„Immer noch brutaler“
In Syrien werden die verschiedenen aufständischen Gruppierungen laut dem jüngsten Bericht der UNO-Syrien-Kommission immer stärker. In strategisch wichtigen Gebieten machten sie den Regierungstruppen die Kontrolle über Straßenverbindungen, Flughäfen und Ölfördergebiete streitig, heißt es in dem kürzlich veröffentlichten Bericht.
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Zudem verfügen die Aufständischen inzwischen über gewichtige militärische Infrastruktur: Manche der regierungsfeindlichen Gruppen verfügten sogar über Raketen, mit denen Panzer und Flugzeuge bekämpft werden können. Hoffnungen, dass die Aufständischen aus dem Land von Machthaber Baschar al-Assad eine befreite Demokratie machen, braucht man sich laut der Einschätzung der Experten jedoch nicht zu machen - im Gegenteil.
„Unverhohlen konfessionelle“ Kämpfe
Statt eines Kampfes um Demokratie und Freiheit habe der Konflikt inzwischen einen „unverhohlen konfessionellen“ Charakter bekommen, der Alawiten gegen Sunniten stelle, so die Expertengruppe, die vom brasilianischen Diplomaten Paulo Pinheiro geleitet wird und dem UNO-Menschenrechtsrat untersteht. Ihr gehört auch die frühere UNO-Chefanklägerin Carla del Ponte an. Der Bericht für den Zeitraum Ende September bis Mitte Dezember wurde in Brüssel vorgelegt - mehr dazu in religion.ORF.at.
Zusätzlich zu den internen Konflikten bestimmen laut dem Bericht zusehends Schattenmächte den Kampf. Demnach sickern mehr und mehr Sunniten in das Land, um auf der Seite der Aufständischen zu kämpfen. Das Regime werde umgekehrt von der libanesischen Hisbollah und wohl auch irakischen Schiiten unterstützt. Einige Kampfverbände verweigerten jegliche Kooperation mit der Freien Syrischen Armee (FSA) und stünden unter der alleinigen Kontrolle von Islamisten.

APA/ORF.at
Die aktuelle Lage in Syrien
Al-Nusra-Front als „neue Al-Kaida“
Immer gewichtiger wird dabei die Rolle der Al-Nusra-Front, die von manchen schon als „neue Al-Kaida“ gesehen wird und von den USA erst letzte Woche als terroristische Organisation eingestuft wurde. Sowohl das Regime als auch seine Gegner agieren laut dem Bericht „immer noch brutaler und unberechenbarer“. Kriegsverbrechen werden demnach weiterhin von beiden Seiten begangen, jedoch in steigendem Ausmaß. So würden Aufständische willkürlich gefangene Soldaten exekutieren.
Die Regierungstruppen umgekehrt konzentrieren sich den Angaben zufolge inzwischen darauf, die Kontrolle über Großstädte wie Damaskus und Aleppo zu behalten. In vielen anderen Gebieten gingen sie verstärkt mit Bombenangriffen aus der Luft vor - dabei auch zielgerichtet gegen die Zivilbevölkerung. Die „unverhältnismäßigen“ Angriffe der Luftwaffe hätten deutlich zugenommen.
Opposition weiter uneins
Die Opposition tut sich unterdessen schwer mit der Bildung einer Übergangsregierung, die ihren Sitz in den „befreiten Gebieten Syriens“ haben soll. Aus Kreisen der Regimegegner hieß es, es fehle sowohl an Geld als auch an einer Einigung darüber, wer Regierungschef werden solle. Aus mehreren Provinzen meldeten die Regimegegner auch am Donnerstag Kämpfe. In dem seit März 2011 anhaltenden Konflikt wurden nach Angaben von Aktivisten bisher mehr als 40.000 Menschen getötet.
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