Themenüberblick

„Ich war mehr wert“

Mit Einblicken in die Struktur seiner Beraterfirma MPA ist am Dienstag die Einvernahme von Alfons Mensdorff-Pouilly in seinem Geldwäscheprozess fortgesetzt worden. Die MPA weist Sitze in Wien, Prag und Budapest auf. Er sei für den britischen Rüstungskonzern BAE Systems „sicher ein verdeckter Berater“ gewesen, „weil ich ihre Mitarbeiter in diesen Ländern durch ihre Aufträge überprüft habe“, sagte Mendsorff-Pouilly.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Er habe von BAE Systems im Lauf der Jahre insgesamt einen „höheren sechsstelligen Betrag" lukriert, bestätigte der Angeklagte Berechnungen von Staatsanwalt Michael Radaszticz. Er sagte zudem, dass er von BAE eigentlich zu wenig bezahlt bekommen habe. „Ich war mehr wert, als ich bezahlt bekommen habe.“ Auf diesen Umstand sei er beim Aktenstudium im Zuge des Prozesses gestoßen.

Alfons Mensdorff-Pouilly

ORF.at/Roland Winkler

Mensdorff auf der Anklagebank

Er habe „die gesamte BAE“ beraten, sein Hauptansprechpartner sei Julian Scopes gewesen, mit dem er zumindest zweimal wöchentlich telefoniert und den er alle ein, zwei Wochen getroffen habe.

„Sie war anständig, loyal, g’scheit“

Während die MPA in Wien zu 100 Prozent im Eigentum Mensdorff-Pouillys steht, gehören die Niederlassungen in Budapest und Prag zu 90 Prozent der MPA Wien und die restlichen zehn Prozent Mensdorff-Pouilly bzw. in Prag einem tschechischen Bekannten. Formal hatte Mensdorff-Pouilly nicht zuletzt aus steuerlichen Gründen Frauen als Geschäftsführerinnen eingesetzt, deren Qualifikation er folgendermaßen beschrieb: „Sie hat die Qualifikation gehabt, dass ich ihr hundertprozentig vertraut habe“ bzw. „Sie war anständig, loyal, g’scheit und war Juristin“.

Zusätzlich zu seinen Beraterhonoraren erhielt Mensdorff-Pouilly von BAE Systems über die auf den britischen Jungferninseln etablierte Foxbury International SA nicht unbeträchtliche Gelder. Die Beträge kamen von der 1998 ebenfalls auf den Jungferninseln gegründeten Red Diamond Trading Limited, über die der Rüstungskonzern laut Staatsanwaltschaft Wien Schmiergeldzahlungen abgewickelt haben soll.

Gelder bestätigt: „Sehr angenehm“

30.000 bis 40.000 englische Pfund gingen jährlich bei der Foxbury ein, 90 Prozent davon flossen der MPA zu, damit Mensdorff-Pouilly seinen Bürobetrieb aufrechterhalten konnte. Dieser stellte gar nicht in Abrede, Gelder bekommen zu haben: „Das ist sehr angenehm.“ Timothy Landon, sein Mentor bei BAE Systems und laut Mensdorff-Pouilly dort eine Art „Übergott“, habe das alles in die Wege geleitet.

Er habe mit Foxbury „gar nichts zu tun gehabt, ich sehe jetzt, dass die Landon gehört hat“, versicherte Mensdorff-Pouilly. „Meinen Informationen nach hat sie zur Hälfte Ihnen gehört“, wandte Richter Stefan Apostol ein. „Davon habe ich bis vor kurzem nichts gewusst“, beteuerte Mensdorff-Pouilly, „mag sein, dass die Konstruktion so geplant war, dass sie mir gehören soll. Mag sein, dass ich da irgendwo drinnen stehe, aber ich habe nichts damit zu tun gehabt. Ich wäre zu blöd gewesen, um das alles zu durchschauen. Tim hat 20 solcher Firmen gehabt.“

Bestechung „hat es immer gegeben“

"Ich stehe nicht an zu sagen, dass über Bestechung gesprochen wurde“, sagte Mensdorff-Pouilly. „Bestechungen in diesem Bereich sind leicht zu verkaufen, weil es das immer gegeben hat. Ich habe aber immer gesagt, das brauchen wir nicht.“ Seine Kontaktleute bei BAE Systems hätten ihm aber nicht geglaubt, dass er „als burgenländischer Bauer“ keine Bestechungsgelder gebraucht habe, so Mensdorff-Pouilly.

Dass Mark Cliff - ein Steuer- und Finanzberater, der für Landon als Vermögensberater tätig war – über „Drittgelder“ im Zuge der Rüstungsgeschäfte in Ungarn, Tschechien und Österreich gesprochen hatte, will Mensdorff erst im Nachhinein erfahren haben. Das könne er nicht nachvollziehen. Das sei von Cliff später „erfunden“ worden.

