McClane lässt es wieder krachen
Als Meilenstein in der Geschichte des Actionkinos ist die „Stirb Langsam“-Reihe mit ihrem Helden John McClane längst Kult. Zum Bersten voll mit Pyrotechnik, gestählten Muskeln und frechem Grinsen geht es den Schweinebacken im fünften Teil der Serie wieder an den Kragen.
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John McClane ist eine Genre-Ikone. Als er vor 25 Jahren zum ersten Mal in Gestalt von Bruce Willis auf der Leinwand auftaucht, revolutioniert das „Stirb Langsam“-Konzept die Gesetze des Actionfilms. Hier ist kein wortkarger Rächer a la Mad Max am Werk, sondern ein durchschnittlicher Mann aus Fleisch und Blut, der alles andere als perfekt ist. Immer im Clinch mit den Autoritäten und auf dem Prüfstand in seiner Familie, gerät er ungewollt in die haarsträubendsten Schwierigkeiten.
Nicht auf den Mund gefallen
Meist zur falschen Zeit am falschen Ort, schießt sich der unbequeme Cop in den vier bisher erschienenen „Stirb Langsam“-Teilen stets mit einem coolen Spruch („Yippie-ya-yay, Schweinebacke!“) auf den Lippen seinen Weg über die Leinwand frei. Im ersten Teil beschränkt sich sein Aktionsradius noch auf einen Wolkenkratzer, der von Gangstern gestürmt wird, jetzt, im fünften Teil mit dem etwas holprigen deutschen Titel „Stirb Langsam - Ein guter Tag zum Sterben“, verlässt McClane erstmals die USA und reist nach Russland, um seinen entfremdeten Sohn Jack nach Hause zu holen.

2013 Twentieth Century Fox
Jack ist wenig begeistert, seinen Vater wiederzusehen.
Zwei Amerikaner in Moskau
Sichtlich gealtert und scheinbar nicht mehr so hitzköpfig wie früher, wird der berühmt-berüchtigte New Yorker Polizist in Moskau schnell fündig. Es stellt sich heraus, dass Jack nicht - wie befürchtet - als Drogendealer oder Kleinkrimineller Karriere gemacht hat, sondern als Spion für die CIA arbeitet. John ist davon wenig beeindruckt und nennt ihn belustigt den „007 von Plainfield, New Jersey“. Jack ist nicht gerade begeistert, seinen Vater wiederzusehen. Nachdem sich dieser in der Kindheit zu wenig um ihn gekümmert hat, will er nichts mehr mit ihm zu tun haben. Schon gar nicht während einer Mission, die von höchster nationaler und internationaler Brisanz ist.
Das Regierungsmitglied Komarov soll als Zeuge aussagen, um den Amtsantritt des korrupten Politikers Chigarin zu verhindern. Doch Chigarins Leute lassen nichts unversucht, um Komarov, der von Jack beschützt werden soll, aus dem Weg zu räumen. Nachdem John sich nicht davon abhalten lässt, seinem Sohn bei dem Auftrag zu helfen, haben es die Russen plötzlich mit zwei Amerikanern zu tun, die nicht abzuschütteln sind. Vater und Sohn kennen nur ein Ziel: es den Schweinebacken so richtig zu zeigen. Zum Showdown kommt es am trostlosesten Ort Osteuropas - in Tschernobyl.

2013 Twentieth Century Fox
Der Apfel fällt nicht weit von der nächsten Explosion
Old-School-Held mit Hightech-Action
Den ganzen Film über wird das fortgeschrittene Alter des einst so knackigen Actionhelden thematisiert. Kollegen loben ihn inzwischen mit den Worten „Gar nicht schlecht für einen alten Mann“, sein Sohn bezeichnet ihn als „old school“, und der gleichaltrige Komarov ächzt, als sie während einer Verfolgungsjagd mit dem jungen Jack mithalten wollen: „Weiß er, in welchem Alter wir sind?“ Bruce Willis befindet sich in diesem Kinojahr in guter Gesellschaft, was Leinwandcomebacks alternder, schießwütiger Herren angeht. Auch Arnold Schwarzenegger („The Last Stand“) und Sylvester Stallone („Shootout - Keine Gnade“) sind 2013 im Kino zu sehen.
Der Action in „Stirb Langam - Ein guter Tag zum Sterben“ tut die Patina des Protagonisten freilich keinen Abbruch. Im Gegenteil, der Film bietet Explosionen, Verfolgungsjagden, Schusswechsel, Helikopterabstürze und geschrottetete Autos ohne Ende. Immer fliegt irgendetwas in die Luft, und die Kameras scheinen mittendrin zu sein. Über 50 Stuntmen kamen während der Dreharbeiten zum Einsatz, ebenso viele Sets wurden aufgebaut und wieder zerstört. Der pittoreske Ballsaal etwa, ein Schauplatz, der mehrere Monate lang aufgebaut wurde, wurde in nur einer Woche im Zuge eines wüsten Feuergefechts wieder dem Erdboden gleichgemacht. Während dieses Kampfes werden die McClanes von Hubschraubern beschossen, die über dem Ballsaal kreisen - für Actionfans ein beeindruckendes Destruktionsspektakel.

2013 Twentieth Century Fox
Bruce Willis als John McClane: Knallhart, aber immer zu Scherzen aufgelegt
Unterhaltung mit Witz und Charme
Typisch für die „Stirb Langsam“-Serie ist der trockene Humor, der den Hauptfiguren auch während des wildesten Schusswechsels nicht vergeht. So kommt es in den unpassendsten Momenten immer wieder zum verbalen Schlagabtausch zwischen Vater und Sohn, der einen angesichts der Hitze des Gefechts schmunzeln lässt. Überhaupt gibt es in der Darstellung dieser problematischen Vater-Sohn-Beziehung einige Momente der Rührung, die das „Stirb Langsam“-Franchise erst zu dem machen, was es ist, und ihm neben dem Unterhaltungswert auch den gewissen Charme verleihen.
Zu viel Gewalt?
Die ewige Diskussion über Gewaltverherrlichung in Actionfilmen wird auch diesmal wieder aufflammen. Als er seinen Film in Berlin vorstellte, meinte Bruce Willis dazu: „Solche Filme sind nur Unterhaltung. Ich glaube, dass Menschen wegen völlig anderer Dinge verrückt oder gewalttätig werden. Es gibt einen riesigen Unterschied zwischen dem, was in der Welt passiert, und dem, was in einem Unterhaltungsstück passiert.“
Im fünften Teil von „Stirb Langsam“ geht jedenfalls am Ende die Sonne über Tschernobyl auf, und die testosterongeschwängerte Luft macht einem neuen Tag Platz. John McClane kommt - oh, Überraschung! - nach Hause zu seiner Familie, und man kann sicher sein, dass er noch nicht vorhat, in Pension zu gehen.
Sonia Neufeld, ORF.at
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