Anwalt: Nur mittelbarer Schaden
Der Hauptangeklagte im Telekom-Austria-Prozess, Ex-Festnetzvorstand Rudolf Fischer, hat am Montag über seinen Anwalt Wolfgang Brandstetter vor Gericht ein Teilgeständnis abgelegt - allerdings nur über einen Betrag 500.000 Euro von dem angeklagten Untreuevorwurf über mehr als zehn Mio. Euro.
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Eine Zahlung an den Broker Johann Wanovits über 500.000 Euro habe Fischer eingestanden und mittlerweile auch zurückgezahlt. Das sei in seiner Verantwortung geschehen „und das tut ihm auch leid“, sagte der Verteidiger in Beantwortung der Anklage. Der Schaden durch das Mitarbeiterprämienprogramm könne aber nicht als Untreueschaden betrachtet werden, denn er sei nur eine Art „mittelbarer Schaden“ und nicht unmittelbar durch rechtsgeschäftliche Handlung des Angeklagten hervorgerufen, so Brandstetter. Das sei nämlich die Voraussetzung für Untreue.

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Die ehemaligen TA-Manager Colombo und Fischer vor Gericht
Die Vorwürfe der Anklage
Neben Fischer stehen der damalige Vorstand der Telekom Austria (TA), Heinz Sundt, Ex-Finanzvorstand Stefano Colombo, der frühere TA-Manager Josef Trimmel und Wanovits vor Gericht. Die Anklage wirft ihnen Untreue vor, es drohen bis zu zehn Jahre Gefängnis. Für alle Angeklagten gilt die Unschuldsvermutung. Wanovits soll mittels Geldern der TA bestochen worden sein, um den Kurs der TA-Aktie im Februar 2004 hochzutreiben, damit ein Mitarbeiteraktienoptionsprogramm ausgelöst wurde, so der Vorwurf.
„Werden uns halt irgendwie erkenntlich zeigen“
Es habe keine verbindliche Vereinbarung zwischen dem TA-Vorstand und dem Broker Wanovits zur Zahlung einer Prämie gegeben, so Fischers Verteidiger. Fischer habe damals an einen möglichen Auftrag oder ein Gegengeschäft für den hilfreichen Broker gedacht, aber „Wanovits hätte zu diesem Zeitpunkt nichts einklagen können“. Fischer habe gemeint, „für den Fall, dass Wanovits das zustande bringt, werden wir uns halt irgendwie erkenntlich zeigen“.
Dass Wanovits später tatsächlich eine Zahlung von 500.000 Euro aus TA-Geld erhielt, sei demnach eine „rechtsgrundlose“ Zahlung gewesen, „das ist Untreue, selbstverständlich“, meinte der Verteidiger. Dafür werde sich sein Mandant auch verantworten. „Das hat Fischer zugestanden, das tut ihm auch leid, das hat er auch zurückgezahlt“, so Brandstetter. Mehr könne sein Mandant nicht tun.

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Rudolf Fischer und Heinz Sundt im Jahr 2000
Fischer: Kurspflegeidee von Trimmel und Schieszler
Konkrete Gespräche zu diesen Geschäften habe es nicht gegeben, dazu sei die Zeit kurz vor dem Auslaufen des Aktienbonusprogrammes im Februar 2004 zu knapp gewesen, so Fischer weiter. Kontakt zu Wanovits habe er lediglich ein einziges Mal gehabt, so der Angeklagte. Die Idee, den Kurs mittels Aufkäufen zu „pflegen“, hätten die Bereichsleiter Trimmel und Schieszler gehabt. Wer bei der Besprechung damals dabei war, konnte er nicht mehr sagen. Der damalige Mobilkom-Chef Boris Nemsic soll jedenfalls nicht anwesend gewesen sein.
Dass er persönlich durch das Bonusprogramm eine Vergütung von deutlich über 300.000 Euro bekommen habe, relativierte Fischer. Unterm Strich seien ihm lediglich rund 30.000 Euro übrig geblieben. Wer das „Go“ zur Kurspflege durch Wanovits gegeben hatte, wusste Fischer nicht mehr.
„Haben jedes Quartal Kurspflege betrieben“
Dass die „Kurspflege“ im Geheimen stattfand und auch nicht die Finanzmarktaufsicht informiert wurde, erklärte Fischer am Montag mit der schlechten Optik, die die Pflege haben könnte. Aber das Thema werde ohnehin überbewertet. „Wenn Sie es ganz streng nehmen, dann haben wir jedes Quartal Kurspflege betrieben.“ Auf Nachfrage räumte er aber ein, dass ihm kein Fall bekannt sei, dass man einem Investor ein Gegengeschäft angeboten habe.
Fischer versuchte, sich von den Aktiengeschäften des Brokers Wanovits mit der TA-Aktie so weit wie möglich zu distanzieren: „Wanovits hatte keinen Auftrag von uns, er hat es auf eigenes Buch und eigene Rechnung durchgeführt“, so der Beschuldigte mehrmals. „Es gab ein Einverständnis: Wenn einer hilft, dann hilft man ihm auch“.
„Direktes Gegengeschäft war nicht möglich“
Staatsanwalt Wandl hakte nach: Als der Kurssprung der TA-Aktie im Aufsichtsrat thematisiert wurde, habe Generaldirektor Sundt diesen damals mit einer neuen Gewichtung der TA-Aktie begründet. Warum habe Fischer den Aufsichtsrat nicht über die wahre Ursache, die Aktiengeschäfte von Wanovits, informiert? „Wir haben ja nichts Rechtswidriges getan“, verteidigte sich Fischer. Außerdem sei es nicht seine Aufgabe als Technikvorstand gewesen, den Aufsichtsrat zu informieren. Ein direktes Gegengeschäft mit Wanovits sei wegen der FMA-Untersuchung nicht mehr möglich gewesen, meinte Fischer. Die 500.000 Euro für Wanovits seien dann in einem Auftrag an den Lobbyisten Peter Hochegger „versteckt“ gewesen.

