EU-Kommission dreht am Wasserhahn
Unter dem unauffälligen Titel eines „Arbeitsplans“ für die kommenden zwei Jahre hat die EU-Kommission dem Rat abseits der Öffentlichkeit Ende letzten Jahres ihre Pläne zur Ökodesign-Richtlinie zukommen lassen. Der Inhalt hat das Zeug zum Aufreger. Denn der Kampf gegen die Glühbirnen dürfte für die Kommission nur eine „Aufwärmrunde“ gewesen sein.
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Strikte Produktvorschriften wie jene, die jetzt schon die Glühbirne zum Verschwinden bringen, könnten gemäß einer „Prioritätenliste“ auf sieben weitere Produktgruppen ausgedehnt werden: Fenster, Boiler, Stromleitungen, Firmenserver und IT-Architekturen, datenvernetzte Stromzähler und „wasserbezogene Produkte“ - also etwa Wasserhähne und Duschköpfe - und schließlich und endlich Weinkühlschränke.
Studien und Gespräche als erste Phase
Der bizarr anmutende Eintrag zu den Weinkühlschränken ist der Ausreißer auf der Prioritätenliste. Damit will Brüssel lediglich das Entstehen eines Schlupflochs zu den Ökoregeln über Kühlschränke verhindern. Vor allem bei den anderen Produktgruppen der Liste will die Kommission nun eine Phase von Gesprächen mit Interessenvertretern, politischen Verhandlungen und der Durchführung von vorbereitenden Studien zur Ermittlung möglicher Energiesparpotenziale einleiten.
Zusätzlich zu der Liste hat die Kommission auch fünf eher industriell gefärbte Produktgruppen auf eine optionale Liste gesetzt, der man sich widmen will, falls die wichtigere Prioritätenliste in den nächsten beiden Jahren schon abgearbeitet sein sollte. Das ist allerdings wohl kaum zu erwarten: Der Plan, in den persönlichen Wasserverbrauch der Bürger einzugreifen, dürfte wohl für mindestens so viele Emotionen sorgen wie die Regeln über die Glühbirnen.
„Das Glühbirnenverbot war nur der Anfang“
Vorboten eines möglichen Donnerwetters gibt es schon jetzt. Der deutsche EU-Parlamentarier und Umweltexperte Holger Krahmer (FDP) empörte sich etwa gegenüber der deutschen „Welt“, die Ökodesign-Richtlinie „erlaubt der EU-Kommission leider, nahezu jedes beliebige Produkt einer umweltpolitischen Korrektheitsprüfung zu unterziehen. Das Glühbirnenverbot war nur der Anfang.“ Noch dazu kann die Kommission bei dem Thema quasi allein schalten und walten.
Die Ökodesign-Richtlinie selbst ist demokratisch legitimiert und abgesegnet - aber welche Produkte und Produktgruppen unter die Richtlinie fallen, beschließt die Kommission, nach Gesprächen mit Interessenvertretern und Bevollmächtigten der Mitgliedsländer, im Alleingang. Das Parlament hat lediglich ein Vetorecht. Dass die Kommission bei dem Thema damit ohne Rücksicht auf politische Zwänge handeln kann, hatte das Glühbirnenverbot erst möglich gemacht.
Gewaltiges Energiesparpotenzial
Die kommende Aufregung über die „Regulierungswut“ der EU und Eingriffe in das Privatleben ist absehbar. Eine schlichte Zahl der Kommission sollte aber reichen, um derlei Beschwerden zumindest zu relativieren: Die Kommission schätzt, dass sich durch Produktoptimierungen bei den sieben Produktkategorien der Prioritätenliste 3.000 Petajoule (PJ) pro Jahr einsparen lassen - doppelt so viel wie der gesamte Energieverbrauch Österreichs.
Zudem ist zu erwarten, dass die Kommission sich nicht noch einmal so auf dem falschen Fuß erwischen lässt wie bei der überraschend emotional geführten Glühbirnendiskussion. Die Regelung zur Glühbirne war zudem die Ausnahme in der sonst recht reibungslosen und einigermaßen effizienten Richtlinie - man denke etwa an die bereits gültigen Normen für Kühlschränke und Waschmaschinen. Lange vor EU-konformen Duschköpfen steht zudem die Umsetzung der bereits ausformulierten EU-Energienormen für Wäschetrockner, Staubsauger und Computer an.
Lukas Zimmer, ORF.at
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