BMW leidet am „Alte-Herren-Markt“
Nach fast sechs Jahren vergeblichen Wartens auf den Durchbruch verkauft BMW seine 2007 erworbene Motorradmarke Husqvarna an den Chef des oberösterreichischen Motorradherstellers KTM, Stefan Pierer, wie die beiden Unternehmen am Donnerstag mitgeteilt haben. Über den Kaufpreis sei Stillschweigen vereinbart worden.
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Die Kartellbehörden müssen dem Deal noch zustimmen. Als Grund für den Verkauf nannte BMW die Neuausrichtung der Motorradsparte, die sich künftig auf die großen, teuren Maschinen unter eigener Marke sowie auf kleine und elektrisch betriebene Gefährte für Großstädte konzentrieren soll. Die Münchner hatten Husqvarna 2007 übernommen, ihre Absatzhoffnungen erfüllten sich indes nicht.
KTM erhofft sich Synergieeffekte
Pierer sieht den Deal als „Konsolidierung“ in der europäischen Motorradindustrie, wie sie auch in der Automobilindustrie erfolge. Jeder konzentriere sich auf das, was er am besten könne. BMW richte sich auf die Straße aus. Da sei es logisch, dass man mit Husqvarna zu KTM, dem Weltmarktführer im Gelände, gehe. Wenn es so wie etwa bei VW mehrere Marken unter einem Dach gebe, könnten Synergieeffekte in der Entwicklung, Einkauf und Produktion genützt werden, argumentierte Pierer, insbesondere wenn nach dem Baukastenmodell gearbeitet werde.
Wechselhafte Geschichte
Husqvarna begann 1689 in Schweden mit der Herstellung von Musketen. 1903 baut Husqvarna, drei Monate vor Harley-Davidson, das erste Motorrad. Die Motorradsparte ging 1987 an Italien. Im Jahr 2007 übernahm BMW die Marke von MV Agusta. Die Produktion von Gartengeräten und Rasenmähern ist nach wie vor in schwedischer Hand.
Pierer wolle den Absatz der Marke Husqvarna in fünf Jahren auf 20.000 Stück verdoppeln, wie er gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters erklärte. 2012 lieferte der Konzern knapp 10.800 Fahrzeuge aus - das sind zwar 16 Prozent mehr als im Jahr zuvor, aber immer noch deutlich weniger als die rund 12.000 Maschinen, die 2006, im Jahr vor der Übernahme durch BMW, produziert wurden.
Schwieriger Offroad-Markt
Die Münchner hatten Husqvarna seinerzeit für rund 100 Millionen Euro gekauft, um ins Geschäft mit geländegängigen Maschinen einzusteigen und ihr eigenes Angebot zu erweitern, das bis dato nur aus Motorrädern mit großem Hubraum bestanden hatte. Damals erhoffte sich BMW, mit Hilfe der leichten und sportlichen Modelle schnell jüngere Käufer zu gewinnen und neue Märkte zu erobern, und investierte Millionen für den Umbau der Marke.
Der Offroad-Markt sei schwierig, sagte eine BMW-Sprecherin. In der Mitteilung verwies der Konzern auf sich verändernde Motorradmärkte und demografische Entwicklungen. Von einem „Alte-Männer-Markt“ sprechen Analysten mitunter mit Blick auf vielerorts schleppende Geschäfte und das schwindende Interesse bei jüngeren Kunden. Die Motorradsparte von BMW erzielte unterdessen 2012 mit gut 106.000 weltweit verkauften Maschinen einen Absatzrekord. Bei den großen Maschinen waren die Münchner nach eigenen Angaben erneut Marktführer in Deutschland, Italien und Spanien.
Allerdings wirft der Verkauf von Motorrädern deutlich weniger Gewinn ab als der von Pkws. Im dritten Quartal 2012 schrieb die BMW-Motorradsparte Verluste. In den Vorjahren schrumpfte das Vorsteuerergebnis immer wieder beträchtlich, 2011 waren es 41 Millionen Euro. Regelmäßig wurden deshalb in der Vergangenheit Zweifel laut, ob BMW die Sparte behält. Auf die Frage, ob der Verkauf von Husqvarna die Trennung vom Motorradgeschäft einläute, antwortete die Konzernsprecherin: „Nein, davon kann keine Rede sein.“
Elektroroller als Zukunftshoffnung
Ungeachtet aller Schwierigkeiten auf dem Bike-Markt hatte sich BMW-Konkurrent Audi im vergangenen Jahr den italienischen Luxushersteller Ducati einverleibt. Die Ingolstädter wittern Wachstumschancen vor allem in Asien. Experten setzen zudem darauf, dass sich Fortschritte in der Elektromobilität im Motorradgeschäft deutlich schneller erreichen lassen als bei Autos. Mit Blick auf steigende Umweltanforderungen verkauft BMW seit 2012 Roller für den Stadtverkehr, die 2014 um elektrische Varianten erweitert werden sollen. Mit der Neuausrichtung der Sparte soll das Geschäftsfeld Motorrad „in den kommenden Jahren weiter profitabel und nachhaltig“ wachsen, hieß es.
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