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Gebietsaufteilung problematisch

Seitdem das Eis durch die Klimaerwärmung immer rascher wegschmilzt, eröffnet die Region um den Nordpol neue wirtschaftliche Perspektiven. Riesige Mengen an verborgenen Bodenschätzen werden zugänglich, und neue Seewege zwischen Atlantik und Pazifik werden erkundet. Das sorgt für Spannungen zwischen den Anrainerstaaten Russland, USA, Kanada, Norwegen und Dänemark.

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In zwei bis drei Jahrzehnten wird die Arktis laut Experten eisfrei sein - zumindest für einige Wochen. Bereits im vergangenen Sommer wurde die geringste Eisausdehnung seit Beginn der Messungen registriert. Etwa ein Fünftel der noch nicht erschlossenen, aber gut erreichbaren Öl- und Gasvorkommen der Welt lagern in der Arktis. Das belegt eine von Geologen aus den USA durchgeführte Studie.

Arktis-Öl könnte Weltnachfrage drei Jahre decken

Insgesamt werden dort 90 Milliarden Barrel unentdecktes Öl sowie 50 Billionen Kubikmeter Gas vermutet. Das Öl sei hauptsächlich in Regionen zu finden, die Dänemark, Kanada und den USA gehören. Damit könnte man den weltweiten Bedarf drei Jahre lang sättigen.

Doch es gibt noch weitere Rohstoffe, die das schmelzende Eis freigeben würde. Von Gold, Diamanten, Zink, Kupfer, Kohle, Uran und Nickel ist die Rede. Welche Rohstoffe genau und vor allem welche Mengen unter dem arktischen Meeresgrund liegen, ist jedoch weitgehend unbekannt.

Rechtlicher Status ungeklärt

Das Problem bei der Erschließung der mineralischen Ressourcen ist, dass sich über 80 Prozent vor den Küsten befinden. Wem die Gebiete zugeordnet werden können, ist ungeklärt. Seit Jahren läuft nun das Wettrennen zwischen den fünf Staaten um die wertvollen Rohstoffen in der Nordpolregion.

Zwischen 20. und 25. Jänner trafen sich rund tausend Entscheidungsträger aus Politik, Industrie und Forschung auf der Arctic-Frontiers-Konferenz im norwegischen Tromsö. Sie diskutierten über Methoden zur Förderung der Entwicklung in der Arktis und rechtliche Rahmenbedingungen zur wirtschaftlichen Erschließung der Gebiete.

Neue Schiffsrouten durch Eisschmelze

Dabei ging es auch um die Folgen, die der Schiffsverkehr über die Nordost- und Nordwestpassage durch das Eismeer mit sich bringen würde. So hat die Schifffahrt im arktischen Ozean im vergangenen Sommer einen neuen Rekord erreicht. Die Erschließung neuer Schiffsrouten von Europa nach Asien sei mit der Eisschmelze zunehmend realistischer.

Weniger realistisch ist eine konkrete Gebietsaufteilung aufgrund komplett unterschiedlicher Meinungen der fünf Anrainerstaaten. Generell kann gemäß der UNO-Seerechtskonvention UNCLOS ein Staat Ansprüche auf ein Gebiet unter dem Meer erheben, sofern er beweisen kann, dass sich die kontinentale Kruste des eigenen Territoriums auf dem Meeresboden fortsetzt.

Fischbestände wandern

Für die Bewohner der Regionen bliebe die industrielle Urbarmachung indes nicht ohne Konsequenzen, sie fürchten einen ökologischen Supergau. Dazu kämen die Auswirkungen des Klimawandels auf die Fischbestände und das Ökosystem. Neben dem schmelzenden Eis schafft die Klimaerwärmung nämlich ein weiteres Problem. Fischbestände wandern aus den Regionen und lösen neue Machtansprüche im Nordatlantik aus. Ein Beispiel dafür ist die Makrele, die wegen des steigenden Meeresspiegels in den Norden migriert ist.

Gegen Expeditionen zur Rohstoffförderung in der Arktis demonstrieren vor allem Umweltaktivisten. Das Risiko eines möglichen Öllecks in der sensiblen Region sei zu groß, sagen sie. Dass die Ölforderung als Arbeitgeber in einer strukturschwachen Region wichtig sei, gelte nur bedingt. Ebenfalls viele Jobs gingen verloren, wenn es in der Arktis zu einem Unglück komme. Das hätte auch Auswirkungen auf die Fischer im Norden. Die Fischerei müsse gegenüber der Energieindustrie Vorrang haben, da sie eine nachhaltige Branche und tragfähig sei, so Umweltaktivisten.

Russland plant Milliardenprojekte bis 2015

Statt einem Machtstreit um die wertvollen Bodenschätze, die unter dem Eis liegen, sei auf der Arctic-Frontiers-Konferenz heuer eher ein Konsens der Teilnehmerstaaten zu beobachten gewesen, hieß es. Jedoch ist die Verlockung im Hinblick auf die verborgenen Schätze groß. Das zeigt zum Beispiel eine Ankündigung der zwei größten russischen Energiekonzerne Rosneft Chart und Gasprom vom Herbst 2012. Gemeinsam wollen sie bis 2015 etwa 500 Milliarden Rubel (rund 12,2 Mrd. Euro) in Förderprojekte in der Arktis investieren.

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