EU erwägt dauerhafte DNA-Tests
Im europaweiten Pferdefleischskandal führt eine weitere Spur nach Deutschland. Der Liechtensteiner Partner der Supermarktkette Lidl, die Firma Hilcona, erklärte am Montag, die Rohware für das Produkt „Combino Tortelloni Rindfleisch“ sei vom deutschen Fleischlieferanten Vossko gekommen. Es enthalte undeklariertes Pferdefleisch.
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Das Nudelgericht war am Freitag vom Diskonter Lidl aus den Regalen entfernt worden. Die Firma Hilcona berief sich auf umfassende Untersuchungen in Schweizer Labors. „Die Analysen haben ergeben, dass der Lieferant Vossko aus Deutschland die falsch deklarierte Ware geliefert hat“, so das liechtensteinische Unternehmen. Hingegen sei von der zuvor ähnlich wie Vossko verdächtigten Schweizer Firma Suttero nur reines Rindfleisch an Hilcona geliefert worden.
„Combino Penne Bolognese“ mit Pferdefleisch
Zudem erhärtete sich der Verdacht, dass sich auch in dem vom Markt genommenem Produkt „Combino Penne Bolognese 750 Gramm“ des Herstellers Copack/Frosta Anteile von Pferdefleisch befinden. Das sagte ein Sprecher der Diskontkette Lidl zur APA. Das Produkt war erst am Montag als Angebot in die Regale des Marktes gekommen, aber gleich wieder vorsorglich aus dem Angebot genommen worden.
Eine Eigenuntersuchung habe nun den Verdacht auf Pferdefleisch bestätigt, sagte der Sprecher. Wie groß der Pferdefleischanteil ist, konnte der Lidl-Sprecher nicht sagen. Er betonte, dass wegen der kurzen Spanne, in der die Penne erhältlich waren, nicht allzu viele Packungen verkauft worden sein können.
Vossko untersucht Vorwürfe
Ein Sprecher der Firma Vossko aus Ostbevern in Nordrhein-Westfalen bestätigte, dass Hilcona die Zusammenarbeit mit Vossko aufgekündigt habe. „Wir lassen gerade durch zwei Labore Proben unserer vier Lieferanten von Rindfleisch aus den vergangenen neun Monaten untersuchen. Frühestens Dienstagabend werden wir erste Ergebnisse haben“, sagte ein Vossko-Sprecher der Nachrichtenagentur dpa. Bei den Lieferanten handle es sich um drei deutsche Partner und einen aus dem europäischen Ausland. Näheres wollte der Sprecher nicht sagen.
Über die exakte Herkunft des Fleisches sagt das aber auch noch nichts aus, denn laut dem Sprecher ist das Unternehmen ein „reiner Verarbeitungsbetrieb“. Vossko kaufe das Fleisch, zerkleinere und brate es und liefere es dann an Handel und Industrie eingefroren als Zutat für verschiedene Gerichte. Bei Hilcona im liechtensteinischen Schaan war für Lidl das Nudelgericht „Combino Tortelloni Rindfleisch“ unter dem Markennamen Gusto hergestellt worden. Darin hatten die österreichischen Gesundheitsbehörden Spuren von Pferdefleisch entdeckt.
Weitere Tortelloni-Charge mit Pferdefleisch
Das Wiener Marktamt wies auch in einer zweiten Lebensmittelprobe nicht deklariertes Pferdefleisch nach. Rund 20 Proben seien genommen worden, bei der zweiten beanstandeten Probe handelt es sich um eine andere Charge des bereits beanstandeten Produkts Tortelloni - mehr dazu in oesterreich.ORF.at.
AGES prüft 37 Fertiggerichte
Insgesamt 37 Proben von Fertiggerichten gingen bis Sonntag bei der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) in Wien ein. Sie werden auf Pferde-DNA untersucht. Erste Ergebnisse sollen im Laufe der Woche vorliegen, so die AGES. Die Proben werden im Rahmen der vom Gesundheitsministerium angeordneten Schwerpunktaktion „Fertiggerichte mit Rindfleisch – Untersuchung auf nicht deklarierten Pferdefleischanteil“ untersucht.
In Deutschland wurde unterdessen auch Pferde- und Schweinefleisch in Döner-Kebab nachgewiesen. In Österreich werden bisher jedoch nur Fertiggerichte überprüft. „Grundsätzlich sind Schwerpunktaktionen erweiterbar“, sagte Fabian Fußeis, Sprecher von Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ), am Montag der APA. Es werde diese Woche eine Evaluierung erfolgen, wenn es notwendig sei, werde die Aktion ausgeweitet.
Dauerhafte DNA-Tests für Fleisch möglich
Der für Gesundheit zuständige EU-Kommissar Tonio Borg schloss unterdessen eine dauerhafte Einführung von DNA-Tests für Fleisch auf EU-Ebene nicht mehr aus. Zunächst sollten die jetzt vereinbarten 2.250 DNA-Tests in allen EU-Mitgliedsländern „schnell einen Überblick über das gesamte Ausmaß des Pferdefleischskandals“ geben, sagte Borg der „Bild“-Zeitung (Montag-Ausgabe). Wenn sich zeige, dass die Tests notwendig seien, „um die Gesundheit der Verbraucher zu schützen, müssen wir über dauerhafte Pflichttests nachdenken“, sagte Borg.
Als Reaktion auf den Skandal hatte Brüssel am Freitag einen Aktionsplan verabschiedet. EU-weit sollen demnach 2.250 Proben einem DNA-Test unterzogen werden, etwa zehn bis 150 pro Mitgliedsland. Die Ergebnisse sollen der EU-Kommission bis Mitte April übermittelt werden. Der Aktionsplan soll nach Angaben der EU-Kommission „unverzüglich“ umgesetzt werden und sieht neben den Gentests auch Kontrollen auf das für den Menschen womöglich gefährliche Tiermedikament Phenylbutazon vor.
Immer mehr Produkte aus Regalen genommen
Der Skandal weitet sich unterdessen aus: Auch der deutsche Diskonter Aldi Nord wurde bei der Suche nach Pferdefleisch in Fertiggerichten fündig. In „Tiefkühl Penne Bolognese 750 g“ und „Gulasch 540 g Dose, Sorte Rind“ seien Anteile von Pferdefleisch nachgewiesen worden, teilte Aldi Nord am Montag in Essen mit. Schweizer Supermärkte nahmen am Montag sieben Produkte aus den Regalen, die undeklariertes Pferdefleisch enthalten sollen - dabei soll es sich ebenfalls um Hilcona- (bzw. Vossko)-Waren handeln.
In Deutschland hatten davor Edeka, Real, REWE und Kaiser’s Tengelmann sowie das Tiefkühlheimservice Eismann Lasagne-Produkte aus dem Handel genommen. REWE zog am Sonntag verdächtiges Chili con Carne und Spaghetti Bolognese aus dem Verkauf. Spuren von Pferde-DNA wurden auch in einem in Deutschland produzierten Dosengulasch nachgewiesen. Aldi Süd nahm Rindsgulasch und Ravioli Bolognese aus dem Handel.
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