Die arabische Minderheit in Israel
Der Staat Israel ist offiziell definiert als „jüdischer Staat“ - historisch entstanden aus der Suche nach einer Zufluchtsstätte für verfolgte Juden und nach 1945 insbesondere für die Überlebenden des Holocaust. Im Zuge des Unabhängigkeitskriegs 1948/49 flüchteten Hunderttausende arabische Bewohner oder wurden von den jüdischen Kampfeinheiten gezielt vertrieben.
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All jene arabischen Bewohner Palästinas, die bleiben konnten, wurden damit schlagartig zur Minderheit im neu gegründeten Staat. Seither sind die Palästinenser zweigeteilt: In jene, die innerhalb des israelischen Staatsgebiets leben und jene, die in Westbank, Gazastreifen oder einem Flüchtlingslager in den umliegenden arabischen Ländern leben.
Dazu kommt, dass die überwiegende Mehrheit jener Palästinenser, die in Ostjerusalem und auf den Golanhöhen leben (1967 bzw. 1973 von Israel erobert, 1980 bzw. 1981 annektiert), die israelische Staatsbürgerschaft nicht annimmt, als Zeichen der Nichtanerkennung Israels und als Protest gegen die international nicht anerkannte Eingliederung Ostjerusalems und der Golanhöhen in den Staat Israel. Sie sind damit „permanente Bewohner“, die aber, wenn sie Ostjerusalem etwa für einen längeren Auslandsaufenthalt verlassen, diesen Status verlieren und nicht mehr zurückkehren dürfen.
Israelische oder palästinensische Araber?
Die explosive Kraft, die im Nahost-Konflikt steckt, zeigt sich schon an der Terminologie: Während in Israel generell von „israelischen Arabern“ gesprochen wird, sprechen Israel-Kritiker von „palästinensischen Arabern“. Die Betroffenen selbst verstehen sich heute überwiegend als Palästinenser.
Nominell gleichberechtigt
Die Bürgerrechte sind in Israel, das bis heute keine Verfassung hat, in einzelnen Grundrechtsartikeln festgehalten. Das Israelische Außenministerium betont, arabische Israelis hätten die gleichen Rechte. Es gebe nur einen Unterschied zu jüdischen Bürgern, der aber ein Recht, keine Pflicht sei, nämlich: „Arabische Bürger sind vom verpflichtenden Militärdienst ausgenommen.“ Das birgt allerdings auch Nachteile: Zahlreiche staatliche Förderungen - wie Stipendien oder Darlehen für Wohnungskauf - sind an das Absolvieren des Militärdienstes gebunden.
„Prozess der Judaisierung“
Ein „Nationales Komitee der Leiter der arabischen Gemeinden in Israel“ verabschiedete im Jahr 2006 ein Grundsatzpapier über die „künftige Vision der palästinensischen Araber in Israel“. Indem sich Israel als jüdischer Staat definiert und die Demokratie „im Dienste seines Jüdischseins“ ausnutze, schließe es die palästinensische Bevölkerung aus. Israel habe lange vor der Staatsgründung mit einem „Judaisierungsprozess“ begonnen, den der Staat bis heute - auch mit kolonialen Methoden - fortsetze.
In dem Papier wird betont, dass das Konzept des jüdischen Staates auf unterschiedlicher Behandlung seiner Ethnien beruhe. Die Bevorzugung von Juden sei in deren Rückkehrrecht und in der Bodenbewirtschaftung (durch den Jüdischen Nationalfonds) festgeschrieben. Gefordert wurde darin gesetzliche Schutzmaßnahmen für Minderheiten und deren Umsetzung durch eine unabhängige Antidiskriminierungskommission.
Zahlreiche Benachteiligungen
Tatsache ist, dass sich die meisten palästinensischen Israelis gegenüber ihren jüdischen Mitbürgern benachteiligt fühlen - nicht nur politisch, sondern auch im Alltag. Mehrere Studien belegen Nachteile in mehreren Bereichen, darunter Bildung und Jobsuche. Für palästinensische Schüler gibt Israel laut New Israel Fund (aus dem Jahr 2005) deutlich weniger aus als für jüdische. Der Kauf von Grund und Boden ist für arabische Israelis de facto kaum möglich.
Das Misstrauen zwischen beiden Bevölkerungsgruppen ist bis heute groß - mit Ausnahme der Arbeit gibt es im Alltag meist kaum Gemeinsamkeit. Öffentliche Vertreter Israels weisen grundsätzliche Kritik zurück und verweisen auf die Tatsache, dass es arabischen Israelis ökonomisch deutlich besser geht als der arabischen Bevölkerung in den Nachbarländern.
Ein Fünftel der Bevölkerung
Laut dem israelischen Statistikbüro gab es 2011 mehr als 1,537.000 palästinensische Israelis. Das entspricht mehr als einem Fünftel der Gesamtbevölkerung. Der Großteil lebt in der Region Haifa und in Galiläa.
Gegenseitiges Schüren von Ängsten
Im politischen Diskurs sehen Vertreter beider Seiten die jeweils andere Gruppe - noch immer und immer wieder - als Bedrohung für die eigene Existenz. Während arabische Israelis und deren Politiker der Regierung unterstellen, sie ganz gezielt zu benachteiligen und eine echte Gleichstellung bewusst zu verhindern, wird umgekehrt immer wieder die „demografische Bombe“ - die teils leicht höhere Geburtenrate bei israelischen Arabern - ins Treffen geführt. Nicht zuletzt deshalb fordert Israel seit einigen Jahren als Bedingung für neue Verhandlungen mit der Palästinensischen Autonomiebehörde, dass diese den jüdischen Charakter des Staates Israels anerkennt. Auf beiden Seiten missbrauchen Politiker regelmäßig vorhandene Vorurteile und Ängste, um politisches Kleingeld daraus zu schlagen.
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