Vom Kreml bis in die Wüste
Das innovative Städtekonzept nach dem Vorbild des kalifornischen „Silicon Valley“ begeistert weltweit. Nachahmer finden sich unter anderem in Russland und den arabischen Emiraten. Künstlich angelegte, futuristische Zentren sollen ihren Ländern den technologischen Durchbruch bringen und sie an die Spitze führender IT-Städte katapultieren.
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Anfang des Jahres 2010 präsentierte der Kreml seine Pläne für die Errichtung einer neuen Stadt im russischen Vorort Skolkowo. Das futuristische Innovationszentrum will, so hieß es laut Medienberichten, die internationale intellektuelle Elite ansprechen und die Entwicklung von innovativen Technologien vorantreiben. Nach Vorbild des als Brutstätte für Innovation bekannten „Silicon Valley“ in Kalifornien sollte hier ein Forschungsgebiet rund um fünf Hightech-Bereiche (Energie, Atomtechnologien, Biomedizin, Informationstechnologie und Telekommunikation) errichtet werden.
„Innograd“: 100 Mio. Euro für Planungsphase
Im rund 20 Kilometer vom Moskauer Zentrum entfernten Skolkowo sollen etwa 30.000 bis 40.000 Wissenschaftler und Ingenieure in der Innovationsstadt („Innograd“) ihre Köpfe zusammenstecken, um Russland fit für die Zukunft zu machen. Allein die Planungsphase verschlang 100 Millionen Euro. Milliardär, Unternehmer und Großaktionär Viktor Wekselberg wurde mit der Koordination des „russischen Silicon Valley“ betraut.
So richtig angelaufen ist das „Camp für Intellektuelle“ nicht. Kritiker argumentieren, dass Russland bereits 350 Technologieparks hat, ohne dass die Milliardeninvestitionen spektakuläre Erfolge gebracht hätten. So hat sich der Bau verzögert, und die Eröffnung des Tech-Zentrums findet zudem frühestens 2016 statt. Langfristig soll durch „Innograd“ das Abwandern hochqualifizierter Arbeitskräfte verhindert werden.
Grüne Wüstenstadt „Masdar City“
Ein ähnliches Projekt befindet sich 3.700 Kilometer entfernt vom Roten Platz. Bereits im Jahr 2008 wurde mit dem Bau der Ökostadt Masdar City in der Nähe Abu Dhabis begonnen. Die Fertigstellung wurde aus finanziellen und organisatorischen Gründen von 2016 auf 2025 verschoben. Das geplante Investitionsvolumen von 22 Milliarden Dollar (umgerechnet 16,3 Mrd. Euro) soll laut Medienberichten aber nicht reduziert werden. Die grüne Stadt soll auf einer Fläche von 700 Hektar Wohnraum für 50.000 Menschen bieten.

Vyonyx/Nikolay Salutski
Die Ökostadt in der Wüste setzt auf erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit
Allerdings wirkt insbesondere die Finanzkrise wie ein Bremsklotz auf die Baufortschritte, und wichtige Bauaufträge konnten nicht vergeben werden. So mussten 2010 einige Arbeiten an der emissionsfreien Stadt auf Eis gelegt werden. Dafür starteten andere Gebäude wie die Technische Universität schon 2011 ihren Betrieb. Unter anderem hat Siemens ein hypermodernes Hauptquartier in Masdar City erbaut.
Bangalore: Indiens „Silicon Valley“
Als das „indische Silicon Valley“ gilt Bangalore, da sich in den letzten Jahren zahlreiche in- und ausländische Unternehmen aus der Hightech-Industrie dort angesiedelt haben. In der drittgrößten Stadt Indiens leben knapp 8,5 Millionen Menschen. Das Wirtschaftswunder hat aber auch Schattenseiten. Riesige Müllberge verunreinigen das Grundwasser und sorgen in der ganzen Stadt für Proteste. Zudem machte die „elektronische Stadt“ in den vergangenen Jahren fast häufiger Schlagzeilen mit der höchsten Selbstmordrate des Landes als ihren Erfolgen aus dem IT-Sektor. Die machte im September 2012 laut Angaben der National Institute of Mental Health and Neuro Science (NIMHANS) 9,4 Prozent der gesamten Selbstmordrate Indiens aus.
Bangalore - wegen seiner zahlreichen Parkanlagen auch „Gartenstadt“ genannt - kann das rasante Bevölkerungswachstum kaum bewältigen. Die Straßen sind in desolatem Zustand, und die Stadt kommt bei der Straßensanierung nur schleppend voran. 2011 wurde eine U-Bahn mit sechs Stationen eröffnet, das Netz soll erst 2014 auf 40 Stationen ausgebaut werden. So machen die negativen Aspekte Investments in Bangalore zwar zu einem riskanten Geschäft, das Wachstum der Stadt setzt sich allerdings weiter fort.
Zhongguancun: Chinas Innovationszentrum
Auch China hat die Vorteile des kalifornischen „Silicon Valley“ erkannt. Das Wissenschafts- und Technologiezentrum wurde 1988 im Stadtteil Zhongguancun gegründet und befindet sich im Nordwesten Pekings. Laut Angaben des „Zhongguancun Index 2012“ operieren über 10.000 Unternehmen in der Technologiezone Zhongguancun. Demzufolge konnten 2011 453 Firmen ihren Umsatz verdoppeln. Der Gesamtumsatz des Innovationszentrums, der 2011 umgerechnet 234 Milliarden Euro ausmachte, ist zum dritten Mal in Folge um 20 Prozent angestiegen. Noch hat Zhongguancun keine Innovationen auf den Markt gebracht, die die Welt verändern. Im Hinblick auf sein junges Alter kann sich der IT-Sektor durchaus auf spannende Entwicklungen aus dem Pekinger Stadtteil einstellen.
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