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Ministerin droht mit Lizenzentzug

Das deutsche Arbeitsministerium hat in Zusammenhang mit den katastrophalen Arbeitsbedingungen an deutschen Amazon-Standorten die deutsche Tochter der niederösterreichischen Leiharbeitsfirma Trenkwalder im Visier. Die Sonderprüfung, die bereits am Donnerstag eingeleitet wurde, betreffe Trenkwalder, bestätigte eine Sprecherin von Ministerin Ursula von der Leyen (CDU) der APA am Montagnachmittag.

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Von der Leyen hatte in der „Welt am Sonntag“ Aufklärung über die Arbeitsbedingungen beim Internetversandhändler Amazon gefordert. „Der Verdacht wiegt schwer, deswegen müssen jetzt so schnell wie möglich alle Fakten auf den Tisch“, hatte sie in der Zeitung gemeint und der betroffenen Leiharbeitsfirma sogar mit Lizenzentzug gedroht. Am Montag bestätigte das deutsche Arbeitsministerium, dass Von der Leyen damit Trenkwalder gemeint hatte. Was es genau bedeuten würde, wenn Trenkwalder in Deutschland die „Lizenz“ verlieren würde, sagte die Sprecherin nicht. Es gelte, was die Ministerin gesagt habe.

Prüfung ausschließlich bei Trenkwalder

Die Sonderprüfung wird von der Bundesagentur für Arbeit (BA) durchgeführt, Ergebnisse werden noch diese Woche erwartet. Es werde nur eine Firma, also Trenkwalder, geprüft, so das Arbeitsministerium. Trenkwalder will sich zu den Vorwürfen nicht äußern. Auf APA-Anfrage hieß es auch am Montag wieder, „dass wir zum jetzigen Zeitpunkt zu dem Thema ‚ARD Reportage Amazon‘ keinen Kommentar abgeben“.

Amazon war in den vergangenen Tagen in die Schlagzeilen geraten, weil eine ARD-Dokumentation über schlechte Arbeitsbedingungen von Saisonarbeitern aus dem Ausland bei dem Versandhändler in Deutschland berichtet hatte. Der deutsche Enthüllungsjournalist Günter Wallraff warf dem Konzern am Montag „grausamste Arbeitsbedingungen“ vor. Das betreffe vor allem Saison- und Leiharbeiter.

„Über Arbeiter wie Leibeigene verfügt“

„Über die Arbeiter wird verfügt wie über Leibeigene“, sagte Wallraff der Nachrichtenagentur dpa in Köln. Aus Zuschriften von Betroffenen gehe hervor, dass diese von Kameras überwacht, schon bei kleinen Verschnaufpausen zum Vorgesetzten zitiert würden und mit Repressalien rechnen müssten. In Einzelfällen durften Wallraff zufolge Medikamente, die etwa Diabetiker brauchten, nicht ins Lager mitgenommen werden.

Seinen umstrittenen Sicherheitsdienst hat Amazon in Deutschland mittlerweile gekündigt. „Amazon hat veranlasst, dass die Zusammenarbeit mit dem kritisierten Sicherheitsdienst mit sofortiger Wirkung beendet wird“, erklärte eine Amazon-Sprecherin am Montag und bestätigte damit einen Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ („SZ“).

Sicherheitsdienst mit Neonazi-Kontakt?

Die ARD hatte berichtet, ausländische Mitarbeiter von Amazon seien von dem Sicherheitsdienst H.E.S.S. auf Schritt und Tritt kontrolliert worden. Die Firma soll demnach Kontakte in die Neonazi-Szene haben. Mitarbeiter hätten Neonazi-typische Kleidungsmarken getragen, und der Geschäftsführer der Firma zeige sich auf Fotos im Internet mit verurteilten Rechtsextremen, berichteten die ARD-Journalisten. H.E.S.S. erklärte in einer Stellungnahme, es sei ein politisch und weltanschaulich neutrales Unternehmen und weise Verbindungen zum Rechtsextremismus zurück.

„Als verantwortungsvoller Arbeitgeber von rund 8.000 fest angestellten Logistikmitarbeitern hat Amazon eine Null-Toleranz-Grenze für Diskriminierung und Einschüchterung - und wir erwarten das Gleiche von allen Unternehmen, mit denen wir arbeiten“, hieß es am Montag vonseiten des Unternehmens. Weitere Fragen zu den Arbeitsbedingungen beantwortete Amazon zunächst nicht.

Verträge mit weiterem Dienstleister gekündigt

Der Konzern gab jedoch am späten Montagabend bekannt, dass man sich auch noch von einem weiteren Dienstleister trenne. Die betreffende Firma war unter anderem für die Unterbringung der in der Weihnachtszeit eingesetzten Zeitarbeiter verantwortlich. „Es ist uns eindeutig nicht gelungen, die Einhaltung unserer hohen Standards auch durch den Dienstleister, der für Unterbringung, Transport und den Einsatz der Sicherheitskräfte verantwortlich war, zu gewährleisten“, hieß es in einer Mitteilung der Münchner Firmenniederlassung.

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