser finsteren und verlogenen Äußerungen, von denen wir dachten, dass sie der Vergangenheit angehören“, erklärte Regierungschef Benjamin Netanjahu auf seiner Website.
Ähnlich äußerte sich ein Sprecher von UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon, der an der Veranstaltung teilnahm, bei dem Erdogan eine Rede gehalten hatte. Ban bedauere, dass solche „verletzenden und spaltenden Bemerkungen“ bei einem Treffen gemacht worden seien, bei dem es um verantwortliche Führung ging. Wenn die Übersetzung der Rede korrekt gewesen sei, „war es nicht nur falsch, sondern widerspricht den Prinzipien der Allianz der Zivilisationen“, fügte der UNO-Sprecher hinzu.

APA/Bundesheer/Peter Lechner
Erdogan zusammen mit Bundespräsident Fischer in der Wiener Hofburg
Treffen zwischen Erdogan und Kerry überschattet
Das Weiße Haus in Washington verurteilte diese Beschreibung des Zionismus als „beleidigend und falsch“. Die Äußerungen waren auch Thema beim Besuch Kerrys in Ankara. Kerry brachte nach seiner Ankunft gegenüber dem türkischen Außenminister Ahmet Davutoglu seine Bedenken bereits sehr direkt zum Ausdruck: „Wir sind nicht nur anderer Meinung“, so Kerry, „wir finden die Aussagen verwerflich.“ Eine Verbesserung der derzeit schlechten türkisch-israelischen Beziehungen sei nach dieser Rede „komplizierter“ geworden, fügte Kerry hinzu.
Kritik aus Außenministerium
Auch das österreichische Außenministerium bedauerte und kritisierte die Aussagen Erdogans am Freitag. „Diese Gleichstellung ist völlig inakzeptabel“, sagte Alexander Schallenberg, der Sprecher von Außenminister Michael Spindelegger (ÖVP). Die Aussage „steht in diametralem Widerspruch zu allem, wofür die Allianz der Zivilisationen steht, die von der Türkei mitbegründet wurde“, ergänzte Schallenberg.
Verhältnis zwischen Türkei und Israel angekratzt
Der NATO-Partner Türkei und Israel sind beide wichtige Verbündete Washingtons. Das Verhältnis zwischen Ankara und Jerusalem ist jedoch eisig, seit ein israelisches Militärkommando im Jahr 2010 bei einem Angriff auf ein türkisches Schiff einer internationalen Hilfsflotte für den palästinensischen Gazastreifen neun türkische Aktivisten getötet hatte. Die Flottille hatte die von Israel gegen den Gazastreifen verhängte Blockade durchbrechen wollen.
Neben dem diplomatischen Zerwürfnis zwischen der Türkei und Israel dürfte bei den Gesprächen Kerrys in Ankara der Bürgerkrieg in Syrien und die internationalen Sanktionen gegen den Iran wegen dessen Atomprogramm eine wichtige Rolle spielen. Die Türkei unterstützt die Kampagne der USA für einen Machtwechsel in Syrien.
Wenig Aufregung in Türkei
In der Türkei selbst schlägt Erdogans Sager keine besonders hohen Wellen. Neu ist nur, dass Israel auf dem internationalen Parkett verunglimpft wird. Innerhalb des Landes wird regelmäßig über „Israels Verbrechen“ und „Israels Unmenschlichkeit“ gewettert, und in Zusammenhang mit der Gaza-Blockade wurde von einem „Verbrechen“ gesprochen. Erdogan dürfte darauf aus sein, die Türkei weiter als Führungsmacht in der Region zu positionieren. Eines der Mittel ist dabei, die Israel-Schelte nicht dem Iran zu überlassen.
Gegenbewegung zum Antisemitismus
Der Zionismus kam im 19. Jahrhundert zunächst als eine Gegenbewegung zum Antisemitismus auf. Theodor Herzl gilt als Begründer und Vordenker des politischen Zionismus, dem er ein Programm gab. Der 1. Zionistenkongress in Basel forderte 1897 unter Herzls Vorsitz die „Schaffung einer gesicherten Heimstätte in Palästina“. Für Herzl war der Kongress die Geburtsstunde des jüdischen Staats.
Die Konferenz „Allianz der Zivilisationen“ tagte von Dienstag bis Donnerstag in Wien. Ziel der nach den Attacken vom 11. September 2001 gegründeten Allianz der Zivilisationen ist es, durch Arbeit mit Regierungen und der Zivilgesellschaft zur religiösen und kulturellen Toleranz beizutragen.
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