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Erfahrener Außenpolitiker

Die Gerüchte über das Kabinett des neuen alten US-Präsidenten Barack Obama verdichten sich. Demnach soll der ehemalige demokratische Präsidentschaftskandidat John Kerry Hillary Clinton als Außenminister nachfolgen, während diese sich ihrerseits auf eine Kandidatur für das Präsidentenamt in vier Jahren vorbereitet. Aber was würde ein US-Außenminister Kerry bedeuten?

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Die endgültige Entscheidung über das Kabinett könnte bereits Mitte der Woche fallen, berichteten Insider in Washington gegenüber Medien. Nicht nur Kerry ist demnach als Minister so gut wie fix. Als Nachfolger von Verteidigungsminister Leon Panetta ist angeblich der republikanische Politiker und Ex-Senator Chuck Hagel im Gespräch. Obama habe den Republikaner am 3. Dezember im Weißen Haus getroffen und auch Vizepräsident Joe Biden in seine Pläne eingeweiht. Hagel genieße bei Obama hohes Ansehen, ihm könnten jedoch in der Senatsanhörung gelegentliche israelkritische Äußerungen zur Last gelegt werden. Den informierten Kreisen zufolge ist die Nominierung Hagels weit gediehen.

Die scheidende Außenministerin Clinton genoss unter allen Kabinettsmitgliedern die höchsten Umfragewerte. Der Frau von Ex-Präsident Bill Clinton, die sich gegenwärtig von den Folgen einer Gehirnerschütterung erholt, werden Ambitionen auf die Nachfolge Obamas in vier Jahren nachgesagt.

Profiliert - in der zweiten Reihe

Mit den Initialen JFK schien für Kerry (69) die Politikkarriere vorbestimmt zu sein. Wie sein Vorbild John F. Kennedy wollte der drahtige Ostküsten-Katholik John Forbes Kerry US-Präsident werden. Dass es im Wahlkampf 2004 gegen George W. Bush nicht reichte, lag auch am elitären und mitunter steifen Auftreten des 1,93 Meter großen Diplomatensohns mit dem markanten Kinn.

John Kerry und Hillary Rodham Clinton

dapd/AP/Carolyn Kaster

Kerry (Mitte hinten) und US-Außenministerin Clinton im Februar

In der zweiten Reihe der US-Politik zählt der demokratische Senator aus Massachusetts seit Jahrzehnten zu den profilierten Außenpolitikern. Kerry hat nicht zuletzt mit schwierigen Missionen in Afghanistan und Pakistan Vertrauen gewonnen. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses war der erste US-Politiker, der Ägyptens neu gewählten Präsidenten Mohammed Mursi traf.

Nicht die erste Wahl

Präsident Obama hatte Kerry im vergangenen Wahlkampf als Trainingspartner für die TV-Rededuelle gegen den republikanischen Herausforderer Mitt Romney ausgewählt. Als Clinton ihren Rückzug von der Politik ankündigte, musste es sich Kerry dennoch gefallen lassen, nicht die erste Wahl für die Nachfolge zu sein. Als Obamas Wunschkandidatin wurde die UNO-Botschafterin Susan Rice gehandelt. Die scharfzüngige Spitzendiplomatin gab ihre Karrierepläne aber auf, nachdem die Republikaner ihre Informationspolitik nach einer Attacke auf das US-Konsulat im libyschen Bengasi hart kritisiert hatten.

US-Senator John Kerry steht auf einer Bühne im Rampenlicht und winkt

Reuters/Steve Nesius

Kerry vor dem demokratischen Nationalkongress im September

Erklärter Freund Israels

In den vergangenen 30 Jahren hat sich Kerry im Senat nicht nur Freunde gemacht. Die Unterstützung der Opposition für den erklärten Israel-Freund dürfte nach Einschätzung von Experten aber sicher sein. Die Eloquenz des Diplomatensohns, der seinen Schliff auf einer Privatschule in der Schweiz und an der Eliteuni Yale bekam, ist legendär. Ein volksnaher Politiker ist Kerry aber bis heute nicht. Dass der Freund edlen Rotweins etwa im Wahlkampf 2004 bekannte, mit seiner zweiten Frau, der Millionärin und Ketchup-Erbin Teresa Heinz, ab und zu auf Französisch zu parlieren, war vielen US-Patrioten nicht geheuer.

Viele Anknüpfungspunkte mit Europa

Empfindlich reagierte der Hobbypilot und Gitarrenspieler auf Behauptungen im Wahlkampf 2004, er habe sich als US-Soldat in Vietnam hohe Kriegsorden erschlichen. Kerry, der später als Kriegsgegner in die Politik einstieg, ließ die Vorwürfe durch Kameraden von einst widerlegen. Im Gegensatz zu Obama lassen sich in Kerrys Biografie viele Anknüpfungspunkte mit Europa finden. Sein Vater war als US-Diplomat auch in Berlin tätig, das der 1943 geborene Kerry in der Nachkriegszeit mit dem Fahrrad erkundete. Als der neugierige Junior in den sowjetischen Sektor radelte, gab es daheim Hausarrest, erzählte Kerry Jahrzehnte später.

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