Millionen zu Bestechungszwecken?
Die Staatsanwaltschaft Wien wirft dem 59-jährigen Geschäftsmann und Lobbyisten Alfons Mensdorff-Pouilly Geldwäsche vor. Er soll vom britischen Rüstungskonzern BAE Systems Millionen zu Bestechungszwecken erhalten haben, um damit Beschaffungsvorgänge in Zentral- und Osteuropa zugunsten des britischen Rüstungskonzerns zu beeinflussen.
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Mensdorff-Pouilly hatte bereits 1992 einen Beratervertrag mit dem größten europäischen Rüstungskonzern abgeschlossen, wobei ihm der Ehemann einer seiner Cousinen, Timothy Landon, die Rutsche zu der lukrativen Geschäftsverbindung gelegt habe.
Mentor „Weißer Sultan“
Landon - ein ehemaliger Geheimagent, der unter dem Beinamen „Weißer Sultan“ in den 1970er Jahren im arabischen Raum operiert hatte und federführend an einem Staatsstreich in Oman beteiligt gewesen sein soll - entwickelte sich zum Mentor Mensdorff-Pouillys. Mensdorff-Pouilly stieg mit Hilfe des Millionärs zu einer wesentlichen Stütze für die Briten auf, wobei ihm der Umstand, dass er 1994 die damalige ÖVP-Umwelt- und spätere Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat ehelichte, für Aufbau und Pflege politischer Kontakte und eines weitverzweigten Netzwerkes dienlich gewesen sein dürfte, schreibt die APA.
12,6 Millionen Euro an Briefkästen
Im Rahmen seiner Lobbyistentätigkeit sollte Mensdorff-Pouilly zunächst dafür sorgen, dass bei der Anschaffung von Abfangjägern in Tschechien, Ungarn und Österreich jeweils der von BAE Systems und dem schwedischen Saab-Konzern vermarktete JAS 39 Gripen ausgewählt wurde. Als den Briten aber klar wurde, dass der Konzern mit dem Eurofighter mehr verdienen würde, den BAE Systems ebenfalls im Angebot hatte, wurde Mensdorff „gebeten, beiseitezutreten und im Prinzip den Eurofighter gewinnen zu lassen“, wie ein ranghoher BAE-Systems-Manager später der britischen Antikorruptionsbehörde Serious Fraud Office (SFO) berichtete, der nun auch im Wiener Verfahren als Zeuge auftreten soll.
In diesem geht es um insgesamt 12,6 Millionen Euro, die Mensdorff-Pouilly laut Anklage zwischen 2000 bis 2008 unter Zwischenschaltung von Briefkastenfirmen von BAE Systems erhalten und zum Zwecke der Bestechung eingesetzt hat, wobei laut Strafantrag die Geldflüsse mit Scheinverträgen getarnt wurden.
Eine dieser Gesellschaften war etwa die Valurex International SA mit Sitz in Panama, über die Mensdorff-Pouilly jahrelang Berichte an BAE lieferte, um nach außen hin seine Beratertätigkeit zu legitimieren. Die Berichte sollen jedoch inhaltsleer und jedenfalls nicht das Geld wert gewesen sein, das der Mensdorff-Pouilly dafür an Honoraren kassierte. Verfasst haben soll sie der pensionierte Chef der österreichischen Luftwaffe, Josef Bernecker, der im Ruhestand in Mensdorff-Pouillys Wiener Büro einen Schreibtisch hatte.
Wenig gesprächiger Rüstungskonzern
Der vorerst auf zehn Verhandlungstage anberaumte Prozess, in dem es für Mensdorff-Pouilly um bis zu fünf Jahre Haft geht, wird kein leichtes Unterfangen für Staatsanwalt Michael Radasztics werden: Einerseits dürfte BAE Systems kaum an einer Aufklärung der inkriminierten Vorgänge interessiert sein, zumal der Konzern im Jahr 2010 gegen die Übernahme von Bußzahlungen von umgerechnet 326 Millionen Euro die Einstellung sämtlicher gegen ihn anhängiger Verfahren in Großbritannien und den USA erwirkt hat.
Davon profitierte auch Mensdorff-Pouilly, der zu diesem Zeitpunkt in London in U-Haft saß und - nachdem auch die Ermittlungen in England gegen ihn fallen gelassen wurden - im Nachhinein von der britischen Justiz eine Haftentschädigung von 430.000 Euro zugesprochen bekam.
Verschollener Zeuge wieder da
Außerdem sind einige Zeugen, die bei wahrheitsgemäßen Angaben die Darstellung der Wiener Anklagebehörde womöglich stützen hätten können, nicht mehr greifbar: Landon ist bereits 2007 an Lungenkrebs gestorben, Bernecker 2011. Ein weiterer Zeuge galt bis Mittwoch als verschollen.
Der ehemalige Vermögensberater von Landon, dessen Spur sich im Oman verloren hatte, konnte dank eines Rechtshilfeersuchens an die britische Justiz gefunden werden. Das gab Richter Stefan Apostol am Ende des ersten Verhandlungstags gegen Mensdorff-Pouilly bekannt. Mark Cliff - ein Steuer- und Finanzberater, der jahrelang Landon und damit zumindest auch mittelbar BAE Systems gedient hatte - wird im Wiener Verfahren auch als Zeuge aussagen. Er habe sich zu einer Einvernahme im Weg einer Videokonferenz bereiterklärt, stellte Apostol fest.
Was macht Mitangeklager?
Bleibt abzuwarten, ob ausgerechnet der Mitangeklagte im Mensdorff-Pouilly-Prozess gegen seinen Bekannten aus gemeinsamen Schultagen aussagen wird: Dieser soll als formaler Geschäftsführer der auf den British Virgin Islands etablierten Brodmann Business SA regelmäßig BAE-Systems-Gelder im Auftrag Mensdorff-Pouillys weiterverteilt bzw. verschoben haben. Mindestens 1,6 Millionen Euro soll er in bar behoben haben. Wofür die Beträge verwendet wurden, konnte laut Staatsanwaltschaft „nicht aufgeklärt werden“.
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