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Gernot Schieszler, hier auf einem Bild von 2011, arbeitet mit der Justiz zusammen
Schieszler „ehrgeiziger“ junger Mann
Warum damals nur er und nicht auch noch ein zweiter Vorstand unterschrieben habe, könne er sich heute nicht mehr erklären, so Fischer. Dass es dann zu Bargeldflüssen an den Broker kam, damit hätte er nie gerechnet. Eigentlich habe er erwartet, dass Wanovits einen Subauftrag von Hochegger bekäme. Die Studie, die Hochegger damals der TA lieferte, habe er selber nie gelesen.
Kontaktpersonen zu Wanovits seien der mitangeklagte Trimmel und Gernot Schieszler gewesen. Schieszler sei ein „ehrgeiziger“ junger Mann, der seine Karriere im Blick gehabt habe, meinte Fischer. Das Bonusprogramm für die TA-Mitarbeiter - und daher auch seine eigene Prämie - seien rechtmäßig zustande gekommen, meinte Fischer. Ergo habe er seine Prämie (über 390.000 Euro laut Anklage) bis heute nicht zurückgezahlt.
Sundt und Colombo: Nicht schuldig
Die Verteidiger der Angeklagten sehen den Sachverständigen Matthias Kopetzky als befangen an. Er sei bereits im Ermittlungsverfahren beigezogen gewesen und trete hier als Zeuge der Anklage auf, wodurch er nicht unvoreingenommen agieren könne. Der Antrag wurde nach kurzer Beratung vom Schöffensenat abgewiesen: Der Sachverständige sei gemäß der Strafprozessordnung (StPO) bestellt worden.
Sundt blieb indes bei seiner Verteidigungslinie, wonach er Wanovits nie gesehen habe und auch nie über eine Aktienkursmanipulation im Gegenzug für eine Prämie gewusst habe. „Hätte er es gewusst, hätte er die Nottaste gedrückt“, betonte sein Anwalt Martin Nemec.
Auf nicht schuldig im Sinne der Anklage lautet auch die Linie von Ex-Finanzvorstand Colombo. „Ich erwarte einen glatten Freispruch“, so sein Anwalt Rudolf Mayer in einer Prozesspause zu Journalisten. Vor Richter Tolstiuk meinte er: „Ich sehe nicht, wann an Herrn Wanovits Vermögen zugeflossen ist.“ Den Vorwurf der Untreue wies auch Horst Winkelmayr, Anwalt des TA-Prokuristen Trimmel, zurück. „Herr Trimmel kannte zur falschen Zeit die falschen Leute“, so Winkelmayr. Ein subjektiver Tatbestand sei aber nicht gegeben.
Wanovits-Anwalt: Angriff auf TA-Aktie abgewehrt
Die Verteidigung von Wanovits verwies in ihrem Eingangsstatement darauf, dass selbst die Finanzmarktaufsicht (FMA) keine Kursmanipulation entdecken konnte. Vielmehr habe Wanovits einen feindlichen Angriff auf die TA-Aktie abgewehrt und den Kurs wieder auf sein „natürliches Niveau“ gehoben. Dass die Prämie in einem Plastiksackerl auf dem Naschmarkt in Wien ausbezahlt wurde, sei zwar eine schlechte Optik, aber strafrechtlich nicht relevant, so Wanovits-Anwalt Hans-Rainer Rienmüller. „Wenn das Grundgeschäft rechtlich genehmigt ist, ist es egal wo ich das Bargeld überreiche, auch am Nordpol.“
Schadenersatzforderungen an Schieszler?
Staatsanwalt Wandl warf den Angeklagten vor, durch die Ausschüttung einer Prämie an Wanovits aus dem Geldbestand der TA erst die Kursmanipulation ermöglicht zu haben. Dass überhaupt Anklage erhoben werden konnte, sei durch die Aussagen des Ex-TA-Mangers Schieszler möglich geworden, der von Beginn an eine Kronzeugenregelung anstrebte. Schieszler ist aber noch nicht aus dem Schneider, auf ihn könnten noch Schadenersatzansprüche der TA zukommen. Der teilstaatliche Konzern hat sich dem Verfahren als Privatbeteiligter angeschlossen. Laut Wandl betrug der Schaden für die TA 10,63 Mio. Euro.
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