„Innerhalb von Tagen“ stabilisiert?
In Ägypten geht es seit dem Sturz von Machthaber Hosni Mubarak wirtschaftlich steil bergab. Erst in dieser Woche wurde das Land von der Ratingagentur Standard & Poor’s herabgestuft. Das ägyptische Pfund fiel zuletzt im Vergleich zum US-Dollar auf den niedrigsten Wert seit acht Jahren. Doch Präsident Mohammed Mursi kann kein Problem erkennen und übt sich in Zuversichtsparolen.
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Der Sturz des ägyptischen Pfunds auf ein Rekordtief beunruhige die Regierung nicht, zitierte die Nachrichtenagentur Mena am Montag den Präsidenten: „Das macht uns keine Sorgen und jagt uns keine Angst ein, binnen weniger Tage wird es sich wieder stabilisiert haben“, wurde Mursi voller Zuversicht zitiert. Doch die Fakten geben sehr wohl Anlass zur Beunruhigung: Der offizielle Kurs lag am Montag bei rund 6,30 Pfund für einen US-Dollar und damit so niedrig wie seit Jahren nicht mehr. Die Ägypter sind stark verunsichert und vertrauen der eigenen Währung immer weniger.
Bevölkerung hart getroffen
Doch die Vorgeschichte der Verunsicherung in der Bevölkerung ist gleichsam politisch hausgemacht: So haben die Unruhen im Zusammenhang mit dem umstrittenen Verfassungsreferendum viele Ägypter veranlasst, ihre Ersparnisse in Devisen zu tauschen - aus Angst, dass die Regierung die Landeswährung abwertet oder Kapitalkontrollen einführt. Und wie ernst der Einbruch der eigenen Währung für die Ägypter ist, zeigt sich an den Vermögensverhältnissen der breiten Bevölkerung: Viele leben bereits unter der Armutsgrenze - etwa vier von zehn Menschen müssen mit weniger als 1,50 Euro am Tag auskommen.
Regierung steuert mit Versteigerungen entgegen
Im November lagen die Währungsreserven bei rund 15 Milliarden Dollar und damit 60 Prozent tiefer als im Februar 2011. In Reaktion darauf und in Zeiten der verschärften Wirtschaftskrise versucht die Regierung, dem Absturz der Landeswährung und den schwindenden Reserven mit neuen Mechanismen eines Auktionssystems gegenzusteuern: Neben regelmäßigen Versteigerungen will die Notenbank mit weiteren Schritten die Nachfrage nach Devisen senken und damit dem Schwund der Währungsreserven einen Riegel vorschieben. Demnach dürfen Unternehmen maximal nur noch 30.000 US-Dollar (23.141 Euro) in bar pro Tag abheben. Am Wochenende führte die ägyptische Notenbank schließlich Kapitalkontrollen und Dollar-Auktionen ein.
Pfund fällt weiter und weiter
Am Montag erfolgte die zweite dieser Auktionen. Ägypten bot den Banken erneut 75 Millionen Dollar an - mit maximal elf Millionen Dollar pro Geldhaus. Der Kurs der ägyptischen Währung fiel daraufhin im Devisenhandel auf ein neues Rekordtief. Auch gegenüber dem Euro gab das Pfund nach. Der Chef des ägyptischen Bankenverbandes, Tarek Amer, begrüßte die Maßnahmen und bezeichnete die Auktionen als „wichtigen ersten Schritt“ zu einem freien Wechselkurs.
Währungsreserven werden knapp
Die Notenbank hofft, mit Hilfe dieses Instruments die stark gestiegene Nachfrage nach Devisen besser kontrollieren zu können. Das ist nötig, da die für Benzin- und Lebensmittelimporte wichtigen Währungsreserven knapp werden. Generell leidet die Wirtschaft unter den ausbleibenden Touristen und fehlenden ausländischen Investoren. Die Notenbank musste seit Beginn des Aufstandes gegen Mubarak vor knapp zwei Jahren mehr als 20 Milliarden Dollar zur Stützung des ägyptischen Pfundes einsetzen.
Kairo will IWF-Kredit
Am Sonntag wurde bekannt, dass Ägypten die Gespräche mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) über einen Stand-by-Kredit im Jänner wieder aufnehmen will. Diese Absicht äußerte Ministerpräsident Hischam Kandil während einer im Staats-TV übertragenen Pressekonferenz in Kairo. Hierbei geht es um einen Bereitschaftskredit - er kann dazu dienen, bei Abruf kurzfristige Liquiditätsengpässe der IWF-Mitgliedsländer zu überbrücken.
Die Verhandlungen waren vor gut zwei Wochen vorläufig auf Eis gelegt worden. Angesichts der Massenproteste gegen Präsident Mursi in Zusammenhang mit der neuen Verfassung hatte Kairo den IWF gebeten, den Antrag auf finanzielle Hilfe zu vertagen. Im Fall Ägypten geht es um einen Kredit in Höhe von 4,8 Mrd. Dollar (knapp 3,7 Mrd. Euro), mit dem die ägyptische Führung Löcher in der Staatskasse stopfen will.
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