Sechs Prozent Rezession
Die Rettung Griechenlands birgt nach Einschätzung der Troika aus EZB, EU-Kommission und IWF „sehr große“ Risiken. Es sei immer noch möglich, dass das Land seinen Verpflichtungen nicht nachkomme, urteilten die Gläubiger Griechenlands in einem am Montag veröffentlichten Bericht, auf den viele Experten gespannt gewartet hatten.
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Trotzdem stellte die Troika fest, dass Griechenland weitere Rettungshilfen gemäß dem 130-Milliarden-Euro-Rettungsprogramm im Kampf gegen die Zahlungsunfähigkeit verdiene. Aus dem griechischen Finanzministeriums hieß es, dass das Land die lange erwartete Zahlung in Höhe von 34 Milliarden Euro von seinen Gläubigern nun erhalten hat. Griechenland war bisher bereits zweimal von EU und Internationalem Währungsfonds (IWF) gerettet worden.
Wegen Klagen droht Budgetloch
Probleme bei der Umsetzung der geplanten Reformen könnten durch die brüchige Koalition, den politischen Widerstand gegen bestimmte Vorhaben sowie mögliche juristische Auseinandersetzungen entstehen. Die Troika verweist in diesem Zusammenhang auf die fragile Koalition und darauf, dass Schlüsselelemente des Sparbudgets - gemeint sind damit etwa Lohn- und Pensionskürzungen - „wahrscheinlich vor Gericht eingeklagt werden“. Das könnte zu einem vorübergehenden Budgetloch führen, das dann die Griechenland-Retter füllen müssten.
Griechenland hatte bereits in der Vergangenheit häufig Sparversprechen nicht eingehalten und hat es bisher nicht geschafft, die aufgeblähte Bürokratie abzubauen und das Wirtschaftssystem zu liberalisieren.
„Zweifel an der Effektivität“
Auch wenn die Privatisierungsziele bisher unzureichend erreicht worden seien, habe es hier seit dem Herbst leichte Fortschritte gegeben. „Zweifel an der Effektivität“ des Privatisierungsprozesses seien aber weiter angebracht. Zugleich warnte die Troika in dem Bericht, dass die vorgesehenen Sparmaßnahmen im kommenden Jahr in der schwachen Wirtschaft stärkere Auswirkungen haben könnten als erwartet.
Heuer wird die Wirtschaft um sechs Prozent schrumpfen, im nächsten Jahr - es ist das sechste Rezessionsjahr in Folge - wird die Wirtschaftsleistung um weitere 4,2 Prozent zurückgehen. Laut Troika-Prognose soll es 2014 erstmals wieder ein geringes Wachstum von 0,6 Prozent geben. Doch auch das könne nur erreicht werden, wenn sich die Art, wie in Griechenland Geschäfte gemacht werden, grundlegend ändere, warnt die Troika. Die Experten kritisieren in ihrem Bericht den Einfluss von Lobbys. Um die Wirtschaft wiederzubeleben, sei es nötig, „den Widerstand von mächtigen Interessengruppen zu brechen“.
EU-Fachleute: Athen treibt zu wenig Steuern ein
Eine von der EU eingesetzte Task-Force warf unterdessen am Montag Griechenland Nachlässigkeit beim Eintreiben von Steuern vor. Die griechischen Behörden seien weit von dem Ziel entfernt, bis Jahresende zwei Milliarden Euro ausstehende Steuerschulden einzufordern, schrieb die von der EU-Kommission eingesetzte Expertengruppe in ihrem am Montag veröffentlichen Quartalsbericht.
Von der vereinbarten Summe hätten die Steuerbehörden bisher lediglich knapp die Hälfte (983 Mio. Euro) eingeholt. „Die Zahlen zeigen, dass die griechischen Steuerbehörden weit hinter den Zielen zurückbleiben“, kritisierten die Experten. Im Kampf gegen Steuerbetrug hätten die Behörden kaum ein Drittel der vereinbarten Sonderprüfungen bei vermögenden Privatleuten umgesetzt.
Bedingung für Milliardenhilfe
Die internationalen Geldgeber machten Griechenland für die Auszahlung weiterer Hilfsmilliarden die Auflage, dass Athen mehr Steuern eintreibt. Erst vergangene Woche hatte die Euro-Gruppe 49,1 Mrd. Euro Kredite aus dem Rettungsfonds EFSF endgültig freigegeben.
Dabei setzen die EU-Fachleute ihre Hoffnung in die neue Regierung unter Ministerpräsident Antonis Samaras, der seit Juni das Land regiert. „Die neue Regierung wird helfen, ... das Funktionieren der Steuerbehörden zu verbessern“, heißt es in dem Task-Force-Bericht. Zuvor habe wegen der Neuwahlen monatelang Reformstillstand geherrscht.
Seriöse Umsetzung noch unklar
„Es war ein Jahr mit Auf und Abs“, bilanzierte ein EU-Experte in Brüssel. Die Mitglieder der Task-Force seien nach wie vor skeptisch: „Es bleibt viel zu tun. Erst in den nächsten Monaten wird sich zeigen, ob Griechenland die versprochenen Reformen seriös umsetzt.“ Fortschritte bescheinigen die Experten Athen bei der Verwaltung der öffentlichen Finanzen, der Reform der Zentralverwaltung und des Gesundheitswesens. EU-Währungskommissar Olli Rehn sagte: „Griechenland geht tiefsitzende Strukturprobleme entschlossen an.“
Die EU-Kommission hatte im Sommer 2011 die Task-Force ins Leben gerufen. Die rund 50 Fachleute sollen der griechischen Regierung bei der Umsetzung wichtiger Reformen helfen. Die Mission wird von dem Deutschen Horst Reichenbach geleitet. Die Task-Force hat nichts zu tun mit der Troika, die aus Fachleuten von EU-Kommission, EZB und IWF besteht, die die Budgetsanierung in Athen überprüfen.
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