Die meisten Fälle in 60er und 70er Jahren
Während in Österreich die Plattform Betroffener kirchlicher Gewalt heftige Kritik an der aus ihrer Sicht mangelhaften Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch im klerikalem Umfeld übt, beschreitet die Erzdiözese Los Angeles diesbezüglich einen ungewöhnlich offensiven Weg: Als Teil einer Einigung mit den Opfern sind die Personalakten aller beschuldigten Priester im Internet veröffentlicht worden.
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Auf der Website der US-Diözese sind seit Donnerstag die Daten zu Vorwürfen gegen 124 Priester einzusehen. In 82 Fällen geht es um mutmaßlichen Missbrauch. Die Veröffentlichung ist Teil einer Einigung der Kirche und der mutmaßlichen Opfer von 2007.
„Schmerzhaft und brutal“
„Diese Akten dokumentieren Missbrauch, der vor Jahrzehnten begangen wurde. Das macht ihn aber nicht weniger schlimm“, sagte Erzbischof Jose Gomez. „Ich finde es schmerzhaft und brutal, diese Dokumente zu lesen. Das darin beschriebene Verhalten ist furchtbar traurig und böse. Es gibt keine Entschuldigung, keine Erklärung dazu, was diesen Kindern geschehen ist.“
Die Erzdiözese Los Angeles hatte sich 2007 mit 500 mutmaßlichen Opfern sexuellen Missbrauchs durch Priester auf eine Entschädigung in der Höhe von 660 Millionen Dollar (heute rund 487 Mio. Euro) geeinigt. Diese Einigung sah auch vor, die Personalakten der beschuldigten Priester zu veröffentlichen. Seitdem war aber heftig umstritten, ob die Namen der Betroffenen geschwärzt werden sollten oder nicht.
12.000 Seiten Material
In den jetzt publizierten Akten sind die Vorwürfe und Schilderungen von betroffenen Personen detailliert nachzulesen - Namen und persönliche Daten der Betroffenen sind unkenntlich gemacht. Etwa 12.000 Seiten umfasst die Datensammlung.

AP/Reed Saxon
Erzbischof Gomez bezeichnete das Lesen der Akten als seine bisher „traurigste“ Erfahrung seit er im Amt ist.
Die meisten Fälle passierten laut der Dokumentation in den 60er und 70er Jahren. Aber auch danach wurden jährlich Vorwürfe bekannt. Gomez zog deshalb auch personelle Konsequenzen aus der Affäre: Er entzog seinem Vorgänger Roger Mahony sämtliche kirchliche Aufgaben. Dieser war von 1985 bis 2011 im Amt. Der frühere Erzbischof werde „keine öffentlichen oder Verwaltungsaufgaben mehr haben“, sagte Gomez. Der frühere Spitzenberater Mahonys für sexuellen Missbrauch, Thomas Curry, legte zudem sein Amt als Regionalbischof nieder.
Ex-Bischof gab Tipps gegen Strafverfolgung
Mahony soll kircheninternen Akten zufolge pädophile Priester gezielt vor Strafverfolgung geschützt haben. Laut Dokumenten, aus denen die Zeitung „Los Angeles Times“ („LA Times“) bereits vorab zitierte, entwarfen Mahony als damaliger Erzbischof von Los Angeles und Curry eine Strategie, um drei Priester, die der Kirchenleitung sexuellen Missbrauch von Kindern gestanden hatten, polizeilichen Ermittlungen zu entziehen.
Curry habe seinem Vorgesetzten geraten, die pädophilen Geistlichen von Besuchen bei Therapeuten abzuhalten, aus Angst, dass diese die Behörden verständigen könnten. Zudem hätten sie den straffälligen Priestern Aufgaben außerhalb Kaliforniens übertragen, um Nachforschungen der bundesstaatlichen Behörden zu verhindern.
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