„Die Brodmann gehörte mir nicht“

Von der Existenz der Red Diamond Trading Limited habe er bis 2007 keine Ahnung gehabt: „Jetzt sagt sie mir ziemlich viel.“ Mensdorff-Pouilly stellte auch entschieden in Abrede, Eigentümer der Brodmann Business SA - wiederum eine Briefkastenfirma auf den Jungferninseln - zu sein, auf der laut Strafantrag 15,1 Mio. Euro an BAE-Geldern gelandet sein sollen, mit denen Mensdorff-Pouilly Beschaffungsvorgänge in Ost- und Mitteleuropa zugunsten des britischen Rüstungskonzerns beeinflusst haben soll.

„Die Brodmann gehört mir nicht“, stellte Mensdorff-Pouilly fest. Er habe an dieser Gesellschaft explizit nicht beteiligt sein wollen: „Nachdem ich diese Struktur gar nicht kapiert habe, habe ich mich da immer herausgehalten.“ Seine Devise sei gewesen: „Ich will meine monatlichen Zahlungen haben, was ihr sonst macht, ist mir absolut egal.“

Nur „Treuhänder“ für „Spielgeld“

Mit der Firma Brodmann habe Landon „Spielgeld“ in „Projekte, die ihn interessiert haben“, investiert, sagte Mensdorff-Pouilly. Er selbst habe dabei „für den Tim als Treuhänder“ fungiert: „Ich habe diese Treuhandschaft bis zum Schluss so betrieben, dass es nach außen nie sein eigenes Geld ist. Viele andere könnten geglaubt haben, dass es meines ist. Das war Sinn und Zweck der ganzen Geschichte.“ Landon habe mit seinem Privatvermögen „immer wieder eigene Spielchen gespielt hinter dem Rücken seiner Leute“, so Mensdorff-Pouilly. „A bissl“ sei in Aktien angelegt worden. Zudem habe Landon in zwei Projekte in Dubai und Russland investiert.

„Keine einzige Entscheidung getroffen“

„Auf die Idee, dass es nicht Landon-Geld (sondern Gelder der BAE, Anm.) wäre, bin ich in meinem Leben nicht gekommen“, verwies der Angeklagte auf den beeindruckenden Lebensstandard seines Mentors. „Wenn seine Boeing 737 in Wien gelandet ist, habe ich allein 68.000 Schilling an Landegebühr bezahlt“, berichtete der 59-Jährige.

Eigentümer der Brodmann sei für ihn immer Landon gewesen, bekräftigte Mensdorff-Pouilly, wenn es nach außen hin womöglich auch anders gewirkt habe: „Die Frage, wer Eigentümer ist, ist schwer zu beantworten, weil alle diese Inselfirmen ja gegründet werden, dass es nicht bewiesen werden kann.“ Er habe jedenfalls „keine einzige Entscheidung getroffen, was mit dem Geld dort passiert“, sondern sei nur für Landon tätig geworden. Dieser kann dazu nicht mehr zeugenschaftlich vernommen werden. Er starb 2007 an Lungenkrebs.

Summen wurden „in bar ausgehändigt“

Die Gelder auf den Brodmann-Konten habe der mitangeklagte Kurt D. für ihn behoben und ihm übergeben: „Er hat nur das gemacht, was ich ihm gesagt habe.“ Sein alter Freund habe ihm die Summen jeweils in bar ausgehändigt - einmal auf einen Schlag 750.000 Euro. „Ich gebe zu: Nach dem, was passiert ist, würde ich heute schon vorsichtiger sein.“ D. habe ihm das Geld „hauptsächlich in meinem Büro in Form von Scheinen übergeben“.

Der Richter befragte Mensdorff-Pouilly auch zu dessen Tätigkeit für die OMV, die auf zwei verschiedene Konten jeweils 500.000 Euro - einmal über Brodmann und einmal über die MPA Budapest - überwiesen hatte. Die Teilung dieser Zahlung habe die OMV gewollt, die Hälfte habe Landon bekommen, sagte Mensdorff-Pouilly. Grundsätzlich habe er seine Leistungen in osteuropäischen Ländern über die MPA in Ungarn abgewickelt, alle anderen über die MPA in Wien.

„Habe das nie verstanden“

Der Vertrag mit der OMV war 2004 entstanden. Seine Leistung sei es gewesen, verschiedene kleinere Projekte zu betreuen, der größte Teil sei aber der Verkauf der staatlichen rumänischen Firma Petrom gewesen. Zu diesem Themenkomplex soll OMV-Chef Wolfgang Ruttenstorfer im Jänner als Zeuge einvernommen werden.

Die komplizierten Geldflüsse zwischen ihm und Landon über mehrere Zwischengesellschaften konnte Mensdorff-Pouilly nicht erklären. Er habe das nie verstanden, das werde Cliff erklären können. Landon habe das jedenfalls auch bei anderen Firmen so gemacht, und in diesem Fall sei er der Treuhänder gewesen. Landon habe auch wenig von solchen Dingen verstanden und sich das womöglich einreden lassen.

Links: