Hoffen auf den Effekt danach
Wer in den letzten Tagen vor der Ski-WM die Stadt Schladming durchstreift hat, der durfte durchaus mit Staunen beobachten, welche Mobilisierungskraft ein Ski-Großereignis in Österreich hat.
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Zwei Meter Schnee aufgeschüttet auf dem Parkplatz neben dem Planet Planai, unzählige Stahlrohrtribünen, um im Zielraum ein Stadion für 20.000 Menschen zu schaffen: Schladming ist in diesen Tagen die große Arena. Und es gibt nichts, was wir nicht bewegen können, scheint die Stadt sagen zu wollen.
Das historistische Rathaus verschwindet hinter einer großen Tribüne für die Startnummern- und Siegerehrungshow, gegenüber hat man eines der vielen temporären Gebäude für die Feiern rund um die WM aufgestellt. Das Großereignis wird die Geschäfte beflügeln - zumindest die Umsätze in und um Schladming.

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Wie bringt man Zehntausende Zuseher in einen engen Zielraum? Schladming setzt zur WM wie beim Weltcup auf viel Stahlrohr.
WM zur ungünstigsten Zeit?
Auf der anderen Seite stehen Rückmeldungen der Hoteliers zum Februar-Geschäft. Hoteliers in der gesamten Tauern-Region sind nicht nur glücklich mit der WM. Damit meinen sie weniger den Ort Schladming als das Ausrichtungsdatum des Ereignisses, das sich wiederum auf den FIS-Kalender bezieht. Die WM fällt in die zwei stärksten Februar-Wochen: In Österreich sind je nach Bundesland „Energieferien“, die traditionell für den geübten Österreicher die Wochen des Skifahrens sind - vor allem, wenn man schulpflichtige Kinder hat.
Die zweite Februar-Woche wiederum ist die „Faschingsurlaubswoche“ bei den Nachbarn. Nicht nur Deutschland ist auf den Beinen. Auch in anderen Ländern ist in dieser Woche schulfrei - und der Andrang an Skiurlaubern in die Alpen entsprechend hoch. Die Zimmer hätten wir auch ohne WM voll bekommen, so die Hoteliers in der Ski-amade-Region. Andererseits wäre im Jänner oder März noch Spielraum nach oben.

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Aufbau der Bühne auf dem „Medal Plaza“ vor dem Rathaus der Stadt: Manche Bauwerke wird es nur für den Zeitraum der WM geben
Investitionen zur WM
Um die Ski-WM in Schladming auszutragen, seien 400 Millionen Euro seit dem Entscheid 2008 verbaut worden, rechnete jüngst das „profil“ in einer Reportage vor. Die Hälfte der Summe sei aus öffentlichen Mitteln gekommen, obwohl sich das Land sonst ja einen Sparkurs verordnet hatte. Bis zur Unkenntlichkeit habe man die 4.500-Einwohner-Kommune am Dachstein verbaut, so die Kritik von „profil“.
Erneuert wurde freilich auch viel Infrastruktur, wie etwa der Bahnhof. Und man hat groß bei Parkhäusern und Zufahrten ausgebaut. Dem Wintertourismus davor und danach nutzt das. Ob und wie viel davon tatsächlich nachgenutzt werden kann, und wie nachhaltig die WM ist, darüber gehen die Meinungen auseinander.
Immopreise steigen gegen Steiermark-Trend
Die Preise für Wohnraum in Schladming sind im Sog der alpinen Ski-WM kräftig und im Vergleich zur restlichen Steiermark stärker angestiegen. Bei Eigentumswohnungen kletterte der Preis für den Quadratmeter von durchschnittlich 3.000 Euro (2011) auf 3.500 Euro (2012), will der Immmoanbieter Immobilien.net herausgefunden haben.

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Eng verbaut: Blick auf Schladming und die Planai von der gegenüberliegenden Ramsau
Die Marktanalyse der Immobilienexperten zeigte, dass der Modernisierungsschub in Hotels und Infrastruktur auch die Kosten für Wohnraum steigen ließ. Während man bei Eigentumswohnungen im Vorjahr mit um knapp 18 Prozent höheren Kosten rechnen musste, waren es bei Häusern immerhin noch sieben Prozent - die Preise legten von etwa 3.430 Euro (2001) auf 3.670 Euro (2012) pro Quadratmeter zu. Damit entwickle sich Schladming konträr zur restlichen Steiermark, denn da sei insgesamt ein Preisrückgang bei Einfamilienhäusern zu verzeichnen, so der Immoanbieter.
Kann eine WM nachhaltig sein?
Der Raumplaner Georg Tappeiner vom Österreichischen Ökologie-Institut kritisierte jüngst, dass bei der WM-Planung und den Investitionen die Region um die steirische WM-Stadt außer Acht gelassen wurde. „Es ist zu sehr auf den Ort Schladming konzentriert, da glaube ich, dass für die Gesamtregion mehr herausschauen könnte“ sagte Tappeiner - mehr dazu in steiermark.ORF.at.
Eine Studie des Joanneum wiederum prognostiziert 44.000 zusätzliche Nächtigungen pro Jahr aufgrund der WM sowie sechs Millionen Euro mehr Umsatz jährlich. Nutznießer sei allerdings hauptsächlich die Hotellerie - mehr dazu in steiermark.ORF.at.
Bei den Nächtigungen könnte es für den Februar freilich ein Minus geben, denn während der Ski-WM gibt es viele Zimmer, die nur einzeln belegt sind, befinden sich doch viele Menschen auch aus beruflichen Gründen bei der Ski-WM - mehr dazu in steiermark.ORF.at.
Schladming und die Sportartikelbranche
Was die Wintersportbranche und die Skihersteller betrifft, hat man eher gedämpfte Erwartungen, was einen Booster durch die WM anlangt. „Dass der Skirennsport im Interesse auch in Mitteleuropa leicht rückläufig ist, daran ändert auch die Ski-WM nichts“, meinte Fischer-Chef Fran Föttinger vor Saisonstart nüchtern.
Für die Branche, in der man ja gerade im Abverkauf ist, kommt die WM eher spät. Michael Rumerstorfer vom Sporthandelsunternehmen Sport Eybl/Sports Experts erinnerte vor der Saison ebenso daran, dass es im Handel zum Zeitpunkt der WM schon eher wieder mit dem Thema Fahrrad losgeht.
Für den Moment bleibt für Schladming einmal die große Umsatzerwartung aus dem direkten WM-Geschäft und dem, was die Besucher in der Region lassen. Auch hier wird gelten: Abgerechnet wird am Schluss.
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