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700.000 Kinder verglichen

Kinder in der japanischen Präfektur Fukushima werden immer dicker, weil sie aus Furcht vor radioaktiver Strahlung zu wenig Sport an der frischen Luft treiben. Zu diesem Ergebnis kommt ein Ende Dezember veröffentlichter Bericht des japanischen Erziehungsministeriums.

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Für die Untersuchung wurden landesweit Größe und Gewicht von 700.000 Kindern im Alter zwischen fünf und 17 Jahren verglichen. In sieben der 13 Altersgruppen wies Fukushima in diesem Jahr die höchste Zahl an fettleibigen Kindern auf - im Jahr vor der Atomkatastrophe im März 2011 war die Präfektur nur bei den Zehntklässlern an der Spitze gelegen.

Keine Aktivitäten im Freien mehr

„Weil nach dem Unfall im Atomkraftwerk Fukushima Daiichi zahlreiche Aktivitäten im Freien eingeschränkt wurden, hat der Sport in der Präfektur deutlich abgenommen“, sagte ein Ministeriumsvertreter vor Journalisten. Davon betroffen seien vor allem Volksschulkinder. Nach der Katastrophe hatten 449 und damit mehr als die Hälfte der Schulen von Fukushima nach Angaben der Nachrichtenagentur Kyodo die meisten ihrer Freiluftaktivitäten eingestellt. Im vergangenen September galten die Beschränkungen immerhin noch in 71 Schulen.

Behörden bestätigten Schilddrüsenkrebs

Mitte September hatten die japanischen Behörden den ersten Fall von Schilddrüsenkrebs bei einem Jugendlichen im Zusammenhang mit der AKW-Katastrophe bestätigt. Das berichtete die Umweltschutzorganisation Global 2000. Seit dem Reaktorunglück hatten die Behörden alle 360.000 Kinder und Jugendlichen in der Region untersuchen lassen, ein wegen der Menge der Betroffenen und fehlender Ressourcen langwieriger Prozess.

Die japanischen Behörden hatten es nach dem Unfall verabsäumt, flächendeckend Jodtabletten an Kinder im Umkreis von 100 bis 150 Kilometern auszuteilen, kritisierte Global 2000. Eine solche Maßnahme wäre in vielen Fällen lebensrettend gewesen. Nur im 20-Kilometer-Sperrgebiet „und noch dazu viel zu spät, nämlich erst fünf Tage nach Beginn der Katastrophe“, seien die Tabletten ausgegeben worden.

Global 2000 glaubt an hohe Dunkelziffer

Im vergangenen März wurden die Daten von 38.000 Kindern und Jugendlichen veröffentlicht: 13.384 oder 36 Prozent hatten Zysten und Knoten in der Schilddrüse. Laut Global 2000 könnte es allerdings eine große Dunkelziffer geben. Über 100.000 Kinder und Jugendliche könnten Schilddrüsenzysten und -knoten haben, im schlimmsten Fall 25.000 Schilddrüsenkrebs entwickeln."

Nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl wurden offiziell 4.000 Schilddrüsenkrebsfälle registriert. Die Dunkelziffer - damals fanden keine flächendeckenden Untersuchungen statt - sei viel höher gewesen. Der Höhepunkt der Erkrankungen trat knapp zehn Jahre nach dem Super-GAU in den Jahren 1995 bis 2000 auf. Und die Zahl der Schilddrüsenerkrankungen bei jungen Erwachsenen in der Ukraine, die zum Zeitpunkt der Katastrophe Kinder waren, steigen laut Global 2000 noch immer.

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