Gegner heillos zerstritten
Der künftige israelische Ministerpräsident wird - danach sieht es derzeit zumindest aus - genauso heißen wie der derzeitige: Benjamin Netanjahu. Allerdings musste der Chef der rechtsorientierten Likud-Partei zuletzt in Umfragen kräftige Einbußen hinnehmen.
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Umfragen zufolge dürfte die Wahlallianz des Likud mit der Partei von Ex-Außenminister Avigdor Lieberman, Unser Haus Israel (Israel Beitenu), auf 34 bis 36 Sitze in der 120 Mandate zählenden Knesset kommen. In ersten Umfragen nach Ausrufung der vorgezogenen Neuwahlen war das Bündnis in Befragungen noch auf mehr als 45 Mandate gekommen. Vor allem die rechtsgerichtete Aufsteigerpartei Das jüdische Haus (Habeit hajehudi) gräbt Netanjahu das Wasser ab. Das jüdische Haus könnte 13 bis 16 Sitze bekommen und damit auch die ultraorthodoxe Schas-Partei (zehn bis zwölf Sitze) deutlich abhängen.
Die Arbeiterpartei kann mit 17 bis 18 Sitzen rechnen: Die Hoffnungsträger der politischen Mitte, Ex-Außenministerin Zipi Livni und der Journalist Jair Lapid, kommen mit ihren Parteineugründungen auf maximal zehn beziehungsweise elf Mandate.
Fast ein Drittel unentschieden
Den Umfragen zufolge kann das konservative, ultrarechte und streng religiöse Lager bei der Wahl am 22. Jänner mit etwa 67 der 120 Sitze im Parlament rechnen. Mittel-Links käme auf 53 Mandate. Jedoch ist laut einer Umfrage im Auftrag der Zeitung „Times of Israel“ noch fast ein Drittel der Wähler unentschieden. Und viele von ihnen tendierten eher zu Parteien der politischen Mitte. In Israel tritt traditionell eine große Anzahl an Parteien zur Wahl an - das wird durch die niedrige Hürde von zwei Prozent begünstigt.
Gegner völlig zerstritten
Zwei Wochen vor der Wahl haben sich politische Gegner Netanjahus völlig zerstritten. Der Versuch von drei Parteien aus der politischen Mitte, einen Block gegen den national-konservativen Likud (Zusammenschluss) von Netanjahu und dessen politisch noch weiter rechte Koalitionspartner zu bilden, endete mit einem Eklat. Die Zeitung „Haaretz“ sprach am Dienstag von „Kannibalismus“.
Die Vorsitzende der sozialdemokratischen Arbeiterpartei, Schelli Jachimowitsch, und der Chef der liberalen Partei Jesch Atid, Jair Lapid, warfen Livni und ihrer neuen Partei Bewegung (Hatnua) vor, über den Verlauf eines gemeinsamen Treffens zur Bildung eines Blocks gelogen zu haben. Livni konterte, die beiden hätten von Anfang an böse Absichten gehegt. Lapid will notfalls mit Netanjahu koalieren, um ein Gegengewicht zu rechten Kräften zu bilden. Jachimowitsch hat das kategorisch ausgeschlossen, Livni offengelassen.
Zwei Wochen Dauerwahlkampf in TV und Radio
Genau zwei Wochen vor dem Wahltag begann unterdessen am Dienstag der Wahlkampf in Israels Radios und Fernsehen. Sämtliche Parteien, die bei der Wahl antreten, waren mit Wahlkampfspots im Radio und im Fernsehen vertreten, zwei Beiträge wurden allerdings von der nationalen Wahlkommission verboten. Der erste untersagte Spot stammt von der arabischen Oppositionspartei BALAD, die mit Hilfe einer Montage israelische Abgeordnete die Nationalhymne des Landes auf Arabisch singen lässt.
Der zweite von der Wahlkommission beanstandete Beitrag stammt von Das jüdische Haus. Darin heißt es: „Nein zu einem Arabischen Staat - nein zu einem Staat der Eindringlinge.“ Die religiöse Partei stellt in ihrer Wahlkampagne die Loyalität des israelischen Staates gegenüber der arabischen Minderheit im Land infrage. Etwa 20 Prozent der Bevölkerung sind arabische Israelis.
Für Aufregung sorgte auch ein Werbespot der sephardisch-orthodoxen Partei Schas. Deren Einschaltung richtete sich gegen die russischen Einwanderer, die zwar laut Gesetz das Recht einzuwandern haben, laut dem jüdischen Religionsgesetz jedoch nicht als Juden gelten. Der Spot richtet sich gegen „Schnellkonversionen“ und eine Bevölkerungsgruppe, die wegen ihres Status im Alltag Nachteile erdulden muss. Nach harscher Kritik kündigte die orthodoxe Partei an, den Wahlkampfspot nicht mehr auszustrahlen.
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