PKK-Kontakte als Auslöser
Die türkische Regierung verlangt von Frankreichs Präsident Francois Hollande eine Erklärung für dessen Kontakte zu einer der in Paris getöteten Kurdinnen. Hollande müsse umgehend öffentlich den Hintergrund der Begegnungen erläutern, forderte Ministerpräsident Tayyip Erdogan am Samstag.
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„Was für eine Art Politik ist das?“, fragte er bei einer live im Fernsehen übertragenen Rede vor Unternehmern und an die Adresse Hollandes gerichtet. Der französische Präsident hatte am Donnerstag vor Journalisten gesagt, eine der getöteten Frauen sei ihm und vielen Politikern bekannt gewesen, weil sie regelmäßig Treffen initiiert habe. Alle drei Opfer hatten Verbindungen zur militanten PKK, die von der EU als Terrorgruppe betrachtet wird.
Rechtliche Maßnahmen angedroht
„Wie können Sie sich regelmäßig mit Mitgliedern einer als Terrorgruppe eingestuften Organisation treffen, die von Interpol gesucht werden?“, fragte Erdogan. Der französische Präsident müsse umgehend offenlegen, warum es zu diesen Begegnungen gekommen sei, was dabei besprochen wurde und welchem Ziel sie gedient hätten. Er drohte rechtliche Maßnahmen an, die er aber nicht näher spezifizierte.
Unter den Opfern war auch das PKK-Gründungsmitglied Sakine Cansiz, die in der Politik der Kurden in Europa eine zentrale Rolle gespielt hat. Sie galt als Vertraute des in der Türkei inhaftierten PKK-Chefs Abdullah Öcalan. Erst am Mittwoch hatten Medien von Fortschritten bei den Verhandlungen berichtet. Dabei geht es laut Berichten darum, dass die kurdischen Aufständischen ihre Waffen im Tausch für mehr Rechte für ihre Minderheit aufgeben.
Mitten in Paris erschossen
Erdogan forderte am Samstag die französischen Behörden auf, schnellstmöglich die Verantwortlichen zu fassen und die Hintergründe der Tat aufzuklären. Die Frauen waren am Donnerstag mitten in Paris erschossen in den Räumen des Kurdischen Instituts aufgefunden worden, das eng mit der PKK verbunden ist. Der türkische Regierungschef wies Anschuldigungen kurdischer Rebellen und Aktivisten am Samstag zurück, die Türkei stecke hinter der Tat. Vielmehr könnten die Frauen Opfer einer PKK-internen Fehde geworden sein oder eines Versuchs, die jüngsten Friedensbemühungen zu torpedieren, sagte Erdogan.
15.000 bei Kurden-Demo in Paris
Nach der Ermordung von drei kurdischen Aktivistinnen mitten in Paris demonstrierten am Samstag 15.000 Menschen in der französischen Hauptstadt. Auf Transparenten brachten sie ihr Entsetzen zum Ausdruck und forderten von Frankreich die schnelle Aufklärung des Verbrechens und eine harte Bestrafung der Täter. Vielen Demonstranten waren offenbar Kurden aus Deutschland, viele schwenkten Fahnen der PKK. Hunderte Kurden protestierten am Samstagnachmittag auch in Wien - mehr dazu in oesterreich.ORF.at.
Gegenseitige Vorwürfe
Der Tathergang würde auf die Tat von den Opfern bekannten Personen hindeuten, so Erdogan am Freitag. Das zeige auch die Sicherheitstür, die ohne Gewalteinsatz geöffnet worden sei,. „Diese drei Menschen haben sie geöffnet. Kein Zweifel, dass sie sie nicht für Leute öffnen würden, die sie nicht kennen“, sagte Erdogan laut der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu.
Aus PKK-Kreisen hieß es zuvor, die Morde hätten eine Behinderung der Friedensgespräche zur Absicht. Allerdings werden eher Türken als Täter gesehen denn Kurden. Zübeyir Aydar, ein führender Vertreter des politischen Arms der PKK, sagte am Donnerstag, „dunkle Kräfte“ hätten den Mordanschlag in Paris verübt. Hinter der Gewalttat stehe der „tiefe Staat“ in der Türkei, eine Bezeichnung für Teile der Sicherheitskräfte, die besonders in den 1990er Jahren mit außergerichtlichen Hinrichtungen und anderen Mitteln gegen mutmaßliche Staatsfeinde vorgegangen waren.
Polizei: „Wie Hinrichtung“
Die drei kurdischen Aktivistinnen wurden mit jeweils mehreren Kopfschüssen getötet. Einem der Opfer sei viermal in den Kopf geschossen worden, den anderen beiden Frauen je dreimal, verlautete am Freitag nach der Autopsie der Leichen aus Justizkreisen in Frankreich.
Ermittler hatten nach dem Fund der Leichen in der Nacht auf Donnerstag in den Räumen des Kurdischen Informationsbüros in Paris bereits gesagt, alles deute auf eine „Hinrichtung“ der Frauen hin. Die französischen Behörden wollten sich aber nicht auf einen Kreis von Verdächtigen in der Bluttat festlegen.
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