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Bodenständiger Philosoph

Er ist ein pragmatischer Linker mit wirtschaftlicher Kompetenz und erfahren im römischen Gerangel um Macht und Einfluss. Der Norditaliener Pier Luigi Bersani, Chef der Mitte-links-Partei Partito Democratico (PD; Demokratische Partei), galt stets als braver Parteisoldat, die Rolle des Favoriten war für den Ex-Kommunisten selbst ungewohnt.

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Bersani ist ein Mann des linken Establishments - ein bodenständiger, etwas paternalistischer und wenig charismatischer Politiker aus Bettola bei Piacenza in der Emilia-Romagna. Von Kollegen wurde der studierte Philosoph aus einfachen Verhältnissen - sein Vater war Tankstellenpächter - stets geschätzt, doch einen erfolgreichen Wahlkampf wollte ihm lange niemand so recht zutrauen.

Erste Lorbeeren als Minister

Erst Regionalpräsident im Norden, entwickelte sich Bersani zu einem der linken Hoffnungsträger in einem stark von Silvio Berlusconi geprägten nationalen Umfeld. Zwischen 1996 und 2008 sammelte Bersani dann unter drei Mitte-links-Regierungen als Minister für Industrie, Transport und Wirtschaft Erfahrungen und Lorbeeren, vor allem als Reformer und Liberalisierer. 2009 wurde er Chef der PD.

Pierluigi Bersani bei einer Rede

APA/AP/Gregorio Borgia

Bersani präsentierte sich im Wahlkampf als Antithese zu Berlusconi

In einer Urwahl setzte sich Bersani dann deutlich gegen den weit jüngeren Matteo Renzi als Spitzenkandidat durch. Einen Generationenwechsel gibt es also nicht. Bersani punktet mit einem ruhigen Auftritt. Zuverlässig will er wirken und die Wahlen auch nicht gewinnen, indem er den Italienern jetzt „Märchen“ erzählt. Auch nach außen gibt sich Bersani bescheiden- Sein Dienstauto ist ein alter BMW 3er.

„Mehr Fairness, mehr Rechte, mehr Jobs“

Das Mitte-links-Bündnis, zu dem noch eine Reihe kleinerer Parteien und Gruppen zählen, hat sich in den vergangenen zwölf Monaten zur ersten Kraft in Italien gemausert, verlor dann aber wieder wertvollen Boden an Berlusconis Mitte-rechts-Partei PdL (Popolo della Liberta/Volk der Freiheit).

Dem scheidenden Regierungschef Mario Monti zollte Bersani stets Respekt. Er habe Italien in der Welt wieder glaubwürdig gemacht, das sei unumkehrbar, hatte Bersani der Nachrichtenagentur dpa in einem Interview gesagt: Eine von seiner Partei geführte Regierung werde aber versuchen, „mehr Fairness, mehr Rechte und mehr Jobs zu schaffen“. Sonst bleibe das Land im Notstand.

Wachstumsspritzen, Kampf der Steuerhinterziehung, eine Steuerpolitik für mehr Beschäftigung und Jobs für die jüngere Generation trotz der Rezession - das waren die Wahlversprechen des proeuropäischen Bersani.

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