„Weil anscheinend kein anderer da ist“
John McClane (Bruce Willis) ist oft zur falschen Zeit am falschen Ort. Zumindest in seiner eigenen Wahrnehmung. Aus Sicht mehrerer US-Städte und mittlerweile auch Russlands ist dieses schlechte persönliche Management alles andere als ein Nachteil: Immerhin konnte der Polizist damit schon so manchen Terroranschlag vereiteln.
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Auch für den Status der „Stirb Langsam“-Serie in der Filmgeschichte ist McClanes Pech wichtig: Als der Filmcharakter vor 25 Jahren das erste Mal seinen berühmten Schlachtruf „Yippie-Ya-Yeah Schweinebacke“ loswerden durfte, stand er für eine völlig neue Generation des Actionhelds.
Bis dahin waren es quasi unverwundbare Kampfmaschinen, Übermenschen ohne wirkliches Identifikationspotenzial, die mit ihren bösen Widersachern aufräumten ohne wirkliches Privatleben und Schmerzempfinden. Ganz anders Bruce Willis als geerdeter Polizist McClane: Es geht ihm weder um das große Ganze, noch ist er auf einer Mission - und vor allem will er keinesfalls ein Held sein. Er macht den Job nur, „weil anscheinend kein anderer da ist“, wie McLane resignierend im vierten Teil feststellt.
Der Actionfilm als Kammerspiel
Dabei erweitert er sein Spielfeld von Folge zu Folge: Im ersten Teil (1988, Regie: John McTiernan) räumt McClane kammerspielartig zwischen ein paar Stockwerken eines Hochhauses mit den Terroristen auf, bevor er Oberbösewicht Hans Gruber aus dem 32. Stock des „Nakatomi Plaza“ schmeißt. Die Einheit des Orts wurde unter anderem in „Speed“ (1994) und „Air Force One“ (1997) übernommen, die Rolle des Underdog-Helden durfte Willis auch in „Last Boy Scout“ (1991) und „Tödliche Nähe“ (1993) geben.
In „Stirb Langsam 2“ („Die Harder“, 1990, Regie: Renny Harlin) ist es immerhin schon das Gelände eines gesamten Flughafens inklusive einer alten Kirche, auf dem sich McClane austoben darf. Noch immer gilt zwar: kaum digitale Tricks - dafür aber viel mehr Special Effects und aufwendigere Stunts. Privat ist es anscheinend zwischen Teil eins und zwei aufwärts gegangen: McClane wird als nationaler Held auf dem Flughafen erkannt, seine Frau scheint ihm gewogener als vor den Ereignissen im „Nakatomi Plaza“.
Die Rache des Bruders
In „Stirb Langsam - jetzt erst recht“ („Die Hard with a Vengeance“, 1995, Regie: McTiernan) kommt McClane trotz seiner vorherigen Erfolge fertiger denn je zurück: hart an der Grenze zum Alkoholiker, von der Frau verlassen und vom Dienst suspendiert. Trotzdem ist er nur indirekt zur falschen Zeit am falschen Ort. Der Böse ist nämlich der Bruder des im ersten Teil letal abgegangenen Hans Gruber, Simon Peter Gruber (Jeremy Irons). Der nennt sich, um es noch komplizierter zu machen, Peter Krieg und fordert explizit McClane als Verhandlungspartner.
Obwohl es (entgegen der Tradition von Teil eins und zwei) nicht Weihnachten ist, fügt er sich seinem Schicksal und rettet gemeinsam mit dem Taxifahrer Zeus (Samuel L. Jackson) neben den Kindern einer New Yorker Volksschule auch die Goldreserven der Federal Reserve Bank.
Rückkehr am Independence Day
Zwölf Jahre später, am Independence Day, taucht McClane aus der zwischenzeitlichen Versenkung wieder auf, um in „Stirb Langsam 4.0“ („Live Free or Die Hard“, Regie: Len Wiseman) Cyberterroristen zu jagen. In Zeiten des Internetverbrechens müssen sich eben auch altgediente Heldencops umstellen. Beruflich läuft es für den Cop mittlerweile ganz gut, privat weiterhin eher durchwachsen: Von seiner Frau ist er mittlerweile geschieden, und seine Tochter Lucy ignoriert ihn.
Zwar darf Willis erneut den widerborstigen Retter mimen - statt guter alter Actionfilm-Gewalt besteht der vierte Teil hauptsächlich aus recht unrealistischen Spezialeffekten aus dem Computer. Willis ist zwar wieder mit vollem Körpereinsatz dabei, aber doch deutlich gealtert, wie er selbst eingestand. Man pralle eben nicht mehr so elegant vom Asphalt ab wie früher. Doch die Anstrengung hat sich gelohnt, und McClane setzt sich gegen die Hacker durch („Ich bin vielleicht nicht so smart wie ihr, aber ich bin noch am Leben“), die Welt ist gerettet, und Lucy bewundert ihn auch wieder.
Vater-Sohn-Reunion in Russland
Nach der Tochter kommt dann Sohn Jack. In „Stirb Langsam 5 - Ein guter Tag zum Sterben“ („A Good Day to Die Hard“, 2012, Regie: John Moore) steckt der nämlich als Agent in Moskau in Schwierigkeiten, und McClane muss in Russland aktiv werden. Ganz im 1980er-Jahre-Stil ist der Film eine Ansammlung antirussischer Ressentiments, chauvinistischer Sprüche und ein absurder Showdown in Tschernobyl. Gemischt mit der Arbeit von rund 200 Special-Effects-Technikern ist „Stirb Langsam“ schneller, lauter und bombastischer. Ob das gut ankommt, wird sich weisen - die internationale Kritik fiel eher durchwachsen aus.
Mit Teil eins und zwei hat „Stirb Langsam“ neue Standards im Actionfilm gesetzt. Seit Teil drei sind es eher das Wiedersehen mit einem liebgewonnenen Helden und der Spaß an seinen oft selbstironischen Meldungen, die den Erfolg der Serie ausmachen. Die Zeiten des blutigen Unterleiberls sind für McClane offenbar noch nicht vorbei. „Ich habe gehört, eine Gruppe Bösewichte hängt auf den Seychellen herum“, witzelte der 57-jährige Willis vor der Premiere von „Stirb Langsam 5“ - „wir sollten dorthin fahren und uns bräunen lassen.“
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