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„Zutiefst destabilisierend“

Der Atomstreit mit Nordkorea eskaliert: Genau zwei Monate nach seinem international verurteilten Raketenstart hat das kommunistische Land einen dritten Nukleartest unternommen. Der vorher angekündigte Atomtest wurde weltweit scharf kritisiert.

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Doch das stalinistische Regime in Nordkorea stellte den Atomtest als reine „Selbstverteidigungsmaßnahme“ gegen US-Drohungen dar. Der Test verletze daher auch keine internationalen Gesetze, so Pjöngjang. Man werde sich „niemals völlig unvernünftigen Resolutionen“ unterwerfen.

Und es setzte noch eine Drohung nach: Der Atomtest sei „die erste Antwort“ auf - nicht näher erläuterte - US-Drohungen gewesen, und man werde „zweite und dritte Maßnahmen von größerer Intensität“ folgen lassen, wenn die USA ihre feindliche Haltung nicht aufgäben, so Pjöngjang. Wenn die EU wirklich Frieden und Sicherheit auf der koreanischen Halbinsel wolle, müsse sie zuerst die USA drängen, ihre „feindselige Politik gegenüber Nordkorea“ zu beenden.

„Angemessene Maßnahmen“ angekündigt

Bei den Vereinten Nationen und allen fünf ständigen Mitgliedern des UNO-Sicherheitsrats (USA, Russland, China, Frankreich und Großbritannien) stieß der Test auf ebenso scharfe Kritik wie bei der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), der EU und der NATO. Der UNO-Sicherheitsrat verurteilte den nordkoreanischen Atomtest im Rahmen einer Sondersitzung scharf. Nordkorea habe mit seiner Provokation gleich mehrere Resolutionen des Gremiums verletzt.

Das mächtigste UNO-Gremium kündigte an, sofort mit der Arbeit an einer neuen Resolution zu beginnen, die „angemessene Maßnahmen“ beinhalten werde. Die Antwort werde „rasch, glaubhaft und stark“ ausfallen, sagte die amerikanische UNO-Botschafterin Susan Rice, die von einer „extrem bedauerlichen Handlung“ sprach. „Wir beabsichtigen, die Sanktionen weiter auszuweiten.“ Erst im Jänner hatte der Rat mit einer Resolution die bereits bestehenden Sanktionen gegen Nordkorea ausgeweitet.

USA wurden vorgewarnt

Unterdessen wurde bekannt, dass die US-Regierung vor dem Atomtest eine Vorwarnung Nordkoreas erhielt. Die Regierung in Pjöngjang habe das US-Außenministerium über ihre Absicht informiert, einen solchen Versuch zu starten, sie habe aber keinen genauen Zeitpunkt genannt, sagte eine Sprecherin des US-Außenministeriums am Dienstag in Washington.

Protestierende Südkoreaner

APA/AP/Lee Jin-man

Proteste in Südkorea gegen den Atomtest des nördlichen Nachbarn

UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon kritisierte den Test als schweren Verstoß gegen geltende Resolutionen des Sicherheitsrats. Ban zeigte sich äußert besorgt über die negativen Auswirkungen „dieses zutiefst destabilisierenden Akts“ auf die regionale Stabilität und die weltweiten Bemühungen um die Nichtweiterverbreitung von Atomwaffen.

China in Zwickmühle

Für China wird der Verbündete Nordkorea immer mehr zu einer schwer kalkulierbaren Belastung. Peking will zwar keine Atommacht an seiner südlichen Grenze, doch fürchtet es zugleich den Sturz des Regimes und den dann drohenden Zerfall des Pufferstaates Nordkoreas.

Scharfe Reaktion aus China

Ungewöhnlich scharf fiel die Reaktion von Nordkoreas engstem Verbündeten China aus: „Die chinesische Regierung drückt ihren energischen Widerspruch aus“, so das Außenministerium in Peking am Dienstag. „Wir fordern die nordkoreanische Seite dringend auf, sich an ihre Verpflichtung zur Denuklearisierung zu halten und keine weiteren Aktivitäten durchzuführen, die die Situation verschlimmern könnten.“ China unterstütze weiter die derzeit unterbrochenen Sechsparteiengespräche, die ein Ende des nordkoreanischen Atomwaffenprogrammes herbeiführen sollen. Pjöngjang hatte jedoch die Gespräche für beendet erklärt.

US-Präsident Barack Obama sprach in einer vom Weißen Haus verbreiteten Stellungnahme von einer „höchst provokativen Aktion“ und einer Gefahr für den Weltfrieden. Der Test erfolgte nur wenige Stunden vor der geplanten Rede Obamas zur Lage der Nation. Auch Russland schloss sich der Kritik am Verhalten Nordkoreas an. Das Verteidigungsministerium in Moskau kündigte eine Prüfung der Lage in seiner Grenzregion zu Nordkorea an.

EU will „geschlossene Antwort“

Die EU verurteilte den Test ebenfalls scharf. „Dieser Test ist eine weitere krasse Herausforderung des weltweiten Regimes der Nichtverbreitung von Atomwaffen und eine eindeutige Verletzung der internationalen Verpflichtungen Nordkoreas“, hieß es in einer Erklärung der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton. Die EU wolle mit ihren Partnern eine „nachdrückliche und geschlossene Antwort“ erarbeiten, um Nordkorea deutlich zu machen, „dass die ständige Verletzung von Resolutionen des UNO-Sicherheitsrates Folgen hat“.

Frankreichs Präsident Francois Hollande verlangte von Pjöngjang, sein Atomprogramm vollständig zurückzufahren. Der britische Außenminister William Hague sprach von einer „Bedrohung der internationalen Sicherheit und der Sicherheit in der Region“. Außenminister Michael Spindelegger (ÖVP) verurteilte den Test ebenfalls „aufs Schärfste“ und konzedierte Pjöngjang, sich damit „noch tiefer ins internationale Abseits“ zu stellen. Japan kündigte eine Verschärfung seiner Sanktionen gegen das Nachbarland an. Südkorea berief wie Japan den nationalen Sicherheitsrat ein. Die Streitkräfte Südkoreas wurden in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt.

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