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Amnestie sorgte für Wirbel

Der scheidende tschechische Staatspräsident Vaclav Klaus hinterlässt eine starke Spur: In seiner letzten Neujahrsrede verkündete er eine umstrittene Amnestie, aufgrund derer über 7.000 Gefangene begnadigt wurden. Viel Kritik seitens der Justiz, Opposition und der Koalition zog er damit auf sich. Die Amnestie betrifft nämlich auch mehrere prominente Korruptionstäter und Wirtschaftskriminelle.

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„Die Amnestie ist ein Zeichen der Versöhnung und des Vergebens, auf das wir in diesem Land nicht verzichten sollten“, verteidigte Klaus die Maßnahme. Die Amnestie kam völlig überraschend. Zuvor hatte er derartige kollektive Begnadigungen, wie sie sein Vorgänger Vaclav Havel durchgeführt hatte, kritisiert und bisher nur einzelnen Personen, die wegen leichterer Vergehen hinter Gitter gerieten, ihre Strafen verziehen.

Spitzen gegen EU und Umweltschützer

Gedanken über die Kritik dürfte sich der 72-jährige scheidende Staatschef aber kaum machen. In etlichen wichtigen Fragen, beispielsweise in Sachen europäischer Integration, gilt er seit Anfang seiner politischen Karriere als einer der prominentesten Polemiker. Tschechien dürfe sich „nicht im Brüsseler Kaffee wie ein Stück Würfelzucker auflösen“, und die EU weise ein „Demokratiedefizit“ auf, warnte er. Bald wird man in Brüssel aufatmen können, weil die Favoriten der bevorstehenden Präsidentenwahl allesamt klar proeuropäisch gesinnt sind.

Auf den Nachfolger von Klaus freuen sich wohl auch die Umweltschützer. Klaus machte sich nämlich auch als Kämpfer gegen den „Environmentalismus“ einen Namen. So bezeichnete er die Warnungen vor den schädlichen Auswirkungen des Klimawandels als übertrieben und befürchtete eine Bevormundung der Bürger. „Die Ökologisten sprechen über die Rettung des Planeten. Wovor? Und vor wem? Eines weiß ich sicher: Man muss ihn und uns vor ihnen retten“, schrieb Klaus in seinem Buch „Blauer Planet in Gefahr“.

Klaus will weiter wirken

Seine Stimme wird aber weiterhin zu hören sein. Klaus, der mehrfacher Großvater ist, sagte, er könne sich nicht vorstellen, dass er nur zu Hause sitzen oder Golf spielen werde. „Meine Absicht ist eindeutig: die Arbeit, die Tätigkeit, die Beteiligung an der Politik durch Analysen, Studien, Deklarationen, Erklärungen usw.“, sagte er kürzlich.

Gleich nach dem Abgang von der Staatsspitze plant er eine Reise in die USA auf Einladung des American Enterprise Institute. Vorträge und Debatten auf akademischer Ebene zu politischen und wirtschaftlichen Themen zählen seit Jahren zu den Vorlieben des scheidenden Staatschefs und Wirtschaftsprofessors.

Arbeit für Finanzgruppe

In Prag soll er dann an der Spitze eines Bildungsinstituts stehen, das seinen Namen tragen wird. Der Ort – das Barockschlösschen Hanspaulka im Prager Villenviertel Dejvice – wird schon seit Monaten renoviert. Dabei kann sich Klaus auf eine finanzielle Unterstützung des reichsten Tschechen, des Besitzers der tschechischen Finanzgruppe PPF, Petr Kellner, verlassen. Dieser hatte bereits früher die Absicht angekündigt, für ein „Arbeitshinterland“ für Klaus nach dessen Präsidentenära zu sorgen.

Kritik an Direktwahl

Darüber, dass sein Nachfolger erstmals direkt vom Volk gewählt wurde, ist Klaus nicht begeistert. Das sei ein „tragischer Fehler“ und „populistischer Unsinn“. Nicht die Bürger, sondern die Medien würden tatsächlich das Staatsoberhaupt wählen, argumentierte er. Und was die konkrete Person seines Nachfolgers angeht, habe er „bis auf einige Miniausnahmen Angst“.

Zu diesen „Miniausnahmen“ zählt offensichtlich sein einstiger Rivale, der ehemalige sozialdemokratische Regierungschef Milos Zeman. „Milos Zeman zählt bestimmt zu jenen, bei denen ich mir in der Stichwahl sagen würde, dass er besser als der andere sein würde“, sagte Klaus in Anspielung darauf, dass Zeman und Ex-Premier Jan Fischer laut Wählerumfragen im Finale zu erwarten sind.

Petr Senk, APA

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