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„Niemand ist alleine, das hilft“

Viele Frauen kommen mit einem beklemmenden Gefühl ins Frauenhaus. Sie erwarten ein kaltes Wohnhaus mit wenig Platz und liebloser Betreuung. Auch die 27-jährige Agnieszka wusste nicht, was sie erwartet. „Aber es ist sehr schön, und ich kann alles fragen. Niemand ist hier allein, das hilft.“ Seit drei Wochen ist die Hochschwangere in einem Wiener Frauenhaus.

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„Ich fühle mich endlich sicher“, sagt Agnieszka (Name von der Redaktion geändert, Anm.). Sie lächelt und streichelt ihrer dreijährigen Tochter über den Kopf. Die gebürtige Polin ist im neunten Monat mit einem Buben schwanger. Die junge Mutter hat viel erlebt. Vor knapp einem Monat hatte sie nach einem Beratungsgespräch bei der Interventionsstelle einen Platz in einem Wiener Frauenhaus bekommen. Seitdem muss sie keine Angst mehr vor ihrem Partner haben, der sie psychisch und physisch misshandelte.

Zukunft der Kinder im Mittelpunkt

Die Ungewissheit über ihre eigene Zukunft, die der Tochter und des ungeborenen Sohnes erdrückte sie, bis sich Agnieszka entschloss, ihren Kindern ein Leben unter der Unberechenbarkeit eines alkoholkranken Vaters zu ersparen. Sie selbst wuchs mit einer Alkoholikerin als Mutter auf. „Wenn ich bleibe, tue ich das Gleiche meinen Kindern an“, sagt sie im Gespräch mit ORF.at.

Die junge Frau ist selbstbewusst, und aus ihren Augen strahlen Hoffnung und Lebensfreude. „Ich wusste, ich habe viele Möglichkeiten. Aber ich wusste auch, dass meine Zukunft davon abhängt, welche Entscheidungen ich jetzt treffe“, sagt die junge Mutter.

Kaum finanzielle Unterstützung

Die Hoffnung auf Arbeit zog Agnieszka von Polen nach Großbritannien. „Dann kam die Krise, und wir wollten es in Österreich versuchen“, erzählt die gebürtige Polin. Vor vier Jahren kam sie mit ihrem Freund nach Österreich. Auch hier schlugen sich die beiden mit Gelegenheitsjobs durch.

Für Migrantinnen sind die Möglichkeiten begrenzt. Schwangere und Mütter von Kindern bis zu zwei Jahre erhalten finanzielle Unterstützung vom Staat. Sobald die Kinder älter sind, sieht es trist aus. „Hier bekomme ich Hilfe und ich weiß, dass ich es schaffen kann", zeigt sie sich optimistisch.

Ende der Liebe als neue Chance

Am Tag des Besuchs von ORF.at im Frauenhaus zählt Agnieszka noch sechs Tage bis zum Entbindungstermin. Sie weiß nicht, was auf sie zukommt. Die Kleine könnte eifersüchtig auf ihr Brüderchen werden, aber das sei ein lösbares Problem, wie sie lächelnd sagt. „Der wichtigste und größte Schritt war, meinen Mann zu verlassen. Früher konnte ich ihm noch verzeihen und seine Versprechen, es würde sich alles ändern, glauben. Ich habe ihn geliebt. Deshalb hat die Entscheidung lange gedauert. Jetzt liebe ich ihn nicht mehr und bin stark.“

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