Afghanistan-Veteran führt Gruppe an
Bereits seit zwei Jahrzehnten führt Mokhtar Belmokhtar seinen gnadenlosen Dschihad gegen die „Ungläubigen“. Mehrmals totgesagt, entging er immer wieder seinen Jägern. Das brachte dem einäugigen Algerier den Spitznamen „Der nicht zu Fassende“ ein. Mit der spektakulären Erstürmung der Gasanlage In Amenas und der Geiselnahme Dutzender Ausländer gewann Belmokhtar nicht zum ersten Mal weltweite Aufmerksamkeit.
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Er soll unter anderem für den Tod von vier Franzosen am Heiligen Abend 2007 in Marokko verantwortlich sein, was zur Absage der Rallye Paris - Dakar geführt hatte. Belmokhtar führt die Brigade „Die mit Blut unterschreiben“ an und soll nach algerischen Angaben den Angriff auf In Amenas selbst angeführt haben. Seine Brigade ist aus Al-Kaida im islamischen Maghreb (AQIM) hervorgegangen. Französische Terrorexperten halten es für möglich, dass sie sich von Al-Kaida abgespalten hat, zumal sie engen Kontakt zur in Nordmali aktiven Bewegung für Einheit und Dschihad in Westafrika (MUJAO) hält. Andere Quellen bestreiten das.
Belmokhtar wurde als Khaled Aboul Abbas am 1. Juni 1972 in der algerischen Oasenstadt Ghardaia geboren. Seine Feuertaufe hatte er schon mit 19 Jahren in Afghanistan im Krieg gegen die sowjetischen Besatzer. Dort verlor er auch ein Auge. Dann schloss er sich der Salafistischen Gruppe für Predigt und Kampf (GSPC) an, die in den 1990er Jahren einen blutigen Krieg für die Errichtung eines Gottesstaates in Algerien führte.
200 bis 300 Mann
Belmokhtar wurde berüchtigt als Stellvertreter des GSPC-Kommandanten „Abderazak der Para“, der mit Geiselnahmen von Ausländern in der Sahara-Region Schlagzeilen machte. Nach ihrer Niederlage betrieb die GSPC den Zusammenschluss aller Dschihadisten in Nordafrika unter dem „Markennamen“ Al-Kaida. Immer dabei: ihr „Emir“ Belmokhtar. Seine Brigade soll heute 200 bis 300 Mann stark sein.
2008 meldete „Le Soir d’Algerie“, Belmokhtar habe sich durch die Heirat mit vier Frauen verschiedener Stämme im Norden Malis eine weite Einflusszone geschaffen. Seine Gruppe sei auf Waffenhandel spezialisiert und mit Satellitentelefonen ausgerüstet.
Europäer als Geiseln
Ein Jahr später nahm Belmokhtars Brigade in Mali vier europäische Geiseln, darunter eine deutsche Pensionistin und ein Schweizer Ehepaar. Das französische Eingreifen in Mali nahm er zum Anlass für den Angriff auf die Gasförderanlagen in Algerien. Sein Argument: Das Volk habe sich in Nordmali entschieden, die Scharia anzuwenden. Wer das verhindern wolle, müsse als Unterdrücker bekämpft werden. Algerien unterstütze die französischen „Kreuzritter“ und „Kolonialisten“.
Bin Laden orderte „Dachorganisation“
AQIM selbst verfügt seit 2007 über Basen im Norden Malis. Von dort verübte die Gruppe immer wieder Anschläge und entführte westliche Ausländer. Von Algerien aus wird die Gruppe auch geleitet. Der Kommandant für Mali, Abdelhamid Abou Zeid, hat seinen Hauptsitz in der Welterbestadt Timbuktu eingerichtet.
In einer Internetbotschaft hieß es im Jänner 2007, Al-Kaida-Anführer Osama bin Laden habe angeordnet, alle Kräfte des Dschihad im Norden Afrikas unter einer Dachorganisation zu vereinen. Neben dem Ausbau von Al-Kaida in den Maghreb-Staaten sollten mit dieser Gründung nach Einschätzung von Anti-Terror-Experten auch Anschläge in Europa vorbereitet werden.
Folgenschwere Anschläge
Die Chefs von AQIM sind die algerischen Extremisten Abdelmalek Droukdel und Salah Gasmi. Gasmi wurde im vergangenen Monat in Algerien festgenommen. Droukdel war im März 2012 in Algier gemeinsam mit acht anderen Aktivisten in Abwesenheit zum Tode verurteilt worden.
AQIM, der bis zu 800 bewaffnete Mitglieder zugerechnet werden, hat in Nordafrika bereits mehrere folgenschwere Terrorattentate verübt. In Algier wurden im Dezember 2007 bei zwei Anschlägen 41 Menschen getötet, darunter 17 UNO-Mitarbeiter. Ein Jahr später starben bei einem Angriff auf eine algerische Polizeischule mindestens 43 Menschen. 2008 hatten marokkanische Sicherheitskräfte elf Al-Kaida-Terroristen gefasst. Sie sollen Anschläge in Marokko und auf EU-Einrichtungen in Brüssel geplant haben.
Waffen aus Libyen
In den vergangenen Jahren entführten AQIM-Terroristen zudem mehrere Ausländer, um politische Forderungen durchzusetzen oder Lösegeld zu erpressen. 2011 starben bei einem Anschlag auf ein Touristencafe in Marokko rund 20 Personen. Beinahe doppelt so viele kamen bei Attentaten auf Kasernen in Algerien ums Leben. Im Februar 2012 wurden vier Menschen von einer vermutlich von AQIM gezündeten Bombe in den Tod gerissen.
Algerien kämpft seit Jahren gegen AQIM. Anfang 2011 erschoss die algerische Polizei rund 25 Untergrundkämpfern. Im August 2012 wurden drei Terroristen gefasst, im Dezember 2012 eben AQIM-Vize Gasmi. Der Organisation wird auch nachgesagt, nach dem Zusammenbruch des Gaddafi-Regimes in Libyen in den Besitz libyscher Waffen und umfangreicher Rüstungsgüter gelangt zu sein.
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