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Leidensweg begann bereits 1970

Vor rund 33 Jahren beendete der Sturz des Schreckensregimes der Roten Khmer in Kambodscha den langen Leidensweg eines Landes. Unter der maoistischen Herrschaft von 1975 bis 1979 starben rund zwei Millionen Menschen an Erschöpfung, Hunger, Krankheit, Folter und durch Hinrichtungen. Das war etwa ein Viertel der damaligen Bevölkerung. Im Folgenden eine kurze Chronik des Konflikts:

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März 1970: Prinz Norodom Sihanouk (1941 bis 1955 König, danach Staatschef ohne Krone) wird während einer Auslandsreise durch einen vom US-Geheimdienst CIA gesteuerten Putsch gestürzt, General Lon Nol übernimmt die Macht. Einmarsch südvietnamesischer Truppen, das bis dahin neutrale Land wird in den Vietnamkrieg gerissen.

Mai 1970: Sihanouk bildet in Peking eine Exilregierung mit den maoistischen Roten Khmer, die im Landesinneren den Widerstand organisieren und bald zwei Drittel des Territoriums kontrollieren.

August 1973: Die USA stellen ihre massiven Bombenangriffe zur Unterstützung des Regimes Lon Nol ein, das nur noch einige größere Städte kontrolliert.

April 1975: Die Roten Khmer marschieren in Phnom Penh ein, die Bevölkerung der Städte wird aufs Land getrieben und rigoroser Zwangsarbeit unterworfen. Systematische Ausrottung der Gebildeten. In den folgenden vier Jahren kommen nach Schätzungen zwischen eineinhalb und zwei Millionen Kambodschaner gewaltsam ums Leben.

September 1975: Rückkehr Sihanouks. Er tritt im April 1976 als Staatsoberhaupt zurück und wird unter Hausarrest gestellt. Khieu Samphan wird nominell Präsident des „Demokratischen Kampuchea“, starker Mann des Regimes ist Pol Pot (Saloth Sar). Enge Zusammenarbeit mit China.

Die Anführer der Roten Khmer auf einer Archivaufnahme

EPA/Heng Sinith

Pol Pot, Noun Chea, Leng Sary, Son Sen und andere führende Persönlichkeiten des Rote-Khmer-Regimes

September/Dezember 1977: Grenzkonflikt mit Vietnam im Gebiet des „Papageienschnabels“, erbitterte Kämpfe, Abbruch der diplomatischen Beziehungen.

Dezember 1978/Jänner 1979: Gründung einer von Vietnam unterstützten „Befreiungsfront“ unter Heng Samrin und Hun Sen, zwei abgesprungenen Roten Khmer. Vietnamesische Militärintervention, Sihanouk wird von den Roten Khmer nach Peking ausgeflogen. Die neue Regierung unter Heng Samrin wird nur von Vietnam und Laos, der UdSSR, den anderen Ostblockstaaten sowie Indien und mehreren Blockfreien anerkannt.

Juni 1982: Bildung einer Exilregierung in Peking unter Sihanouk (stärkste Kraft sind die Roten Khmer). Sie wird von den USA, den ASEAN-Staaten und der Mehrheit der UNO-Mitglieder als rechtmäßige Regierung anerkannt. Im Mai 1987 tritt Sihanouk aus Protest gegen Angriffe der Roten Khmer auf seine Anhänger symbolisch zurück.

Oktober 1987: Phnom Penh unterbreitet Friedensplan, der nach dem vietnamesischen Truppenabzug allgemeine Wahlen vorsieht.

Dezember 1987: Treffen Sihanouks mit Hun Sen, dem Ministerpräsidenten Phnom Penhs, in Frankreich. Vietnamesischer Truppenabzug wird mit Ausschluss der Roten Khmer von der Macht verknüpft; China protestiert.

April 1989: Das kambodschanische Parlament beschließt Verfassungsänderung und Neutralitätserklärung. Buddhismus wird wieder Staatsreligion.

Juli/August 1989: Pariser Kambodscha-Konferenz mit den fünf Ständigen Mitglieder des UNO-Sicherheitsrates endet ohne Einigung wegen grundlegender Differenzen in der Frage der von China geforderten Machtbeteiligung der Roten Khmer.

September 1989: Vietnamesischer Truppenabzug abgeschlossen.

23. Oktober 1991: Unterzeichnung des Pariser Friedensabkommens.

November 1991: Rückkehr Sihanouks nach Phnom Penh. Die Regierung Hun Sen verkündet, dass er nie aufgehört habe, das rechtmäßige Staatsoberhaupt zu sein.

Februar 1992: Weltsicherheitsrat beschließt die bisher größte und teuerste UNO-Friedensoperation: 22.000 zivile und militärische Mitarbeiter sollen freie Wahlen gewährleisten.

Jänner 1993: Rote Khmer beschließen Wahlboykott. Beginn einer neuen Serie von Massakern.

Mai 1993: Wahlen zu Konstituierender Nationalversammlung, die im Oktober die Wiederherstellung der Monarchie beschließt. Sihanouk besteigt neuerlich den Thron.

April 1998: Pol Pot stirbt in Dschungelversteck nahe der thailändischen Grenze.

Oktober 2004: Abdankung Sihanouks. Sein Sohn Norodom Sihamoni wird König.

2006: Das Völkermordtribunal nimmt seine Arbeit auf. Dem aus 17 kambodschanischen und 13 von den Vereinten Nationen gestellten ausländischen Juristen bestehenden Sondertribunal, das nach fast zehnjährigen Verhandlungen errichtet worden war, sind enge Grenzen gesteckt. Andernfalls wäre seine Einsetzung am Veto Chinas, der einstigen Schutzmacht der Roten Khmer, gescheitert.

2010: Kaing Guek Eav („Duch“), der ehemalige Leiter des Folterzentrums S-21 in Phnom Penh, wird zu 35 Jahren Haft verurteilt.

2011: Der Prozess gegen vier weitere hochrangige Rote-Khmer-Funktionäre beginnt. Neben dem ehemaligen Chefideologen Nuon Chea und dem Ex-Staatschef Khieu Samphan müssen sich auch Ex-Außenminister Ieng Sary und seine Frau Ieng Thirith vor Gericht verantworten.

2012: Das Strafmaß gegen Kaing Guek Eav wird in einem Revisionsverfahren auf lebenslänglich erhöht. Im September wird Ieng Thirith mit der Begründung, sie sei wegen Demenz verhandlungsunfähig, auf freien Fuß gesetzt, der Prozess gegen die anderen drei Angeklagten geht weiter.